Ein ehemals Korntal-Münchinger in Bangladesch Die Grausamkeit hinter dem schönen Bild

Von Franziska Kleiner
Angehörige der Volksgruppe der Santal bemalen häufig ihre Häuser mit floralen Ornamenten. Den Kindern bietet das Lehmhaus Schutz beim Spiel. Foto: Pern Images/Noor Ahmed Gelal

Mit farbenfrohen Motiven gibt Fotograf Noor Ahmed Gelal Einblicke in seine Heimat Bangladesch. Der ehemalige Korntal-Münchinger Peter Dietzel hat die Texte dazu verfasst.

Korntal-Münchingen - Mit großen Augen und offenem Blick schaut die Frau in die Kamera. Ein kräftiges Hellblau ihrer Kleidung kontrastiert das wettergegerbte Gesicht der zierlichen Person, deren Alter schwer zu schätzen ist. Sie lehnt am Herd, der in einer Wellblechhütte steht. Die rechte Hand hat sie auf einen Kürbis gelegt, der zigfach größer als ihre Hand breit ist. Neben dem großformatigen Foto steht ein kurzer Text, ein Zitat von ihr: „Diese Kürbissorte hält sich zwei Jahre. Wenn ich bei der nächsten Flut nicht aus dem Haus kann, koche ich daraus leckeren Curry.“

Auswirkungen des Klimawandels

Das Foto von Noor Ahmed Gelal ist Teil des Buches „Wir – leben mitten am Rand von Bangladesch“. Den Titel versinnbildlicht ein anderes Bild: eine Gruppe, Kinder und Erwachsene, steht in traditionellen, farbigen Gewändern in einer Reihe entlang des Flussufers. Der Uferrand, so scheint es, ist frisch gebrochen. Daneben heißt es: „Der Klimawandel führt zu stärkeren Monsunregen als früher. Die Lebensgrundlage entlang der Flüsse südlich des Himalayas wird immer brüchiger.“

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Die Texte zu den Bildern hat Peter Dietzel verantwortet. Der frühere Korntal-Münchinger war viele Jahre Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation „Netz. Partnership for Development and Justice“. Seit kurzem arbeitet der 62-Jährige als Friedensfachkraft in Nepal. Gleichwohl ist jetzt der Bildband erschienen, der die ländlichen Regionen im Nordwesten Bangladeschs zeigt. Das Buch entstand als Alternative zu einer zunächst geplanten Ausstellung. Nachdem Corona Veranstaltungen unmöglich machte, entstand die Idee zum Buch.

Bilder sind international zu sehen

Noor Ahmed Gelal, 1977 in Bangladesch geboren, hat seine Fotografien bereits in mehreren Ländern gezeigt, in Deutschland, Frankreich, Taiwan zum Beispiel, sie waren im Guardian abgedruckt. Die im Buch gezeigten Bilder seien auf mehreren Reisen in einem Zeitraum von drei Jahren entstanden, heißt es im Vorwort des Buches. Noor Ahmed Gelal fängt dabei stets den Augenblick ein. „Vordergründig sind sie schön“, sagt Dietzel, „das ist seine Bildsprache“. Erst auf den zweiten Blick, beim Lesen des Bildtextes, bei der Auseinandersetzung mit dem aktuellen Geschehen im Land, erschließt sich dem Betrachter die ganze Dimension. „Zerstörung und Schmerz sind Teil der Geschichte“, sagt Dietzel. Ihn selbst berührt immer wieder die „Kraft der inneren Würde, mit der sich die Menschen dem Unrecht entgegenstellen.“

Das Buch zeigt Bilder aus dem Alltag, von Dorfversammlungen, auf denen besprochen wird, welcher Haushalt am dringendsten Unterstützung benötigt. Es zeigt Frauen, die auf der Flucht vor dem Wasser 20 Mal umziehen mussten, es gibt Einblick in den Viehmarkt, der längst nicht mehr nur Sache der Männer ist – und es zeigt viele lachende Kinder.

 
 
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