Eine Serie über Familien, die sportlich aktiv sind Kaufmann-Schwestern haben viel von ihren Eltern gelernt

Von Jan Simecek
Alexandra Kaufmann und ihre Schwester zählen zu den größten Tischtennis-Talenten. Foto: Joaquim Ferreira via www.imago-images.de

Annett und Alexandra Kaufmann aus Bietigheim-Bissingen zählen zu den hoffnungsvollsten Tischtennis-Talenten in Deutschland.

Ohne Ehrenamt geht im Amateursport wenig bis nichts. Was im Profisport oft ein ganzes Heer an bezahlten Betreuern erledigt, schaffen bei den Hobbysportlern zumeist Enthusiasten, die für ihren Verein, ihren Sport leben. Damit das Privatleben nicht zu sehr darunter leidet, sind auch immer wieder ganze Familien im Einsatz. In unregelmäßigen Abständen wollen wir den Blick auf diese im lokalen Sport aktiven Familien richten. Im zweiten Teil der Serie richtet die BZ den Blick auf die Bietigheim-Bissinger Familie Kaufmann, die aus einem ehemaligen Eishockey-Profi, einer ehemaligen Skirennläuferin und zwei der hoffnungsvollsten deutschen Tischtennis-Talente besteht.

Der Beruf von Vater Andrej Kaufmann war im Prinzip schuld daran, dass zwei der größten Tischtennis-Talente Deutschlands überhaupt an der grünen Platte aktiv wurden. Seit 1998 war der in Kasachstan geborene mittlerweile 44-Jährige in Deutschland aktiv. Ab 2001 wechselte der Verein jährlich – bei Eishockeyspielern keine Seltenheit. „Wir sind oft umgezogen. Da findet man nicht immer gleich Freunde“ erzählt Mutter Anna Kaufmann. „Ich habe dann immer nach Möglichkeiten gesucht, wo die Kinder schnell Kontakt zu anderen Kindern bekommen und das ist eben im Sportverein der Fall“, erzählt die Mutter, die selbst unter ihrem Mädchennamen Korsunowa als Skirennläuferin im Leistungssport aktiv war. 2008 kam die Familie schließlich nach Bietigheim-Bissingen. Andrej wurde gleich auf Anhieb mit den Steelers deutscher Zweitliga-Meister.

Im Freibad spielen

Ein Glücksfall für den Tischtennissport war, dass Anna eine Broschüre über das Sommerferienprogramm in die Hand bekam. „Der TTC Bietigheim-Bissingen hat da Tischtennis angeboten. Das fand ich nicht schlecht. Ich habe gedacht, das kann man im Freibad gut spielen“, sagt die Mutter der beiden Talente. Um durchstarten zu können, musste aber erst noch entschieden werden, ob die Familie weiterhin auf Eishockey-Wanderschaft geht, oder an Metter und Enz sesshaft wird. Sie entschied sich für Letzteres. „Das war für unsere Kinder natürlich viel einfacher, um sich weiterzuentwickeln, weil wir beim TTC auch in einem Verein waren, der dies ermöglichte“, sagt Anna Kaufmann.

„Die Mädchen waren auch gleich mit Begeisterung dabei. „Bei mir war eigentlich von Anfang an klar, dass ich beim Tischtennis bleiben möchte, weil auch viele aus meiner Klassenstufe im Verein waren.“ Man habe sich dann besser kennengelernt und auch mal außerhalb des Sports etwas zusammen unternommen, erzählt Alexandra Kaufmann. Ihre Schwester Annett war zu Beginn gerade einmal fünf Jahre alt, wollte aber stets ihrer größeren Schwester nacheifern. „Ich war immer dabei und es hat mir Spaß gemacht zuzuschauen. Dann habe ich es selbst probiert, und das hat mir auch Spaß gemacht“, berichtet die 13-Jährige, Top-12-Ranglistensiegerin ihrer Altersklasse. „Meine Schwester war immer mein Vorbild. Deshalb habe ich immer versucht, so gut zu werden wie sie.“

Mittlerweile hat Annett aber auf die Altersklasse bezogen, ihre ältere Schwester überholt. Seit ihrem Ranglistensieg ist die 13-Jährige die Nummer Eins in Deutschland. Im direkten Duell glaubt sie aber immer noch, den Kürzeren zu ziehen. „Wir haben schon lange nicht mehr gegeneinander gespielt. Aber mein Ziel ist immer noch, so gut wie sie zu werden. Das letzte Mal hat sie gewonnen“, sagt Annett. „Aber auch nur knapp“, wirft Alexandra ein.

Rechte Hand von Evelyn Simon

Die 18-Jährige hofft, dass durch den Coronavirus die Deutschen Meisterschaften der U 18 nicht ganz abgesagt werden. „Ich hatte mir da einen schönen Abschluss in meinem letzten Jahr gewünscht“, sagt die Abiturientin. Doch das nächste Ziel nach der Hochschulreife hat sie auch schon vor Augen. „Ich mache dann ein freiwilliges soziales Jahr bei Landestrainerin Evelyn Simon. Ich bin dann ihre rechte Hand und trainiere die Kinder im Stützpunkt – insbesondere vielleicht auch ab und zu die Annett“, sagt sie schmunzelnd.

Beide halten sich derzeit weitgehend alleine fit. „Die nächsten fünf Wochen können sie nirgends an die Platte. Aber die Mädchen haben bei mir und ihrem Vater gesehen, dass tägliches Training wie ein ganz normaler Job ist. So schauen sie selbstständig, was sie für Athletik oder Kondition tun können“, berichtet ihre Mutter. Und das, obwohl eigentlich nie das Ziel war, aus den beiden Leistungssportlerinnen zu machen. So muss nun aber die Mutter immer die vielen Termine im Griff haben. „Ich bin froh, dass mir mein Mann den Rücken freihält, um mich so um die Mädchen zu kümmern. Außerdem hilft es, dass ich als Springer im Kindergarten arbeite und mir da die Zeit weitgehend frei einteilen kann“, erzählt Anna Kaufmann. So kann sie Annett weiterhin begleiten, die die Spitze im deutschen Frauen-Tischtennis und die Nationalmannschaft fest im Visier hat.

 
 
- Anzeige -