Die 23-jährige Rana Hamadi fliegt nach Beirut „Ich möchte in Beirut helfen“

Von Rena Weiss
Die 23-jährige  Rana Hamadi fliegt in ihrem Urlaub nach Beirut, um beim Wiederaufbau der libanesischen Hauptstadt mitzuhelfen. Explosionen zerstörten dort die Hafengegend. ⇥ Foto: Martin Kalb

Rana Hamadi traf es schwer, als sie von der Explosion im Hafen Beiruts erfahren hatte. Am Sonntag fliegt sie in den Libanon um zu helfen.

Über die Sozialen Medien verbreiteten sich am 4. August dieses Jahres zahlreiche Videos von zwei  starken Explosionen in der libanesischen Hauptstadt Beirut (die BZ berichtete). 2750 Tonnen Ammoniumnitrat sind nach Angaben der libanesischen Regierung der Grund für die verheerenden Explosionen. Das Material sei seit sechs Jahren ohne Vorsichtsmaßnahmen in einem Lager im Hafen von Beirut gelagert worden, sagte der libanesische Regierungschef Hassan Diab noch am Abend des Dienstagabends nach Angaben eines Sprechers in Beirut. Die Detonation tötete mehr als 170 Menschen, mehr als 6500 Menschen wurden verletzt.

Einer der Verletzten ist Rana Hamadis Cousin. Die 23-Jährige arbeitet bei einem Frisör in Sachsenheim, ihre Familie kommt aus Beirut, wo ein Teil der Familie noch lebt. So auch ihr Cousin, der zum Zeitpunkt der Explosion am Hafen arbeitete. Sein ganzer Körper ist übersät mit Schnittwunden durch umherfliegende  Glassplitter. Lange erreichte die Familie ihn nicht und wusste nicht, ob er noch lebte. So ging es vielen Familien.

Über Facebook davon erfahren

„Ich habe über Facebook von der Explosion erfahren und direkt meiner Familie geschrieben“, sagt die Friseurin über den 4. August. Wenn Hamadi die Bilder von der zerstörten Hafengegend sieht, dann kommen Erinnerungen hoch, wie sie selbst schon dort war. „Es gibt eine Stelle, dort sind Treppen, an denen man wunderschöne Bilder machen konnte“, sagt sie. Jetzt liegt dieser Ort in Trümmern. „Als ich diesen Ort sah und dort nun alles kaputt und zerstört ist, fing ich an zu weinen.“ Einen Tag später entschloss sich die 23-Jährige, in ihre zweite Heimat zu reisen und zu helfen. „Ich kann hier nicht in Deutschland sitzen und nichts tun, während es den Menschen dort schlecht geht.“

Rana Hamadi kontaktierte einen weiteren Cousin, der in Beirut beim Roten Kreuz arbeitet. Gemeinsam wollen sie Menschen mit sogenannten CARE-Paketen helfen und Blut spenden. „Viele meiner Freunde und Verwandten dort wollen ebenfalls Blut spenden.“ Am Sonntag fliegt sie nach Beirut und wird dort zwei Wochen sein. „Ich bin gespannt, wie es für mich sein wird und habe etwas Angst davor“, sagt Hamadi über die Zustände vor Ort. Denn durch die schwere der Explosion sind auch zwei Wochen später die Aufräumarbeiten noch voll in Gange. Viele Menschen sind obdachlos und haben alles verloren. Daher haben sich Hamadis Eltern kurzerhand entschlossen, ihre Wohnung in Beirut, die nicht von der Explosion betroffen war, eine obdachlose Familie dort wohnen zu lassen. Auch dafür fliegt Rana Hamadi nach Beirut.

„Meine Eltern haben etwas Angst um mich, auch wegen den Schadstoffen, die in der Luft sein sollen“, sagt die Friseurin, „aber jeden Tag motiviere ich mich mehr, dort zu helfen. Ich kann es einfach nicht mit ansehen.“ Das liege auch daran, dass sie mit eigenen Augen sehen möchte, wohin beispielsweise ihr Trinkgeld der letzten Wochen hinkomme. Denn viele Menschen zweifeln daran, ob die Regierung die aktuellen Spenden, auch wirklich für die Menschen und den Wiederaufbau nutze, berichtet Hamadi von der Stimmung im Land. Nach der Explosion kam es zu Protesten und die bereits vorhandene Wut und Kritik an der Regierung von Hassan Diab wuchs. Der Ministerpräsident erklärte schließlich seinen Rücktritt, seine Regierung bleibt nun nur noch übergangsweise im Amt. Auch deswegen haben Rana Hamadis Eltern Angst, ihre Tochter gehen zu lassen. Denn Freunde und Familie in Deutschland befürchten einen möglichen Bürgerkrieg.

„Egal was passiert, ich werde fliegen“, sagt Hamadi bestimmt, „die Menschen haben alles verloren und halten dennoch zusammen. Jeder hilft dem anderen.“ Davon möchte sie ein Teil sein. „Ich möchte helfen, und sei es nur, dass ich manchen ein Lächeln ins Gesicht zauber.“

 
 
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