Der Wahlkampf im Kreis Ludwigsburg endet Von Testosteron und Ungewissheit

Von Frank Ruppert
Bundestagswahl 2021BZ Forum 3.9.21 Foto: Werner Kuhnle

Das Rennen um die Mandate in den Wahlkreisen Neckar-Zaber und Ludwigsburg scheint so offen, wie lange nicht. Die Feiern am Sonntagabend sind schon längst geplant.

wie Briefwähler. Es wird wohl auch im Landkreis so viele Briefwähler wie noch nie bei einer Bundestagswahl geben.  So meldete etwa Bietigheim-Bissingen schon zehn Tage vor der Wahl, dass rund ein Drittel der Wahlberechtigten Briefwahl beantragt hatten. In Sachsenheim rechnet man mit der doppelten Anzahl an Briefwählern im Vergleich zu 2017. In Ludwigburg hat man eigens für die Wahl die Briefwahlbezirke aufgestockt. Wie viele der Wahlberechtigten (im Wahlkreis Ludwigsburg sind es rund 215 000, in Neckar-Zaber rund 230 000) dann tatsächlich per Brief wählen, sieht man erst am Sonntag. Wie ein Sprecher des Landratsamt verrät, seien im Übrigen überschüssige Umschläge von der Landtagswahl auch bei der Bundestagswahl einsetzbar. Das habe man bei den Briefwahlunterlagen eigens so konzipiert.

 

wie Ungewissheit. In den beiden Wahlkreisen Ludwigsburg und Neckar-Zaber scheint der Ausgang der Erststimmenverteilung offener denn je. In Ludwigsburg ist Staatsminister Steffen Bilger (CDU) zwar Favorit, aber schon bei der Landtagswahl haben sich die Grünen die Mandate in und um die Kreisstadt geschnappt. Im Wahlkreis Neckar-Zaber geht der Amtsinhaber  (siehe G) und dessen Parteifreund und designierter Nachfolger Fabian Gramling muss angesichts der schwachen bundesweiten Umfragewerte den Verfolger von der SPD erstnehmen.

 

wie namhafte Unterstützer im Wahlkampf. Daran mangelte es in den beiden Wahlkreisen Ludwigsburg und Neckar-Zaber in diesem Wahlkampf nicht. Vom Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) über den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne), den Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), bis zum Spitzenkandidat Olaf Scholz (SPD) und Grünen-Chef Robert Habeck haben sich viele große Namen die Klinke in die Hand gegeben, um ihre Kollegen vor Ort zu unterstützen.

 

wie digitaler Wahlkampf: Trotz Pandemie fanden viele Veranstaltungen schon wieder in Präsenz statt und die digitalen Formate waren allenfalls ein Zusatzangebot. Kein Kandidat stützte sich nur oder überwiegend auf den Internetwahlkampf.

 

wie Erststimme. Anders als noch bei der Landtagswahl haben Wähler zwei Stimmen. Mit der Erststimme wählt man den oder die Direktkandidatin im Wahlkreis und mit der Zweitstimme eine Partei. Seit 1980 hat im Wahlkreis Neckar-Zaber bis auf eine Ausnahme 1998 (SPD) immer der Kandidat der CDU die meisten Erststimmen erhalten und war so direkt gewählt, zuletzt seit 2002 Eberhard Gienger. Im Wahlkreis Ludwigsburg ist die CDU-Dominanz noch deutlicher. Zuletzt 1972 holte eine andere Partei das Direktmandat. Seit 2009 ist der CDU-Mann Steffen Bilger direkt gewählter Vertreter des Wahlkreises.

 

wie Spitzenplätze auf den Landeslisten der Parteien. Wer nicht die meisten Erststimme holt, kann noch über einen guten Listenplatz seiner Partei auf einen Platz im Bundestag hoffen. Die besten Chancen über die Landesliste einzuziehen haben in den beiden Wahlkreisen: Martin Hess (Platz 2) und Marc Jongen (5) von der AfD, Steffen Bilger (4) von der CDU, Sandra Detzer (5) von den Grünen sowie Macit Karaahmetoglu (14) von der SPD.

 

wie Testosteron. Das Kandidatenfeld in den beiden Wahlkreisen ist vor allem eins: männlich. In Neckar-Zaber gibt es mit Emma Weber (Linke) nur eine weibliche Bewerberin, aber elf Männer, die um Erststimmen konkurrieren. Das sind 8,3 Prozent. Im Wahlkreis Ludwigsburg gibt es mit Detzer und Jördis Hollnagel (Volt) immerhin zwei Kandidatinnen unter insgesamt 13 Bewerbern. Aber auch dieser Frauenanteil von 15,4 Prozent liegt deutlich unter dem Landesschnitt. Da liegt der Frauenanteil bei 30,9  Prozent.

 

wie Abend - Den Wahlabend verbringen die Kandidaten des Wahlkreises Ludwigsburg fast alle in der Barockstadt, wo es diverse Wahlpartys der Parteien gibt. Im Wahlkreis Neckar-Zaber sind die Feierlichkeiten stärker verteilt. Gramling lädt nach Dürrenzimmern, Thomas Utz (SPD) nach Marbach, Lars Schweizer (Grüne) nach Bissingen ein. Marcel Distl (FDP) feiert in Freiberg. Die Linken feiern in Ludwigsburg und Heilbronn und die AfD veranstaltet nach eigenen Angaben keine Wahlparty in den Wahlkreisen. Die Kandidaten wollen in Berlin feiern. Grund sei die schwere Erkrankung eines Vorstandsmitgliedes des Kreisverbands, teilt die AfD mit.

 

wie Gienger. Der langjährige Abgeordnete der CDU für den Wahlkreis Neckar-Zaber tritt nicht erneut an. Die Popularität des ehemaligen Weltklasseturners im Wahlkreis war und ist so groß, dass er mit seinem Erststimmenanteil seit seinem Start 2002 stets über dem Zweitstimmenergebnis seiner Partei lag. Gienger unterschritt zudem in all den Bundestagswahlen als Kandidat nie die 40-Prozent-Marke. Der 70-Jährige will sich künftig wieder mehr dem Fallschirmspringen widmen.

 
 
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