Cleebronn Warum man Wölfe nicht füttern sollte

Von Susanne Yvette Walter
Von links: Carola Rück und Kate Evans vom Verein „Tier-Engel unterwegs“ trafen sich mit Tierpfleger Benedict Stirblies vom Wildparadies Tripsdrill. Dort leben derzeit neun Wölfe. Foto: /Oliver Bürkle

Über den richtigen Umgang mit den Tieren in der Wildnis haben Vertreterinnen von „Tier-Engel unterwegs“ mit Benedict Stirblies, Tierpfleger im Wildparadies Tripsdrill, gesprochen. Der Experte gibt Tipps wie die Begegnung mit dem Wolf ohne Probleme verlaufen kann.

In den sozialen Netzwerken ist aktuell das Thema Wolf ganz groß. Deshalb sieht es der 2019 gegründete Verein „Tier-Engel unterwegs“, die Tiernothilfe im Raum Ludwigsburg, nicht nur als seine Aufgabe an, Tiere zu retten, sondern auch Aufklärungsarbeit zu leisten. Kate Evans und Carola Rück vom Verein suchen deshalb das Fachgespräch mit Benedict Stirblies, Tierpfleger der Fachrichtung Zoo im Wildparadies von Tripsdrill. Die Tier-Retter haben ihren Sitz in Bietigheim-Bissingen und sind im Landkreis Ludwigsburg und teils auch im Rems-Murr-Kreis zur Stelle, wenn Haustiere überfahren wurden und der Besitzer ausfindig gemacht werden soll, Sie helfen aber auch verletzten Wildtieren.

„Was man in sozialen Netzwerken liest, darüber was zu tun ist, wenn einem plötzlich im Wald ein Wolf gegenüber steht, ist haarsträubend“, stellt Kate Evans fest und wendet sich deshalb an den Tierpfleger aus dem Wildparadies in Cleebronn. Auch um Gerüchte über bereits bestehende Wolfsrudel in Baden-Württemberg ging es in dem Gespräch.

Erste Wölfin kürzlich bestätigt worden

„Offiziell ist erst vor kurzem bestätigt worden, dass die erste Fähe, die erste Wölfin in Baden-Württemberg angekommen ist, und dass wir mit der ersten Rudelbildung rechnen können. Es gab bisher nur drei zugewanderte Rüden im Schwarzwald.“ , erklärt Benedict Stirblies, „Der eine stammt, so sagt es die Gen-Analyse, aus einer Population in der Lausitz. Hier im Stromberg haben wir bisher nur einen sesshaften Lux, seit zwei Jahren“.

Er rechnet auch fest damit, dass sich künftig in Baden-Württemberg Wolfsrudel bilden werden. „Wir haben die höchste Wolfsdichte in ganz Europa. Das sind mehr Wölfe als in Polen oder in den Nordkarpaten, mehr als in Finnland, und Schweden.“

Schweden habe in diesem Jahr die größte Wolfsjagd aller Zeiten veranstaltet, weil der Konflikt mit dem Menschen zu groß geworden sei, erklär Stirblies. Obwohl Mensch und Wolf ganz andere Lebensräume hätten, wollten die Schweden die Population von 400 auf 200 Tiere reduzieren, sagt er weiter und ergänzt: „Wir haben von all den Ländern den kleinsten Lebensraum, dafür aber mit Abstand die größte Wolfsdichte.“ In der Region gibt es immer wieder Wolfssichtungen – zum Beispiel in Sersheim oder in Weinsberg. Stirblies betont. Der Stromberg eigne sich durchaus als Wolfsrevier. Mit seinen 40 000 Hektar Fläche könnten hier durchaus zwei Wolfsrudel leben. Es gebe genügend Möglichkeiten für Unterschlupf und die Futterdichte würden passen.

Der letzte Wolf wurde in Baden-Württemberg 1847 erlegt. Der Wolfgedenkstein zwischen Bönnigheim und Hohenlaslach erinnert daran. Immer wieder wollen Menschen im Stromberg einen Wolf gesehen haben. Einige rufen im Wildparadies von Tripsdrill an und fragen, ob einer entlaufen sei. Fachleute gehen den Spuren nach, entnehmen Speichelproben und machen Gen-Analysen, um herauszufinden, aus welcher Population die Tiere stammen. Wer Angst hat, vom „großen, bösen Wolf“ wie im Märchen Rotkäppchen gefressen zu werden, sollte sich im Ernstfall richtig verhalten.

„Wir stehen nicht auf seinem Speiseplan. Der Wolf greift uns nur an, wenn wir falsch mit ihm umgehen und das tun wir zum Teil. Das Schlimmste, was man machen kann ist, Wölfe anzufüttern, sodass sie sich in Menschennähe wohlfühlen“, erläutert Stirblies. Der Wolf sei durchaus zähmbar.

Ruhe bewahren bei Begegnung mit einem Wolf

In Brandenburg habe das einen Wolf das Leben gekostet: Er habe an der Straße gesessen und wurde immer wieder gefüttert, erzählt er. Der Wolf müsse merken, dass er unmittelbar in Menschennähe nicht erwünscht sei, macht Stirblies deutlich. Wenn ein Wolf gefüttert werde, lege er die Scheu vor dem Menschen ab und könne dann gefährlich werden. So mancher Spaziergänger musste bereits zusehen, wie seine Hunde aufgefressen wurden.

„Der Wolf ist ein Tier, das von uns eigentlich nichts wissen will und kein Schmusetier ist. Deshalb muss man Distanz wahren“, lautet das Credo des Tierpflegers, sonst werden Wölfe schnell zu Problemwölfen. Wer im Wald einen Wolf sieht, sollte ruhig bleiben und sich langsam entfernen. Manche Wölfe laufen mit, weil sie ihr Territorium verteidigen und schauen, ob der Mensch und sein Hund da bleiben. Stirblies: „Man kann vieles an der Körperhaltung ablesen.“

Auf keinen Fall sollten Spaziergänger ihren Hund hochnehmen. Wenn man einen Stock zur Hand habe, sollte man sich großmachen, den Wolf anschreien, mit dem Schlüssel rascheln und Krawall machen, damit er Angst bekommt. Letzten Endes bestimmten die Erfahrungen, die ein Wolf bereits mit Menschen gemacht hat, sein weiteres Verhalten. In menschlichen Siedlungen habe er nichts zu suchen. „Wer dort einen Wolf sieht, sollte ihm gleich etwas hinterherwerfen und ihn verscheuchen, damit er merkt, dass er nicht erwünscht ist“, rät der Tierpfleger.

Wer drückt im Notfall den Abzug?

Ungeklärt ist noch, wer bei einer Überbevölkerung von Wölfen die Hand an den Abzug legt. Stirblies: „Die Jäger wollen sich diesen Schuh nicht anziehen. Ich persönlich würde auch keinen Wolf erlegen. Ich habe keine Lust, hinterher als Wolfsmörder dazustehen. Wenn dass die falschen Tierschützer mitbekommen, ist der Ruf schnell ruiniert.“

Grundsätzlich sieht Benedict Stirblies ein nachbarschaftliches Existieren zwischen Mensch und Wolf in verschiedenen Territorien als möglich an: „Das Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf funktioniert in anderen Ländern doch auch. Es ist eine Einstellungssache. Wir hatten die letzten 150 Jahre keine Wölfe mehr hier. Wir sind eben nicht mit diesen Tieren groß geworden.“

 
 
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