Champions League Final Four Ausgeträumt: Györs Superteam eine Nummer zu groß für die SG

Von Niklas Braiger
Kein Vorbeikommen für Xenia Smits (am Boden). Die SG-Kapitänin beißt sich an Line Haugsted (links) die Zähne aus. Foto: Marco Wolf

Bietigheim verliert das Finale der Champions League mit 23:30. Die Ausbeute vor dem Tor lässt zu wünschen übrig.

Der Zug, der laut Lied keine Bremse hat, hat einen Bremsblock erreicht. Im Finale der Handball-Champions-League verliert die SG BBM Bietigheim gegen das ungarische Superteam Györi Audi ETO KC um Final-Four-MVP Stine Oftedal mit 24:30 (12:17). Der Rekordgewinner holt sich damit den sechsten Titel der Vereinsgeschichte, die SG muss sich mit Silber zufrieden geben. „Unsere Taktik ist heute nicht aufgegangen. Wir haben gedacht, dass wir in der Abwehr eng stehen können und nicht jedes Mal das Eins-gegen-eins verlieren“, berichtet Coach Jakob Vestergaard nach der Partie. Rückraumspielerin Inger Smits ergänzt: „Es war enttäuschend, wie wir gespielt haben.“ Torfrau Gabriela Moreschi sagt kurz und knapp: „Es war heute einfach nicht unser Tag.“

Offensiv ist der Wurm drin

Wie bereits im Halbfinale am Vortag tut sich die SG bereits zu Beginn offensiv mächtig schwer. Einerseits verlieren die Bietigheimerinnen zu oft zu leicht die Bälle – Xenia Smits leistet sich untypischerweise drei technische Fehler allein in der Anfangsviertelstunde. Auch die Wurfausbeute lässt zu wünschen übrig. In den ersten 15 Minuten finden nur 50 Prozent der Bälle den Weg ins Netz – vier von acht. Einzig und allein Moreschi ist der Grund, warum es nicht deutlicher als das 4:9 wird. Sie pariert binnen weniger Sekunden in der 6. und 7. Minute drei Würfe der Ungarinnen.

Doch auch Silje Solberg, die auf der Gegenseite überraschend anstelle von Györs Halbfinal-Heldin Sandra Toft zwischen den Pfosten anfängt, präsentiert sich stark – so etwa, als sie in der 18. Minute Antje Dölls Siebenmeter hält. Es wäre das 6:9 gewesen. Stattdessen steigt der Favorit einmal kurz aufs Gas und zieht in der 20. Minute auf 12:7 davon.

Den Vorsprung hält Györ bis zur Halbzeitpause aufrecht, vor allem weil Moreschi keine Hand mehr an den Ball bekommt – auch dem geschuldet, dass die ungarischen Werferinnen immer freie Bahn auf ihr Tor bekommen. So geht es mit einem 12:17-Rückstand für Bietigheim in die Pause, auch weil die SG die knappen 50:50-Entscheidungen zumeist gegen sich gepfiffen bekommt. Und nicht nur 15 Sekunden vor der Pause halten die Unparteiischen die Zeit bei einem Freiwurf an und zitieren den Block zurück auf drei Meter Abstand. Bevor Sofia Hvenfelt aber den Ball spielt, rauscht bereits Viktoria Gyori-Lukács heran und interferiert mit dem Pass. Eine folgerichtige Zeitstrafe der Schiedsrichterinnen aus Rumänien bleibt allerdings aus. Auch Vestergaard zeigt sich nach der Partie unzufrieden mit der Leistung des Gespanns: „Es geht nicht, dass wir ohne Schritte spielen. Jeder weiß, dass drei Spielerinnen von Györ immer viele Schritte nehmen, und sie pfeifen es nicht.“

Der zweite Abschnitt startet als Fehlerfest. Solberg nimmt vier Würfe direkt weg, doch auch die Lokalmatadorinnen leisten sich ein paar Schnitzer. Durch Line Haugsteds Tor zum 20:13 (37.) baut sich Györ erstmals ein Sieben-Tore-Polster auf. Im Anschluss verlieren die Ellentälerinnen ihre gewohnte Ruhe. Karolina Kudlacz-Gloc setzt zwei Zeigerumdrehung später erst einen Siebenmeter an den Pfosten, mit dem Abpraller trifft sie nur die Latte. So bleiben die Magyarinnen permanent komfortabel in Front, mit 23:17 (46.) geht es in die Schlussviertelstunde.

SG scheitert zu oft an Solberg

Dort entwickelt sich Solberg zur Matchwinnerin. Die Torfrau bringt die Bietigheimerinnen reihenweise zur Verzweiflung und steht am Ende bei 16 Paraden. Auf der Gegenseite sorgt inzwischen Sarah Lønborg dafür, dass die SG nicht komplett untergeht. Sie hält noch vier Würfe bei elf Versuchen der Györ-Spielerinnen. Doch auch sie kann nichts an der Niederlage ändern. Ana Gros’ Treffer zum 26:21 fünfeinhalb Minuten vor Abpfiff markiert die Vorentscheidung.

Doch trotz der Final-Niederlage feiert das Team von Metter und Enz im Nachgang mit den Fans. Mit glücklichen Gesichtern liegen sich die Bietigheimerinnen in den Armen – stolz auf das, was sie geschafft haben: Als erstes deutsches Team waren sie ins Final Four eingezogen und hatten direkt eine Medaille geholt. „Der Stolz überwiegt absolut. Ich glaube, es hat keiner von uns erwartet, dass wir das Final Four erreichen. Und dass wir dann auch noch im Finale stehen. ist der Wahnsinn“, sagt Döll nach der Partie.

 
 
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