Ein Schnapsbrenner in Bietigheim-Bissingen Die feinen Aromen schmecken

Von Claudia Mocek
Seit fünf Jahren brennt Carsten Majer in Bietigheim-Bissingen Schnaps. Für die BZ befüllte er seine Brennerei mit der Quittenmaische eines Kunden. Foto: Martin Kalb

Birnen, Quitten und wilde Pflaumen: Seit fünf Jahren brennt Carsten Majer in Bietigheim-Bissingen heimisches Obst zu Schnaps. Rund drei Stunden dauert es, bis die Maische zu Alkohol destilliert ist. Von Oktober bis Ende Januar gibt es für den Brenner im Nebenerwerb viel zu tun. 

Carsten Majer hat die Quittenmaische schon in die Brennblase aus Kupfer gefüllt. Zu der vergorenen Obstmasse gibt er Wasser und zündet die Scheite aus Buchenholz an, die er in der Brennerei aufgeschichtet hat. „Das Holz hat einen guten Brennwert und damit lässt sich die Temperatur gut halten“, erklärt er und schaltet das Rührwerk an, das die Maische durchmischt. Nach und nach erwärmt sich das Wasserbad und sorgt dafür, dass die Maische zu verdampfen beginnt.

Die Idee, selber Schnaps zu brennen, ist am Stammtisch entstanden, erzählt Majer. Der Küfermeister und Seniorchef des Burghofs, Gerhard Volz, suchte einen Nachfolger für seine Brennerei in Bietigheim. „Weil Gerhard Volz schon für meinen Opa gebrannt hat“ und Majer mit seiner Frau Elke und Tochter Luna quasi gegenüber im alten Pfarrhaus wohnt, wurde aus einem Spaß Ernst. Der 48-jährige IT-Spezialist belegte einen einwöchigen Kurs an der Uni Hohenheim .

Das Feuer in der Brennerei bringt das Wasser zum Kochen, der Maischedampf steigt langsam in dem breiten Edelstahlrohr über der Brennblase auf. Er kondensiert und tropft auf die drei filterähnlichen Glockenböden zurück. Bei dem Vorgang werden Wasser und Alkohol, aber auch die Aromastoffe vom Destillat getrennt.

Vermutlich schon um 1000 nach Christus wurden Branntweine durch Destillation erzeugt. Bis Ende 2017 war das Brennrecht in Deutschland an ein Haus gebunden. Seit dem Fall des Branntweinmonopols kann jeder das Brennrecht erwerben, der über drei Hektar Streuobst oder 1,4 Hektar Erwerbsobst verfügt. Carsten Majer besitzt nicht nur Streuobstwiesen, sondern auch einen Weinberg auf der Lug. Er übernahm die Brennerei von Volz im Nebenerwerb.

Anmeldung per Post

Früher stand die Schnapsmenge im Vordergrund, erinnert sich Volz. Da musste es kratzen im Hals. Mittlerweile wollen die Kunden die feinen Aromen schmecken. „Heute muss man mit Qualität punkten“, ist Majer überzeugt. Quitten-, Apfel- und Zirbartenschnaps sind nur einige Sorten, die er als „Pfarrhausgeischtle“anbietet.

Doch Majer kann die Brennerei nicht nach Lust und Laune anfeuern. Fünf Werktage vor jedem Brennvorgang muss er per Post beim Hauptzollamt in Stuttgart eine Genehmigung beantragen – mit genauen Angaben darüber, was und wann gebrannt werden soll. Er muss Buch führen und bei Kontrollen belegen können, welche Alkoholmengen er gebrannt hat. Auch der Wirtschaftskontrolldienst prüft die Arbeit der Kleinbrenner regelmäßig. Rund drei Stunden dauert der Brennvorgang im Schnitt, um aus der Maische den Alkohol zu gewinnen. Als das Thermostat 78,4 Grad Celsius anzeigt, fließt der Destillatdampf durch ein so genanntes Geistrohr und wird durch kaltes Wasser gekühlt. Der Dampf kondensiert und verwandelt sich in ein flüssiges Destillat.

In einem Messbecher fängt Majer die klare Flüssigkeit auf, hält einen Finger darunter und riecht daran. Der so genannte Vorlauf verströmt einen scharfen Geruch wie Klebstoff. Er enthält unter anderem giftiges Methanol und darf nicht getrunken werden. Wenn etwas vom Vorlauf in den gebrannten Alkohol gelangen würde, wäre er auch geschmacklich verdorben. Immer wieder verdünnt Majer einen Schluck vom Vorlauf mit Wasser, schwenkt das Glas, riecht daran. Schließlich probiert er einen Schluck und spuckt ihn aus. Erst wenn es nicht mehr scharf schmeckt und im Hals kratzt, läuft der Mittellauf aus dem Rohr. Er schmeckt nach reifen Quitten.

Vier bis fünf Liter reiner Alkohol lässt sich pro Brennvorgang gewinnen. Was als Quittenmaische in einer blauen Tonne begann, weist nun rund 70 Volumenprozent auf. Am Ende läuft noch der Nachlauf aus dem Rohr, den Majer wieder in Messbechern auffängt. Auch hier riecht und probiert er immer wieder. Die große Kunst besteht darin, keine Aromen zu verschwenden.

Der reine Alkohol wird nun noch verdünnt und gekühlt. Anschließend soll er mindestens ein Jahr lagern, empfiehlt der Schnapsbrenner. Die Stoffbesitzer, so werden diejenigen genannt, die Majer die gegorene Maische anliefern, erhalten den Alkohol in Glasballons. Brennt er sein eigenes Obst, hilft Elke Majer beim Abfüllen des „Pfarrhausgeischtles“.

Die Qualität des Schnapses hängt vor allem von der des Obstes ab, erklärt Majer. Es darf nichts Verfaultes darunter sein und die Gärung sollte nicht länger als vier bis sechs Wochen dauern. Dann muss zügig gebrannt werden. Vor allem zwischen Oktober und Januar nehmen viele Streuobstbesitzer seinen Dienst in Anspruch. 85 Euro kostet das Brennen bei ihm.

Aronia- und Vogelbeeren

Neben Äpfeln und Birnen hat Majer auch schon Aroniabeeren gebrannt. In Kürze möchte er aus Vogelbeeren einen Schnaps herstellen. Das Destillat sollte man immer bei Zimmertemperatur lagern, empfiehlt er, und vor dem Trinken zehn Minuten ziehen lassen – „dann entfalten sich die Aromen noch mehr“.

Rund 500 Flaschen Schnaps stellt er pro Jahr her. Darüber hinaus auch noch rund 700 Flaschen Wein sowie Weinbrand und Gin. Wenn er beim jährlichen Spätlingsmarkt für seine Produkte ausgezeichnet wird, „bin ich schon stolz auf die gute Leistung“, gibt er zu.

Trinkt jemand, der sich so viel mit Alkohol beschäftigt auch viel? „Ich bin nicht abstinent“, sagt Majer, aber am Schnapsbrennen reizt ihn vor allem das Handwerk und das gute Ergebnis. Wenn er seine Brennerei in Betrieb nimmt, steht für ihn der Einsatz für die heimischen Streuobstwiesen im Vordergrund.

www.pfarrhausgeischtle.de

 
 
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