Der Wilde Westen in Sersheim Im Wilden Westen vom Alltag entschleunigen

Von Michaela Glemser
Alles im Lager ist bis aufs kleinste Detail authentisch. Seit Karfreitag ist der Wilde Westen aufgebaut. Foto: /Oliver Bürkle

Das Lagerleben ist beim 45. Internationalen Vorderlader- und Schwarzpulver-Turnier in Sersheim schon in vollem Gange.  

Entspannt sitzen Mharcus MacHoúr und Diana Lehmann aus der Nähe von Neu-Ulm unter dem Zeltdach. Auf dem alten Holztisch vor ihnen stehen Zinnbecher und Zinnkrüge, in denen sich zu späterer Stunde am Tag auch Hochprozentiges wie echter schottischer Whiskey befindet. „Ich stamme aus einer Seefahrerfamilie und habe meine eigene Familiengeschichte auf das Leben im Lager und als Hobbyist übertragen“, erzählt MacHoúr, der einen großen Seefahrerhut trägt und in das Gewand eines schottischen Einwanderers nach Amerika im 18. Jahrhundert gekleidet ist.

Seit 1984 beim Hobbyisten-Lager in Sersheim

„Ich war schon immer sehr begeistert davon, wenn mir mein Großvater alte Geschichten aus unserer Familie erzählt hat. Im Alter von acht Jahren, 1984, habe ich das erste Mal mit meinem Vater das Hobbyisten-Lager in Sersheim besucht“, erinnert sich MacHoúr, der seit dieser Zeit seine Liebe für das Lagerleben entdeckt hat und alljährlich im Frühling sein Zelt beim Internationalen Vorderlader- und Schwarzpulver-Turnier aufschlägt.

Bereits seit Karfreitag lebt MacHoúr mit derzeit rund 200 Hobbyisten im Lager zusammen. Für Stammbesucher wie den Neu-Ulmer gibt es bereits reservierte Plätze in direkter Nachbarschaft zum Saloon, wo morgens das Frühstück serviert und bis spät in die Nacht hinein Musik und Geselligkeit gepflegt wird. „Wir sind alle wie eine große Familie. Das macht das Lagerleben in Sersheim so besonders. In den zweieinhalb Wochen, die wir hier verbringen, können wir sehr gut abschalten und entschleunigen“, so der Hobbyist.

MacHoúr hat es sich mit seiner Partnerin gemütlich in seinem großzügigen Zelt eingerichtet und über die einzelnen Ausrüstungsgegenstände viel in Büchern und im Internet recherchiert. „Wichtig ist mir, dass alle Gegenstände auch authentisch sind und wirklich aus der damaligen Zeit stammen könnten. Unsere Kleidung nähen wir nach historischen Schnittmustern“, sagt der Neu-Ulmer.

Unterstützung erhält er dabei seit rund einem Jahr von Steffi Eberhardinger aus Augsburg, die er im vergangenen Jahr für einen Tag ins Lager nach Sersheim eingeladen hatte. „Anschließend wollte ich gar nicht wieder weg. In diesem Jahr habe ich mir selbst ein Zelt geliehen“, sagt Eberhardinger. Seit fast neun Monaten hat sie an ihren Kostümen genäht und die historischen Vorbilder dazu genau studiert. „Ich habe mich im Lager sofort willkommen gefühlt. Inzwischen vergesse ich sogar die Uhrzeit, so sehr kann ich hier entschleunigen.“. „Bei ganz vielen Familien im Lager sind auch schon wieder die kommenden Generationen dabei“, sagt der Neu-Ulmer.

Enkel des Gründers leitet das Lager

Dies trifft auch auf die Ausrichter des 45. Internationalen Vorderlader- und Schwarzpulver-Turniers beim Schützenverein Sersheim zu. Nach dem Tod von Robert Supper im vergangenen Jahr, der von allen nur liebevoll „Graubart“ genannt wurde und der das Westerntreffen einst aus der Taufe gehoben hatte, übernahm unter anderen sein Enkel Kevin Häussler die Federführung bei der Organisation der beliebten Veranstaltung. „Dieses Erbe meines Großvaters fortzuführen, war mir sehr wichtig“, sagt Häussler.

Am eigentlichen Festwochenende vom 1. bis zum 4. Mai dieses Jahres rechnen die Veranstalter bei schönem Wetter mit rund 8000 Besuchern. Auch im Lager selbst wird es in den kommenden Tagen noch voller werden, wenn weitere Hobbyisten aus vielen Teilen Deutschlands, aus Belgien, Frankreich und den Niederlanden anreisen. Neben Live-Musik mit Country-Bands können Besucher auch historische Vorführungen erleben oder sich selbst an unterschiedlichen Ständen als Cowboy, Indianer oder Trapper ausstatten.

 
 
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