Deutsches Frauenhandball-Team vor Olympia „Die größte sportliche Bühne, die es überhaupt gibt“

Von Michael Nachreiner
In der Ludwigsburger Alleenhalle schwört Bundestrainer Markus Gaugisch (hinten Mitte) die deutsche Frauenhandball-Nationalmannschaft auf eine Einheit ein. Foto: /Marco Wolf

Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft um Behrend, Döll und Smits von der HBL startet am Donnerstag gegen Südkorea ins olympische Turnier.

Die deutschen Handballerinnen fiebern dem Auftakt des olympischen Turniers an diesem Donnerstag (16 Uhr) gegen Südkorea entgegen. „Die Aufregung ist schon da. Was fehlt ist, dass es losgeht“, sagte Xenia Smits von der HB Ludwigsburg, ehemals SG BBM Bietigheim, während des finalen Lehrgangs der Frauen-Nationalmannschaft in der Ludwigsburger Alleenhalle. Und ihre Vereinskameradin Jenny Behrend ergänzt: „Welt- und Europameisterschaft spielen zu dürfen, ist schon was ganz besonders. Aber jetzt wartet mit den Olympischen Spielen die größte sportliche Bühne, die es überhaupt gibt. Wenn ich nur daran denke, bekomme ich Gänsehaut.“

Fünfwöchige Vorbereitung

Die Vorbereitung war hart. „Es ist wie bei einer Klubmannschaft. So lange waren wir noch nie zusammen. Schon seit fünf Wochen trainieren wir täglich und verbringen viel Zeit miteinander“, berichtet Bundestrainer Markus Gaugisch. Dabei gab es zwei Phasen. Zunächst arbeiteten die deutschen Handballerinnen im Allgäu an Athletik und Kondition. Danach lag der Fokus voll auf Handball. Dabei absolvierte die DHB-Auswahl einen Lehrgang am Olympiastützpunkt in Kienbaum.

„Markus Gaugisch sagt zwar immer so schön, das Feld ist nicht größer und nicht kleiner als sonst auch. Deshalb war die Vorbereitung ähnlich wie auf andere Großereignisse. Aber wir müssen uns auf ein ganz anderes Flair einstellen“, sagt Smits. „In Kienbaum waren beispielsweise Kanuten, Volleyballer, Basketballer, Ruderer und Turner auch da. Da hatten wir ein bisschen mehr Trubel und Ablenkung. Da konnte man auch mal bei einer Einheit einer anderen Sportart zuschauen – und gleichzeitig trainieren, den Fokus nicht zu verlieren.“ Das sieht auch Behrend so. „In Paris bei Olympia spielt nicht nur die Fitness eine Rolle, sondern auch das Mentale. Man muss sich auch darauf vorbereiten, was auf einen zukommt“, erklärt die Rechtsaußen.

Viertelfinale ist das Ziel

Bereits am Montag ist die Auswahl des Deutschen Handball Bunds (DHB) direkt von Ludwigsburg nach Paris gereist. „Wir fahren da nicht nur hin, um zu sagen, wir waren dabei. Wir wollen auf jeden Fall was reißen“, sagt Behrend. Ein Turnier im Sommer ist für die Handballerinnen allerdings etwas Neues. In der Regel finden Welt- und Europameisterschaften während der Saison kurz vor Weihnachten oder kurz nach dem Jahreswechsel statt. „Es ist keiner gewohnt, ein Turnier im Sommer zu spielen“, erzählt Antje Döll, Linksaußen von der HB Ludwigsburg und ergänzt: „Ich wünsche mir natürlich, so weit wie möglich zu kommen. Wenn es am Ende das Viertelfinale ist und wir gut gespielt haben, dann bin ich damit zufrieden. Wenn es mehr wird, würde ich es umso mehr feiern. Für dieses Jahr wäre es echt das i-Tüpfelchen.“

Smits wird da etwas konkreter. Die Runde der besten acht ist das Minimalziel. „Natürlich wollen wir alles gewinnen“, sagt die HBL-Rückraumspielerin und ergänzt: „Wenn das nicht möglich ist, weil der Gegner besser ist, dann wollen wir zumindest das Beste rausholen.“ Das Beste ist aber gleichgesetzt mit dem Viertelfinaleinzug. Nur dann wäre das olympische Turnier für sie erfolgreich verlaufen. „Denn ohne Erfolg wird es nicht als positives Erlebnis im Gedächtnis bleiben“, ist sie sich sicher.

