Schwerpunkt: Qualität in der Pfanne „Kleidung darf Geld kosten, Essen aber nicht“

Von Uwe Deecke
Der Landwirt Rainer Schnurr hält auf seinem Fasanenhof in Hessigheim unter anderem schwäbisch-hällische Säue. ⇥ Foto: Martin Kalb

Fasane gibt es keine mehr auf dem Hessigheimer Fasanenhof. Aber naturnahe Rinder- und Schweinehaltung, die im Trend liegt. Trotzdem haben es die Produkte gegenüber Discounter-Ware schwer.

Seinen ungewöhnlichen Namen hat der Hessigheimer Fasanenhof vom nahen Fasanenwald auf Gemmrigheimer Gemarkung, und er entstand durch die Idee eines Gastes in der Besenwirtschaft im Aussiedlerhof, der hier am Rand der Weinberge über Besigheim liegt. Es war die letzte Aussiedelung, die es in den 1990er-Jahren gab, als der elterliche Betrieb in Hessigheim zu klein wurde.

Dort oben gibt es viel Platz, und der wird inzwischen vielfältig genutzt. „Unser Hauptgeschäft ist der Weinbau“, sagt Rainer Schnurr der 1993 hier oben baute, die Wege richten ließ und heute auch Getreide anbaut und Vieh züchtet. Aber anders als man es gemeinhin kennt. „Damals hatten wir den ersten Kaltstall in der Gegend“, sagt der 62-jährige Landwirt. Ein Kaltstall ist ein Stall, der nur unten windgeschützt ist und wo die Tiere das ganze Jahr über den Außentemperaturen ausgesetzt sind. „Die Tiere werden nicht krank und bekommen nur das zu fressen, was wir anbauen“, erklärt Schnurr, der mit seiner Frau und seinen Kindern den Hof betreibt und bewusst auf Mastfutter oder Genmais verzichtet.

Außenstall mit Limbuger Ochsen

Und nicht nur das. Es gibt auch einen Außenstall, in dem 16 Limburger Ochsen leben, die auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten stehen. Auch die schwäbisch-hällischen Säue, die Sohn Michael Schnurr hierher gebracht hat, sind immer draußen und liefern bestes Fleisch. Wie auch die Highland-Rinder, deren Heimat Schottland ist und denen die hiesigen Temperaturen nichts ausmachen. Insgesamt gib es momentan 67 Mastrinder und 150 Schweine auf dem Fasanenhof.

Die Kundenzahlen und Umsätze gehen nach oben, verrät Rainer Schnurr, dessen Betrieb vor allem am Wochenende gut besucht sei. Kunden kommen aus Stuttgart oder Baden-Baden, um hier einzukaufen und sich alles vor Ort genau anzusehen. Hier wird noch montags selbst geschlachtet, anschließend Wurst und Fleisch hergestellt und am Freitag und Samstag im eigenen Laden verkauft. Auch eine Besenwirtschaft gibt es und Kinder bis acht Jahre essen hier gratis. Jedes Wochenende ist Familientag, an dem sich Besucher die vielen Tiere anschauen können, die es hier gibt. Kälber, Rinder, Schweine, Hühner, Koi-Karpfen im eigenen Teich, ein Haflinger, ein Esel, zwei Ziegen und der zehn Jahre alte Bernhardiner, der 80 Kilo auf die Waage bringt.

Keine Wertschätzung

Auch mit zwei Supermärkten arbeitet der Fasanenhof zusammen, die er beliefert. Doch im Billig-Fleischland, das Deutschland nun mal ist, sei das bei den Aktionen der Discounter nicht immer einfach. „Die Wertschätzung für Fleisch fehlt“, findet Schnurr, und heute gebe es anders als früher täglich Fleisch aus allen Ländern. „Handys und Kleidung dürfen Geld kosten, Essen aber nicht“, fasst Sohn Michael Schnurr das Dilemma zusammen. Einen Mindestpreis bei den Discountern fänden beide daher gut, doch sie wissen, dass sich das nicht einfach durchsetzen lässt. „Was wir erzeugen, soll billig sein, das funktioniert aber nicht“, erklärt Rainer Schnurr, der auf steigende Unkosten wie beim Strom verweist. Dazu kommen immer mehr Vorschriften und Bürokratie, wie zuletzt die Bonpflicht, die auch im Fasanenhof gilt. Dann werde man auch noch an den Pranger gestellt als Bauern, die die Umwelt schädigen.

Der Hof hat aber seine Nische gefunden, und er ist bekannt geworden durch seine Verkaufswagen auf der Ottmarsheimer Höhe oder auf dem Freiberger Markt, wo es auch Obst und Gemüse zu kaufen gibt. Schon seit den Neunzigern hat man eine eigene Homepage, die geholfen hat, den Hof in der Gegend bekannt zu machen.

Auf der Suche nach Weidefläche

Die Zeichen stehen auf Expansion. Schnurr sucht Weideflächen für die Tiere und auch einen Hof, auf dem sich Sohn Michael mit den Highland-Rindern selbstständig machen will. Das Highland-Fleisch läuft besonders gut und findet trotz höherem Preis seine Abnehmer, was auf die Qualität zurückzuführen ist. Die Tiere aus Weidehaltung bekommen kein Getreide und sie haben mehr Zeit, um sich zu entwickeln. Zweieinhalb Jahre bis zur Schlachtreife seien viel, wenn Kühe aus der Massentierhaltung mit Mastfutter schon nach einem Jahr zur Schlachtbank kommen.

Dass sich mehr und mehr Verbraucher umstellen, bemerkt man auf dem Fasanenhof. Die Hoffnung ist, dass es so bleibt und die regionale Erzeugung mehr geschätzt wird. Denn in Sachen Qualität sind sie der Billigkonkurrenz, die oft von weit her kommt, voraus. Und hier kann jeder sehen, wie und unter welchen Bedingungen produziert wird.

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