Die Bissinger Firma manövriert sich durch die Corona-Krise „Wir sind dem Standort verbunden“

Von Rena Weiss
Seit 1938 besteht das Bissinger Traditionsunternehmen. Mittlerweile ist es international aufgestellt, mit mehr als 60 Vertriebspartnern in rund 50 Ländern.⇥ Foto: Martin Kalb

Seit mehr als 80 Jahren gibt es die Firma Suco in Bietigheim-Bissingen und das soll auch so bleiben, sagen die Geschäftsführer Marcell Kempf und Peter Stabel.

Amazon, Hewlett-Packard, die Walt Disney Company, Apple und Google, diese Unternehmen haben alle etwas gemeinsam: Sie wurden in Garagen gegründet und sind nun Weltmarktführer in ihren Bereichen. Doch für solche Erfolgsgeschichten muss man nicht in die USA reisen, da reicht ein Blick nach Bietigheim-Bissingen. Das Unternehmen Suco Robert Scheuffele GmbH & Co. KG fing ebenfalls als Ein-Mann-Betrieb in einer Garage an. Robert Scheuffele gründete 1938 eine Mechanikerwerkstatt in Bietigheim-Bissingen, die sich heute zu einem international aufgestellten Unternehmen entwickelt hat mit knapp 160 Mitarbeitern am Standort Bietigheim-Bissingen und 230 weltweit.

Dabei hat das Unternehmen bereits einige Krisen miterlebt und überlebt. Kurz nach Gründung brach der Zweite Weltkrieg aus, 2008 dann die Weltfinanzkrise und in diesem Jahr stand Suco, wie der Rest der Welt, vor einer ganz neuen Herausforderung, der Corona-Pandemie. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute Robert Scheuffele zusammen mit Georg Fuhrmann die Firma mit zunächst nur wenigen Mitarbeitern auf. „Das Unternehmen hat sich zunächst auf die Antriebstechnik mit Schwerpunkt Fliehkrafttechnologie spezialisiert“, sagt Peter Stabel, Kaufmännischer Geschäftsführer. Anfang der 1960er-Jahre entwickelte Suco dann auch Druckschalter für die Automobilindustrie.

Schwerpunkt
Drucküberwachung

„Mitte der 1970er-Jahre hat man aber den Schwerpunkt verändert, weil man nicht der typische Automobilzulieferer, sondern breiter aufgestellt für die Industrie sein wollte“, erklärt Stabel. Daraus entstand eine ganze Serie mechanischer Druckschalter, die dazu geführt haben, dass der Bereich Drucküberwachung die Führungsrolle übernommen hat. „Und zwar bis heute“, ergänzt Stabel. „Drucküberwachungsprodukte werden in vielen mobilen Arbeitsgeräten eingesetzt“, erklärt Marcell Kempf, Technischer Geschäftsführer. In jeder Baumaschine seien solche Produkte verbaut, in der Land- und Forstwirtschaft, in Zügen, in Bussen und sogar Beatmungsgeräten. Mit dieser breiten Aufstellung knackte das Unternehmen um 1985 die 100 Mitarbeiter-Marke. Neben der mechanischen Drucküberwachung erlangte zunehmend auch die elektronische Relevanz.

Doch damit nicht genug: Das Unternehmen stehe kurz vor der Serienreife einer neuartigen Produktlinie eines Drucktransmitters, der in Großserie neue Marktbereiche erschließen soll. Dazu wurde im Unternehmen Platz geschaffen, um halb-automatische bis automatische Fertigungslinien zu schaffen, um diese Großserie herstellen zu können. Doch die Corona-Pandemie verlangsamte diesen Prozess um rund sechs Monate und obwohl das Produkt nun marktreif ist, brachte die Pandemie ein weiteres Problem mit sich. „Wir sind jetzt vermarktungsreif, können aber nicht zu unseren Schlüsselkunden reisen, um die Projekte zu besprechen“, sagt Stabel. Doch die Geschäftsführer sind zuversichtlich, dass der Transmitter der nächste Schritt in die Zukunft für das Unternehmen ist. Durch die stetige Weiterentwicklung der Produkte und die internationale Ausrichtung habe es die Suco Firmengruppe in den letzten 20 Jahren geschafft, die Mitarbeiter-Anzahl fast zu verdoppeln und den Umsatz nahezu zu verdreifachen, sagt Peter Stabel, der 1996 ins Unternehmen kam.

