Ehrenamt in Bönnigheim „Ich kann vom Ehrenamt nicht lassen“

Von Gabriele Szczegulski
Anita Ereth ist Vorsitzende des neuen Hospizvereins Bönnigheim, der die ehrenamtliche Hospizarbeit organisiert. Foto: /Oliver Bürkle

Anita Ereth engagiert sich seit ihrer Jugend für andere, in den vergangenen Jahren vor allem für die Hospizbetreuung. Jetzt ist sie Vorsitzende des neuen Hospizvereins.

Schon als Kind, so sagt die Bönnigheimerin Anita Ereth, habe sie mitbekommen, wie wichtig es sei, dass sich Menschen in einer Gemeinschaft gegenseitig helfen und unterstützen. Aufgewachsen in dem kleinen Dorf Hof und Lembach, einem Stadtteil von Großbottwar, „war es für mich normal, dass man sich wie in einer Großfamilie fühlte, alle fühlten sich füreinander verantwortlich“, so die 64-Jährige. Der Grundstein, diese Erfahrung in ehrenamtliche Tätigkeiten umzusetzen, war gelegt.

Das Ehrenamt wurde zum Hauptamt

Seit 37 Jahren wohnt Ereth nun in Bönnigheim und in der Stadt ist sie bekannt dafür, mit anzupacken – anfangs in Mutter-Kind-Gruppen, bei Kleiderbörsen und später in der Nachbarschaftshilfe. „Für mich muss das Ehrenamt aber immer einen praktischen Sinn haben.“ So kam es dazu, dass sie sich in der Sozialstation Bönnigheim engagierte und dann auch die Leitung der Nachbarschaftshilfe hauptamtlich übernahm, obwohl sie von Beruf Fremdsprachenkorrespondentin ist. Sie absolvierte nebenher ein Studium als Sozialwirtin.

„Dann gab es eine Zäsur“: Ihre beiden Eltern starben kurz hintereinander ganz plötzlich. „Ich fiel in ein Loch, fühlte mich hilflos, fand kaum moralische Unterstützung.“ Sie fand Hilfe in der Sozialstation Bönnigheim, machte eine Ausbildung als ehrenamtliche Hospizbegleiterin – zuerst nur, um sich selbst mit dem Thema auseinanderzusetzen, aber dann schloss sie sich dem Hospizdienst an und leitete ihn bald. Neun Jahre machte sie das. „Dann hörte ich auf, dachte, ich muss mal was für mich machen.“

Ereth schloss eine Ausbildung als Ethikberaterin ab, machte sich selbstständig. Seit damals gibt sie ihr Wissen zu Sterben, Tod und Trauer in den „Letzte-Hilfe-Kursen“ weiter (die BZ berichtete). „Mir geht es im ehrenamtlichen Bereich um die Bildung von sogenannten sorgenden Gemeinschaften, die sich umeinander kümmern, und die Netzwerke bilden“, sagt Ehret. Ihre Trauerarbeit brachte sie wieder zum Ehrenamt. „Ich kann vom Ehrenamt nicht lassen.“

Sie sah in Bönnigheim und den umliegenden Orten die Notwendigkeit, die ehrenamtliche Hospizarbeit zu bündeln und initiierte den ambulanten Hospizverein Neckar-Stromberg, der am 1. Januar nächsten Jahres seinen Dienst aufnimmt und die Sterbebegleitung organisiert. Ehret ist die Vorsitzende des neuen Hospizvereins.

Das Ehrenamt ist eine Win-Win-Situation

„Heute gibt es keine Großfamilie mehr, deren Mitglieder sich umeinander kümmern. Wir müssen unser Netzwerk selbst schaffen“, sagt sie. Gerade beim Sterben sei es wichtig, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und am Ende des Lebens füreinander da zu sein. „Keiner sollte alleine sterben“, sagt sie.

Für Anita Ereth ist das Ehrenamt eine Win-Win-Situation. Nicht nur den Menschen, die sie unterstützt, werde dadurch geholfen, „auch ich profitiere von den Erlebnissen und Erfahrungen“.

Der Ambulante Hospizdienst Neckar-Stromberg

Seit Anfang Dezember ist der Ambulante Hospizdienst Neckar-Stromberg ein eingetragener Verein. Der Verein trägt, organisiert und finanziert ab 1. Januar die ehrenamtliche ambulante Hospizbetreuung im nördlichen Landkreis. Seither übernahmen diese Aufgabe die Sozialstation Bönnigheim und die Diakoniestation Besigheim sowie verschiedene Hospizgruppen in den Ortschaften. Zum Einsatzgebiet gehören Bönnigheim, Besigheim, Erligheim, Kirchheim, Mundelsheim, Hessigheim, Ottmarsheim, Gemmrigheim, Walheim, Löchgau und Freudental. Durch die Zentralisierung entstehen größere Einheiten, die ehrenamtlichen Sterbebegleiter können besser koordiniert werden. Die eigenständige Struktur erlaubt auch, dass sich der Verein selbst trägt.

Anita Ehret initiierte die Gründung, um die Arbeit der Hospizgruppen zu bündeln. Ehret ist auch Vorsitzende des Vereins. Es gibt eine 50-Prozent-Stelle, die die Arbeit und den Einsatz koordiniert. Dafür wurde Julia Mattick, die bisher bei der Sozialstation Bönnigheim angestellt war, engagiert. Patricia Mecheels ist die ehrenamtliche Stellvertreterin der Koordinatorin, Dr. Marc Müller ist stellvertretender Vereinsvorsitzender. Desweiteren sind Birgit Strenger, Hubert Kleiner und Dr. Barbara Wirth im Vorstand. Mitglieder im Verein können Privatpersonen sein, sind aber auch die Diakonie- und Sozialstationen der Orte, sowie private und öffentliche Pflegedienste. „Jede Mitgliedschaft ist eine Unterstützung für unseren Verein“, sagt Ereth. Das Büro des Vereins befindet sich ab Januar in der Schillerstraße 15 in Bönnigheim. Die Koordinatorin wird einmal im Monat in den Mitgliedsorten zur Beratung sein. Die Finanzierung der Hospizarbeit, die von 15 ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen getragen wird, trägt der Verein durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Ein Teil der Kosten wird refinanziert durch die Krankenkassen.

Die BZ-Aktion Menschen in Not wird den Verein im Rahmen ihrer Weihnachtsaktion finanziell mit einer Spende unterstützen.

 
 
- Anzeige -