Daschus Urban Art an der Ludwigsburger Sternkreuzung Kunst zwischen hupenden Autos und neugierigen Blicken

Von Heidi Vogelhuber
„Am Anfang fühlt es sich immer richtig wie Arbeit an“, erklärt Daniel „Daschu“ Schuster. Bis die Grundfiguren auf die Wand aufgebracht seien, dann könne er die Arbeit genießen. ⇥ Foto: Helmut Pangerl

Der Streetart-Künstler Daniel „Daschu“ Schuster gestaltet derzeit die Wände des Mikrohofhauses. Er erzählt, warum Ludwigsburg ihm nicht unbekannt ist.

Daschu steht auf einer Leiter, in der Hand eine Sprühdose. Feiner Farbnebel legt sich auf die grundierte Wand. Um ihn herum liegen unzählige Farbdosen. Mit kleinen, raschen Bewegungen trägt er Schicht um Schicht auf. Nach wenigen Sprühern folgt ein Kontrollblick auf sein Handy. Es entsteht der Saum eines Pullovers, den ein Kind trägt.

Kunst an der Sternkreuzung

An der Sternkreuzung im Herzen Ludwigsburgs entsteht seit vergangenen Mittwoch ein  Kunstwerk des Streetart-Künstlers Daniel Schuster, bekannt als Daschu. Wann es vollendet ist? „Ich male, bis ich das Gefühl habe, dass das Bild fertig ist. Bis jeder weitere Schritt es nur noch verändern würde“, sagt Schuster. Angepeilt sei etwa eine Woche Arbeitszeit.

Er habe immer eine feste Vorstellung davon, wie sein fertiges Bild aussehen soll. Hat er sich entschieden, einen Auftrag anzunehmen, schaut er sich die Gegebenheiten vor Ort hat; macht Fotos von der Wand, der Treppe, dem Haus oder worauf auch immer seine Kunst entstehen soll und malt dann in die Fotografien hinein. „Ich probiere Verschiedenes aus, schaue, was die beste Wirkung und Fernwirkung hat“, erklärt er.

So sei es auch bei der Arbeit gewesen, die im Auftrag des Ludwigsburg Museums auf den Wänden rund um das Mikrohofhaus entsteht. Es sei spannend, da es viele Blickrichtungen gebe. Das Museum habe ihn angefragt, das Motiv habe er sich überlegt und als Skizze eingereicht. Es sei ihm wichtig, dass seine Kunst auch wirklich seine Kunst ist und nicht nur eine Arbeit des Handwerks oder des Geldes wegen.

Diversität, Vielseitigkeit, Interkulturalität werden immer wieder von Daschu thematisiert. „Ich versehe viele meiner Bilder mit #manycolorsonepeople (deutsch: viele Farben, ein Volk). Rassismus verstehe ich einfach nicht“, sagt der Künstler. Was genau jedoch auf seinen Bildern passiert, diese Interpretation möchte er dem Betrachter überlassen. „Jeder hat eigene Erfahrungen, eine eigene Wahrnehmung. Ich möchte keine Definition meiner Kunst geben“, erklärt Daschu. Er male klar, figürlich, „aber doch unbeschwert. Meine Botschaften sollen nicht zu dominant sein.“

Schuster ist 1990 in Biberach an der Riß geboren und lebt auch heute noch dort. In Ludwigsburg ist er allerdings nicht zum ersten Mal. Schuster hat an der Pädagogischen Hochschule Lehramt studiert. 2016 legte er das Erste Staatsexamen ab. Daraufhin verschlug es ihn nach Berlin, wo er sein Referendariat begann, alsbald jedoch wieder abbrach. „Ich hatte so viele Projekte drumherum, in die ich meine Energie setzen wollte“, erinnert er sich. „Ich mag es nicht, etwas nur halbherzig zu machen.“

„Es gibt immer einen Weg“

Seitdem verdient Schuster seinen Lebensunterhalt mit seiner Kunst. „Eine Festanstellung ist nichts für mich. Es funktioniert für mich nicht mit einem Businessplan.“ Seine Frau Nathalie Ziju-Schuster verstehe das, teile seine Lebenseinstellung. Die Schulsozialpädagogin sei auch selbstständig. „Wir haben einfach großes Vertrauen, dass wir versorgt sind und uns keine Sorgen machen müssen. Es gibt immer einen Weg“, sagt der Vater eines Dreijährigen.

Obwohl der Biberacher doch kein Lehrer geworden ist, arbeitet er gerne mit Menschen zusammen und auch im pädagogischen Bereich. So hat er auch schon an seiner ehemaligen Hochschule Kurse in Graffiti-Kunst gegeben und arbeitet in seiner Heimatstadt mit Schülern an Kunstprojekten; teils auch gemeinsam mit seiner Frau. „Wir verbinden Inhalt mit Kunst“, sagt er. Auch in Südafrika und auf den Philippinen setzte er sich künstlerisch für Menschen und Menschenrechte ein. Bald soll ein Projekt mit dem Kinderschutzbund Biberach folgen.

Wie er zu seinen Aufträgen komme? „Die Projekte ergeben sich aus den vorherigen. Es geht bei mir nicht ums Business. Ich möchte malen, das ist der Ursprung.“ Als Sohn eines Illustrators sei er so aufgewachsen, stets umgeben von Kunst. Und auch sein eigener Sohn habe schon Wände, Türen und den Boden bemalt. „Es freut mich, dass er auch schon etwas kreieren möchte“, sagt Schuster.

Kunst im öffentlichen Raum

Er habe zu Hause auch ein Atelier, wo er zumeist in der kalten Jahreszeit künstlerisch tätig sei. Kunst im öffentlichen Raum sei immer etwas besonderes. Auch in Ludwigsburg wird er während des Arbeitens immer wieder angesprochen. „Das ist eine schöne Abwechslung“, ruft eine ältere Frau aus einem Auto. „Toll sieht das aus“, so eine weitere Fahrerin. Auch gehupt wird viel, wenn der Vordermann mehr zu Daschu und weniger auf die grün gewordene Ampel schaut. Kunst im öffentlichen Raum sei aber auch eine Herausforderung, weil man eben immer Beobachter habe. Das Feedback sei zumeist positiv und freue den Künstler. „In Ludwigsburg ist zumindest noch nicht die Polizei angerückt“, sagt er und lacht. Bei vorhergehenden Aufträgen sei ihm das nicht selten passiert. Graffiti sei bei einigen Mitmenschen noch immer in der unerlaubten Ecke eingeordnet.

Inmitten des Verkehrs konzentriert sich der Künstler ganz auf seine Wand. Den hohen Geräuschpegel der Autos nimmt er kaum wahr. Immer wieder wechselt er auf die andere Straßenseite, um die Gesamtkomposition aus der Ferne zu betrachten. Für den Pullover beziehungsweise dessen Faltenwurf, den Schuster immer wieder mit dem Foto auf seinem Handy abgleicht, ist übrigens sein Sohn Modell gestanden.

 
 
- Anzeige -