So entwickelte sich die anfängliche Garage zu einer Firma auf einer Fläche von rund 10 000 Quadratmetern. „Wir sind hier durchaus begrenzt“, spricht Stabel den Platzmangel in dem Gewerbe-Mischgebiet an. „Insofern haben wir auch spürbare Auflagen zu berücksichtigen, wenn wir bauliche Maßnahmen vorhaben.“ Allerdings halte die Firma noch eine Erweiterungsfläche bereit, sodass am Standort Bietigheim-Bissingen festgehalten werden kann. „Das ist den beiden Familien auch wichtig. Die Familien fühlen sich sowohl dem Unternehmen, als auch dem Standort sehr verbunden.“ Daraus entstehe auch die Anforderung, in der Stadt so zu produzieren, dass die Produkte preiswert weltweit vermarktbar sind, erklärt Marcell Kempf und ergänzt, dass eben nicht in Billigländern produziert werden soll. 1953 bezog die Suco GmbH das Firmengelände in der Keplerstraße.

„Man darf jedoch nicht außer Acht lassen, dass die tariflichen und politischen Rahmenbedingungen es den Unternehmen nicht leicht machen, einen Standort in Süddeutschland erfolgreich in der weltweiten Konkurrenz zu halten“, sagt Stabel und Kempf ergänzt: „Zum Norden hin gibt es ein deutliches tarifpolitisches Entgeltgefälle.“ Doch auch die Verkehrspolitik sei industriefeindlich. Hier würde sich Peter Stabel wünschen, dass neben dem Umweltschutz, die Industrie und deren Logistik nicht vergessen werde. „Es muss alles in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden. Aus ideologischen Gründen wird jedoch ein sehr starker Fokus auf eine Seite gelegt und die andere wird fast komplett vernachlässigt.“ Der 61-Jährige nennt als Beispiel die mangelnden oder zu kleinen Rastplätze für Lkw-Fahrer. Dennoch gibt es für die Gesellschafter-Familien und damit auch für das Unternehmen keine Alternative für Bietigheim-Bissingen und Deutschland. „Für uns ist wichtig, diesen Standort für die Zukunft aufzustellen.“ Dabei sollen auch Strategieworkshops helfen, die Stabel, Kempf und ihre Mitarbeiter bereits seit Monaten besuchen, um Suco für die Zukunft aufzustellen.

Deutlich weniger Aufträge eingegangen

Umstellen musste sich die Firma auch durch die Pandemie. „Wir hatten ab April einen deutlichen Auftragseingangsrückgang, der bei uns, wie bei vielen anderen auch, zur Kurzarbeit geführt hat.“ Auch eine Woche Betriebsschließung war Teil der Maßnahmen, um das Unternehmen durch diese Zeit zu führen, sagt Stabel und lobt dabei die Mitarbeiter, die flexibel reagierten. „Leider sehen wir noch nicht ein Licht am Ende des Tunnels“, verdeutlicht er jedoch die Konsequenzen der Pandemie. Als gesundes Unternehmen werde ein Jahr Pandemie Suco nicht kaputtmachen, aber zwei bis vier Jahre hätten auch bei dem Bietigheim-Bissinger Unternehmen schwere Folgen. „Wir werden dieses Jahr rund 20 Prozent weniger Umsatz haben.“ Doch Arbeitsplatzqualität und -sicherheit habe allerhöchste Priorität. „Für uns gilt das Prinzip, betriebsbedingt wird nicht gekündigt“, betont Peter Stabel und ergänzt, dass dies schon seit der Gründung gelte.

 
 
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