Denkmalgeschütztes Gebäude Das alte Bissinger Rathaus ist saniert und bezugsfertig

Von Heidi Vogelhuber
Lange war das alte Bissinger Rathaus eingerüstet. Nun ist es saniert und schon bald wieder bewohnt. Nur der Brunnen ist noch nicht ganz fertig (rechts im Bild, verdeckt durch den Bauzaun). Foto: Helmut Pangerl

Die Bietigheimer Wohnbau musste viel beachten bei der Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes im Herzen Bissingens.

Früher traf man sich vor dem Fachwerkbau in Bissingens Mitte. Die Pferde konnten am Brunnen getränkt werden, und im Gebäude selbst wurde über die Geschicke des Ortes entschieden. Diese Zeiten sind schon lange vorbei. Und doch versprüht das alte Bissinger Rathaus, das 1569 gebaut und bereits x-mal saniert wurde, den Charme vergangener Zeit. „Diese frühere Treffpunkt-Atmosphäre soll hier nachgebildet werden“, sagt Achim Wilhelm, Projektleiter bei der Bietigheimer Wohnbau (BW) bei einem Rundgang durch das frisch sanierte alte Bissinger Rathaus, das seit dem Bau des neues Rathauses 1968 als Wohnhaus genutzt wird, und zeigt auf den noch unfertigen Brunnen. Da es keine Balkone gibt, könne hier vor dem Haus auf einer Bank gesessen und in der Abendsonne ein Gläschen Wein genossen werden, so Wilhelm.

Sanierung dauerte 20 Monate

Keine Balkone, keine Parkplätze vor dem Haus, niedrige Deckenhöhen, schräge Dachbalken, zum Teil können Fenster nicht geöffnet werden. Und das alles ist das Ergebnis einer gut 20-monatigen Sanierung der Bietigheimer Wohnbau für 1,8 Millionen Euro. „Es ist teurer als ein Neubau, dauert länger als ein Neubau, aber es ist eben auch schöner als ein Neubau“, sagt Carsten Schüler, Geschäftsführer der BW. „Unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit ist es auch etwas Vernünftiges“, ergänzt Oberbürgermeister Jürgen Kessing, der auch am Rundgang teilnimmt.

Entstanden sind im ehemaligen Rathaus nun vier Wohnungen, zwei Zwei-Zimmer-Wohnungen (31 und 38 Quadratmeter) sowie jeweils eine Drei- (82 Quadratmeter) und eine Vier-Zimmer-Wohnung (98 Quadratmeter). „Die Kleinen sind bereits vermietet. Die Miete beträgt unter 400 Euro“, sagt Achim Wilhelm, während der Führung durch das Gebäude. Überall riecht es frisch, die Wände erstrahlen weiß, und vor allem der Boden hinterlässt Eindruck. Einzeln verklebtes Industrieparkett zieht sich durch die Wohnungen, es sei mehrfach abschleifbar und dadurch langlebig. Die vier Wohnungen warten auf ihre Mieter, die ab Mitte/Ende April einziehen können.

Auch der Boden im Hausflur im Erdgeschoss ist etwas Besonderes. Krenzheimer Muschelkalk wurde besorgt, um der historischen Bausubstanz gerecht zu werden. Beim bereits erwähnten Brunnen wurden die alten Steine einzeln entnommen, nummeriert und gereinigt, um dann wieder an den ursprünglichen Platz gesetzt werden zu können, erklärt Achim Wilhelm. Auch beim Austausch der maroden Balken wurde das Fichten- und Eichenholz aus dem Schwarzwald besorgt, da dies der Bausubstanz entspricht.

Vieles musste bei der Sanierung beachtet werden. Wände mussten statisch ertüchtigt werden, für die Fugen wurde eine Spezialfirma engagiert, da diese händisch ausgekratzt, ausgespült und ersetzt werden mussten. Die Böden wurden gut 30 Zentimeter aufgebaut, wodurch die durchschnittliche Deckenhöhe nur zwei Meter beträgt. Im Spitzboden war ein Loch im Boden, das geflickt werden musste.

Lagerfläche auf dem Dachboden

Die Mieter können den Platz nun als Lagerfläche nutzen, denn das Haus in der Flößerstraße 51 wurde ohne Keller gebaut – es lag in der Überschwemmungszone, erklärt Werner König, Abteilungsleiter Projektentwicklung. Es hat nur einen Kriechkeller, der nach Bedarf angemietet werden könne. Jede Kleinigkeit sei mit dem Denkmalamt abgesprochen, berichten die Vertreter der Wohnbau. „Es dauerte allein drei Monate bis die richtige Außenfarbe für das Gebäude ausgewählt war“, so König.

Aus Brandschutzgründen müssen drei Meter zwischen den Gebäuden liegen, damit bei einem Brand das Feuer nicht aufs Nebenhaus überspringt. Da das bei den Bissinger Altbauten nicht der Fall ist, haben einige Fenster im alten Rathaus keine Griffe, dürfen also nicht geöffnet werden. „Ansonsten entspricht das Haus aber dem Neubaustandard“, versichert König.

„Durch die kleinen Nischen und die Materialien wirkt es heimelig. Es hat einfach Atmosphäre“, fasst Carsten Schüler das Ergebnis der umfangreichen Sanierung zusammen.

 
 
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