Vorfreude auf die Atmosphäre

Abseits der Platte freuen sich die drei Spielerinnen der HB Ludwigsburg – und nicht nur sie – darauf, die Atmosphäre im olympischen Dorf und an spielfreien Tagen in den olympischen Sportstätten aufzusaugen. „Wir sind zwar schon Teamsportler und wissen, wie es ist, in einer Mannschaft zusammen zu sein“, berichtet Döll. „Aber im Team Deutschland Deutschland zu vertreten, ist noch mal etwas Besonderes. Das ist ein schönes Gefühl, in so einer großen Menge verschiedener Athleten Deutschland repräsentieren zu dürfen.

Die DHB-Linksaußen sagt zwar von sich, dass sie „kein Fan-Girl“ sei. Dennoch wird Döll dem deutschen Weitsprung-Star Malaika Mihambo Hallo sagen, wenn sie die Heidelbergerin trifft. „Mein Mann Jan war mit Malaika Mihambo auf der Schule. Da achtet man schon mal drauf, weil es eine Verbindung gibt“, erzählt Döll.

Behrend freut sich dagegen vor allem auf die Basketballer – insbesondere auf das US-amerikanische Dream Team um LeBron James, Stephen Curry und Kevin Durant – sowie auf den einen oder anderen Leichtathleten. „Sicherlich wird es den einen oder anderen Fan-Moment geben. Man trifft die Besten der Besten“, sagt sie. „Aber wichtig ist, dass man nicht den Fokus verliert und sich von dem ablenken lässt, was drumherum passiert.“

Das olympische Frauenhandball-Turnier

Bei den Olympischen Spielen in Paris kämpfen zwölf Mannschaften in zwei Sechsergruppen um die Viertelfinalplätze. Deutschland muss also nur zwei Teams hinter sich lassen. Leichte Gegner gibt es im olympischen Turnier aber nicht. Die Auswahl des Deutschen Handball Bunds (DHB) bekommt es in der Gruppe A an diesem Donnerstag (16 Uhr) mit Südkorea, am 28. Juli (14 Uhr) mit dem WM-Vierten von 2023, Schweden, am 30. Juli (9 Uhr) mit Slowenien, am 1. August (19 Uhr) mit dem WM-Dritten Dänemark sowie am 3. August (19 Uhr) mit dem Vizeweltmeister Norwegen zu tun.

In der anderen Gruppe kämpfen in der französischen Hauptstadt der Weltmeister Frankreich, der Panamerika-Meister Brasilien, der WM-Fünfte von 2023, die Niederlande, Spanien, Ungarn und Angola um eines der vier Viertelfinaltickets. In der Runde der besten acht werden dann über Kreuz Erster gegen Vierter und Zweiter gegen Dritter die beiden Halbfinalisten ausgespielt.

Große Bedeutung für Deutschland wird direkt das Auftaktmatch gegen Südkorea haben. „Wir sind noch nicht so stabil. Man sieht noch Auf- und Ab-Phasen“, berichtet Bundestrainer Markus Gaugisch. „Dazu kommt mit Südkorea ein Gegner, bei dem man die Spielerinnen nicht kennt.“ Und Linksaußen Antje Döll von der HB Ludwigsburg ergänzt: „Die Südkoreanerinnen hätte ich lieber zum Ende der Vorrunde gehabt, weil sie erfahrungsgemäß mit den Kräften nachlassen. Slowenien müssen wir auch schlagen. Und im besten Fall schaffen wir ein, zwei Überraschungen, um sicher im Viertelfinale zu stehen.“  

 
 
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