Das Gasthaus zum Bären in Bietigheim schließt Früher flogen Würste über die Theke

Von Martin Hein
Dieses Postkartenmotiv zeigt den Bären in den 1960er-Jahren. Seit 1977 ist die Metzgerei separat verpachtet. ⇥ Foto: Privat

Das Gasthaus zum Bären schließt zum 26. Juli. Der Pächter Thomas Welker geht altershalber in den Ruhestand. Die Zukunft des beliebten Bietigheimer Gasthauses ist derzeit ungewiss.

Schon seit Wochen machen in Bietigheim-Bissingen und Umgebung Gerüchte die Runde, wonach das Gasthaus zum Bären schließt. Nun ist es offiziell: Am 26. Juli geht Pächter Thomas Welker altershalber in den wohlverdienten Ruhestand. Und damit schließt, zumindest vorerst, eine Bietigheimer Institution. Ob, beziehungsweise wie es mit dem Bären weitergeht, ist nach Angaben der Eigentümerfamilie Spörle derzeit noch unklar.

Das Gasthaus zum Bären kann auf eine sehr lange und bewegte Geschichte zurückblicken. Das genaue Datum der Ersteröffnung ist nicht mehr festzustellen. Vermutlich wurde bereits 1892 der heutige Bären als Schankwirtschaft vom Bietigheimer Metzger Wilhelm Piston betrieben. Fest steht, dass der Metzger und Wirt Christian Trefz 1896 die Wirtschaft und Metzgerei von Wilhelm Piston gekauft hat.

Am 1. August 1896 eröffnete Christian Trefz die Wirtschaft und Metzgerei „Es wird stets mein eifrigstes Bestreben sein, den guten Ruf des Geschäfts bestens zu wahren“, so Trefz in der Anzeige, die damals zur Eröffnung im Enz- und Metter-Boten 1896 erschienen ist. Trefz war besonders stolz auf „Reine selbstgezogene Weine, Prima Biere“ und selbstverständlich eine „vorzügliche Küche“. Trefz warb bereits damals mit geräumigen Lokalitäten für Vereine und Gesellschaften.

Seit 1927 im Familienbesitz

Zum 1. Juli 1927 übernahm der aus Kurzach stammende Metzgermeister Gustav Spörle das Gasthaus samt Metzgerei. Gustav Spörle erlernte das Metzgerhandwerk in Heilbronn und betrieb nach dem ersten Weltkrieg vier Jahre lang das Gasthaus „Zum Adler“ in Weinsberg, bis er im Sommer 1927 den Bären in Bietigheim kaufte. 1937 baute Spörle den Bären großzügig um. Unter Gustav Spörle wuchs der gute Ruf des Bären rasch weit über die Grenzen der Stadt hinaus.

Der Bären etablierte sich als überaus beliebtes Lokal vor allem bei unzähligen Vereinen aus Bietigheim und Umgebung. Nach Kriegsende war der Bären für kurze Zeit der Sitz der französischen Orts-Kommandantur. Nicht nur bei Vereinen war der Bären ein beliebter Treffpunkt, am 17. Oktober 1945 gründete beispielsweise die Bietigheimer SPD im Bären ihre Ortsgruppe neu.

Würste flogen über den Tresen

Im Alter von beinahe 70 Jahren übergab Gustav Spörle 1966 den Bären und die Metzgerei an seinen Sohn Oskar. Oskar Spörle pflegte einen sehr engen Kontakt zu den Vereinen. Sein legendäres Motto war „Spörles Blutwurst die schmeckt gut, wo kein Speck ist, da ist Blut“. Oft empfing Spörle die Handballer des TSV nach ihrem Training mit den Worten „Meine Jungs kommen“, dann holte er in seiner Schürze Schwarze Würste und warf sie den Sportlern zu. Unter Oskar Spörle festigte sich die Beliebtheit des Bären als Vereinslokal bei Sport- Gesangs- und anderen kulturtreibenden Vereinen sowie der Feuerwehr.

Im Bären probten wöchentlich viele Vereine, darunter der Gesangverein Frohsinn und die Chorvereinigung. Viele Bietigheimer haben im Bären ihre ersten Tanzschritte einstudiert. Etliche Abschlussbälle haben in dem beliebten Gasthaus stattgefunden.

Der Bären bot inzwischen auch Fremdenzimmer an. Einer der prominenten Gäste war der Filmstar Gert Fröbe, der gelegentlich einen Schulfreund in Bietigheim besuchte und dabei immer im Bären übernachtete. Irma und Oskar Spörle betrieben den Bären bis 1984.

Welker ist seit 1984 Pächter

Im Juli 1984 verpachtete die Familie Spörle den Bären an Thomas Welker. Welker betrieb das Gasthaus seither in bester Tradition mit gutbürgerlicher Küche. Bis zuletzt trafen sich unzählige Vereine und Vereinigungen regelmäßig im Bären. Nach 36 Jahren hört nun Thomas Welker altershalber auf. Oft stand er täglich weit über zehn Stunden im Bären. Welker und sein Team pflegten einen sehr persönlichen Kontakt zu seinen Gästen.

„Wir waren immer für unsere Gäste da, es war uns immer wichtig, dass sie sich im Bären wohl gefühlt haben“ , so Welker. Schmunzelnd denkt er zurück, dass so manche „Nachsitzung“ des Bietigheim-Bissinger Gemeinderats im Bären erst zu später Stunde vollends ihr Ende gefunden habe. Nun schließt, zumindest vorläufig, eine beliebte Gaststätte die für eine, inzwischen sehr selten gewordene, gut bürgerliche Küche bekannt war. Welker bekocht und bewirtet seine Gäste am 26. Juli zum letzten Mal.

 
 
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