Corona-Lockerung Vorsichtiger Neustart

Von Frank Ruppert
Sternekoch Benjamin Maerz hat eine ganze Liste an Sicherheitsvorschriften, die er erfüllen muss, bevor das Restaurant wieder öffnen kann. Auszubildende Annabell Schweizer muss einiges beachten, will sie keinen Fehler im Service machen. ⇥ Foto: Martin Kalb

Die Landesregierung erlaubt ab Montag Gaststätten unter Auflagen wieder zu eröffnen. Bei vielen Gastwirten bleibt die Euphorie aber aus.

Ab kommenden Montag dürfen Restaurants wieder öffnen – mit Abstandsregeln und strengen Hygienevorschriften. Die BZ hat sich bei einigen Gastronomen umgehört, wie sie sich auf den Neustart vorbereiten.

„Wir haben gestern für uns entschieden, dass wir das Restaurant ab dem 28. Mai wieder öffnen werden und dann vorerst bis Ende Juli von Donnerstag bis Samstag geöffnet lassen“, erklärt der Bietigheimer Sternekoch Benjamin Maerz vom gleichnamigen Restaurant. Man brauche noch einige Tage mehr, um den Betrieb wieder hochzufahren, grundzureinigen und alle Hygienebestimmungen einhalten zu können. Maerz will keine „Schnellschuss-Aktion“. Das Wohlergehen der Gäste und Mitarbeiter sei zu wichtig, daher lässt sich der Restaurantchef ein paar Tage mehr Zeit.

„Weiterhin werden wir unsere Kochboxen und den Take-Away-Service wie seither anbieten, weil die Nachfrage danach einfach so gigantisch war“, sagt Maerz. Die Weinbar hingegen werde nicht mehr aus der Corona-Krise kommen. Ab Ende Mai will er dafür ein neues und modernes Konzept anbieten. Eines der wenigen positiven Dinge, die man aus der Krise mitnehmen könne sei: „Wenn man gezwungen ist, kreativ zu werden, kommen manchmal ganz gute Idee dabei raus.“

Regine Schork, die mit ihrem Mann Burkhard das Gasthaus und Hotel „Friedrich von Schiller“ in Bietigheim betreibt, erklärt, dass sie sich zwar freue, dass man zumindest teilweise wieder öffnen dürfe. „Aber wir gehen die Sache sehr verhalten an“, sagt Schork. Derzeit sei geplant, zunächst nur die Weinbar im Außenbereich zu öffnen, aber man warte noch ein paar Tage ab, welche Vorgaben genau einzuhalten seien und entscheide dann. Man stelle sich auf einen sehr eingeschränkten Betrieb ein. „Viele sind euphorisch und freuen sich, wieder bei uns essen zu können, aber es geht nicht gleich mit 100 Prozent los. Ich glaube sogar, dass 100 Prozent in diesem Jahr schwer möglich sein werden“, sagt Regine Schork. Die Abstandsregeln und die Datenerfassung der Gäste sind nur einige der Restriktionen, bei denen auch die Schorks erst schauen müssen, wie sie alles umsetzen können. „Jeder trägt Verantwortung für sich, aber auch dafür, niemanden anzustecken“, tritt Regine Schork auf die Euphoriebremse. Man überlege, den Abholservice weiter anzubieten und wolle grundsätzlich einfach abwarten, wie das eingeschränkte Angebot ab Montag angenommen werde.

Mit nur 30 Prozent des vor Corona gewohnten Umsatzes rechnet Manfred Näher, wenn er am Montag seinen Landgasthof Rose in Hohenhaslach wieder öffnet. Durch Abstandsregeln habe er etwa 55 Plätze im Restaurant, sonst 120. „Da ich meine Mitarbeiter aus der Kurzarbeit hole, habe ich sofort wieder die normalen Betriebskosten“, sagt der Gastronom und meint, man müsse abwarten, wie es angesichts dieser Zahlen funktioniere.

Vorbereitet ist Näher auf jeden Fall. Man habe alles schon genau abgemessen, auch Mundschutz für Gäste und Mitarbeiter habe er. „Für die Bedienungen habe ich diese Plexiglas-Lösungen gewählt, weil dadurch mehr Interaktion mit den Gästen möglich ist“, sagt Näher, der auch eine Metzgerei betreibt. Was in der Krise doppelt gut war. Zum einen gibt es keine Einschränkungen auf der Speisekarte, zum anderen wurde der Thekenverkauf von warmen Speisen gut angenommen, so Näher weiter.

„Ich verspüre, dass die Gäste einen riesigen Nachholbedarf haben“, sagt Frank Land, der die „Marktwirtschaft“ in Besigheim betreibt. Das mache er an den derzeit eingehenden Reservierungen für die Zeit ab Montag fest. Auch er bereitet sich schon vor, holt Mitarbeiter aus der Kurzarbeit, besorgt Masken und Desinfektionsmittel und schult Mitarbeiter zum korrekten Verhalten beim Gast und am Arbeitsplatz. „Leider bräuchten wir hierzu noch mehr Informationen, bis dato ist der Informationsfluss, was ganz konkret umgesetzt werden muss, eher schlecht als recht“, so Land weiter. Sein Restaurant hat nun jeden Tag geöffnet. Bislang war dienstags und mittwochs geschlossen. Die Krise treffe die Gastwirte hart. Land geht davon aus, dass am Ende des Jahres einige nicht mehr da sein werden. Gleichzeitig zeige die aktuelle Situation aber auch, dass es viele pfiffige Ideen gibt. Er sei für die Zukunft grundsätzlich positiv gestimmt: „Gegessen und getrunken wird immer.“

 
 
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