Offenburg wirkt nach, auch am Montagabend im Bürgersaal des Ditzinger Rathauses. Der Ausschuss für Finanzen, Kultur und Soziales befasst sich mit den Jahresberichten der Schulsozialarbeiter. Wie in jedem Jahr. Und doch ist einiges anders an diesem Abend, wenige Tage nach dem tödlichen Angriff auf einen Schüler in einer Offenburger Schule; mehrere Tage auch nach Überfällen auf zwei Netto-Märkte in Ditzingen. Zwei junge Männer sitzen in Untersuchungshaft.
Ditzingen Vom Wert der Schulsozialarbeit
In ihren Jahresberichten legen die Schulsozialarbeiter Rechenschaft ab. Die Stadträte nehmen die Berichte zu Kenntnis. In diesem Jahr aber verknüpfen die Kommunalpolitiker diese mit einer Forderung.
Präventiver Charakter der Schulsozialarbeit
Rangeleien auf dem Schulhof, Streitereien, die geschlichtet werden müssen - solche Dinge passierten, sagte Wolfgang Gommel (CDU). „Aber je früher man anfängt, desto besser ist es“, hob er auf die Bedeutung der Schulsozialarbeit ab. Er warb dafür, genau hinzuschauen, auch auf die Zahl der Fälle, die an das Jugendamt gemeldet würden, um letztlich beispielsweise kein Gruppen- oder Bandenproblem zu bekommen, „bis hin zu den Netto-Überfällen. Da schließt sich der Kreis, warum ihre Arbeit so immanent wichtig ist“, sagte er in Richtung der Vertreter der Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz.
Deutlich wurde in der Aussprache auch, dass die Schulsozialarbeiter jeweils für sich unterwegs seien und alleine arbeiteten, aber zugleich vernetzt seien – mit ihren Kollegen , mit der Schulgemeinschaft, mit Behörden und Trägern unterschiedlichster Hilfsangebote. Sie berieten zudem Pädagogen und Eltern. Mütter oder Väter kämen allerdings erst, wenn sie die Schulsozialarbeiter kennen würden. „Die Schulsozialarbeit lebt von der Langfristigkeit der Beratungen und Beziehungen“, sagte der Vertreter der Caritas. Die Stadt finanziert knapp sechs Vollzeitstellen, das Land trägt 25 Prozent der Kosten.
In der Aussprache argumentierte die SPD-Fraktionschefin Sabine Roth in einer ähnlichen Richtung wie zuvor der Christdemokrat Wolfgang Gommel. „Wir wissen alle, was für eine wertvolle Arbeit Sie leisten“ , sagte die Sozialdemokratin. Allerdings fehle ihr im Bericht die Reflexion. „Wo sind die Grenzen, was funktioniert gut, gibt es Entwicklungen an der Schule, bei denen man genauer hinschauen muss, gibt es einen Bodensatz für Entwicklungen?“ Sie hätte sich gewünscht, dass in den Berichten stärker auf diese Fragestellungen eingegangen würde.
Nicht immer geht es um die Finanzierung
Ulrike Sautter (Grüne) hob speziell auf das Angebot ab. Das Angebot sei breit, sagte die Stadträtin. Aber angesichts der politischen Lage würde sie im kommenden Schuljahr dafür plädieren, Toleranzworkshops an den Schulen anzubieten, um alle Religionen anzusprechen. „Dies ist viel wichtiger als andere Projekte“. Wenn man dies im Religionsunterricht mache, seien dort keine Moslems beteiligt. Die Caritas erklärte, dass es dies mit den Respektcoaches schon gebe. „Aber der Bund hat dafür die Mittel gekürzt.“
Nicht wegen der Finanzierung, sondern der Personalsituation kam dieses Schuljahr ein anderes Projekt nicht zustande, nachdem sich Wolf-Dieter Karle (FDP) erkundigt hatte. Ein Projekt zur Selbstbehauptung gebe es nur für Mädchen, nicht aber für Jungs, monierte er. Die Antwort der Caritas-Vertreterin kam prompt: „Das muss ein Mann machen.“ Nur dann sei ein solches Projekt für Jungen auch zielführend.
Immer wieder Thema bei den Schülern: Soziale Verhaltensauffälligkeiten und familiäre Probleme. Beispielsweise wurden an der Heimerdinger Grundschule 63 Kinder beraten, auch mehrfach. An der Theodor-Heuglin-Grundschule, ein anderes Beispiel, waren im vergangenen Schuljahr 132 Beratungsgespräche geführt worden, zehn Kinder wurden gar über einen längeren Zeitraum begleitet. Der Bedarf an Schulsozialarbeit ist unabhängig von der Schulart: 52 Kinder und Jugendliche wurden am Gymnasium unterstützt.