Eine Ludwigsburger Krankenpflegerin ist sauer. „Alle Mitarbeiter sollten eine Covid-Prämie bekommen“

Von Heidi Vogelhuber
Die Notaufnahme am Ludwigsburger Klinikum. Obwohl auch hier der Kontakt zu Corona-Infizierten zum Alltag gehört, galt die Notaufnahme nicht als Covid-Einheit. Das Pflegepersonal erhielt also keine Covid-Prämie. ⇥ Foto: Martin Kalb

Eine Mitarbeiterin des Ludwigsburger Klinikums ist sauer. Fehlende Wert­schätzung, unverständliche Prämien-Regelungen, Halbwahrheiten.

Die wenigsten Covid-Patienten landen auf der Intensivstation. Aber niemand spricht darüber, dass sie auch überall sonst sind“, sagt eine Krankenpflegerin, die im Ludwigsburger Klinikum arbeitet. Der Frau reicht es. Immer gehe es nur um die Intensivstation. Dass die Belastung in anderen Abteilungen zum Teil noch höher sei, darüber rede keiner.

Sieben Stationen hätten regelmäßig mit Covid-Patienten zu tun. Nicht alle gelten jedoch als sogenannte Covid-Einheit. „Diese Mitarbeiter sind einem höheren Risiko ausgesetzt als auf der Intensivstation, denn sie wissen nicht, wann sie Covid-Kontakt haben und tragen keine dementsprechende Schutzkleidung“, sagt sie.

Abstriche werden vermieden

„Viele Mitarbeiter waren positiv, zeigten aber keine Symptome und arbeiteten weiter“, so die Krankenpflegerin, die im November selbst an Covid erkrankt war. Habe man einen positiven Test, müsse man natürlich zu Hause bleiben. „Man hat dann ein richtig schlechtes Gewissen, seine Kollegen und Patienten im Stich zu lassen“, erklärt sie, sagt aber auch: „Ich bin froh um jeden Kollegen, der zu Hause bleibt, wenn er krank ist. Nicht nur wegen der Möglichkeit, sich anzustecken. Auch, weil dann die personelle Unterbesetzung sichtbar wird.“ Denn: „Eigentlich arbeitet niemand mehr in seinem Bereich. Laufend wurden Stationen wegen Covid geschlossen und die Mitarbeiter auf andere Stationen geschickt“, berichtet die Krankenschwester. Das erwecke den Anschein, dass die Stationen nicht unterbesetzt seien. „Die Leute müssen eingelernt werden. Viele haben keine Ahnung, wie es auf der Intensivstation oder in der Notaufnahme zugeht. Das ist anfangs eher eine Belastung als eine Erleichterung.“ Man müsse auch bedenken, dass sich diejenigen, die in solchen Abteilungen arbeiten, dafür entschieden hätten. Manche könnten mit dem Stress nicht umgehen.

Was die Klinik-Mitarbeiterin jedoch am meisten verärgere, sei die fehlende Wertschätzung. „Alle sollten eine Covid-Prämie bekommen. Alle arbeiten schwerer.“ Mitarbeiter der Seuchen-Station oder der Notaufnahme seien bei der ersten Prämien-Runde gar nicht bedacht worden. „Diese Stationen waren nicht als Covid-Einheit gelistet“, berichtet sie. Schwestern, die an Covid erkrankten, hätten keine Prämie bekommen, da sie ja nicht in Covid-Einheiten arbeiteten. Die Gründe dafür hätten die Mitarbeiter nicht verstanden.

„Die Informationen zu den Corona-Prämien wurden von der Abteilung Personal und dem Betriebsrat bekannt gegeben“, erklärt Alexander Tsongas, Pressesprecher der RKH Kliniken, auf Nachfrage der BZ. Er räumt aber ein, dass anfangs Unklarheit herrschte unter der Belegschaft, jedoch seien die Infos jederzeit einsehbar via Intranet, Mitarbeiter-App und Papier-Newsletter des Betriebsrats (siehe auch Infobox).

Maßnahmen zur Wertschätzung

Tsongas versichert außerdem, dass die Wertschätzung der Kliniken-Mitarbeiter, insbesondere des Pflegedienstes, durch mehrere Maßnahmen erfolge. Durch Videobotschaften, persönliche Gespräche und „durch Besuche vor Ort haben die Geschäftsführung und die Referentin Pflege den Mitarbeitern ihre Wertschätzung zum Ausdruck gebracht, haben Probleme, Wünsche und Fragestellungen vor Ort aufgegriffen“, so Tsongas. Auch sei ein Entlastungstelefon eingerichtet worden und für Mitarbeiter der Covid-Bereiche Lieferdienste, Obst und Eis gesponsert worden.

„Es gibt kleine Momente, die einem viel geben. Aber das wiegt nicht alles auf. Wir machen den Job aus Überzeugung, aber so wie wir behandelt werden, geht’s nicht weiter“, sagt die Krankenschwester. Sie und viele ihrer Kollegen fühlten sich keineswegs gewertschätzt. Weder durch den Arbeitgeber noch durch die Patienten. Trotz des Einsatzes stünden Beleidigungen von Patienten auf der Tagesordnung. „Aber Danke für’s Klatschen“, kann sie sich nicht verkneifen.

 
 
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