Eishockey An Form und Fitness feilen

Von Jan Simecek
Direkter Ansprechpartner: Steelers-Schlussmann Stephon Williams (rechts) spricht mit Torwart-Trainer Andrew Hare verschiedene Situationen durch.⇥ Foto: Jan Simecek

Unter der Woche sind die Profis der Bietigheim Steelers bei den Übungseinheiten voll gefordert. Die BZ hat bei einer Trainingseinheit vorbeigeschaut.

Ein paar Spieler liegen auf Yogamatten am Boden und arbeiten mit Gewichten. Einige andere stehen oder knien daneben und denen sich. Der größte Teil sitzt auf Spinningrädern und strampelt sich die Beine locker. Fabian Wolbert sitzt in der Ecke, beobachtet alles, überträgt nebenbei Fragebogen in eine Exceltabelle und steht als Ansprechpartner bereit. Er ist für die Fitness des Eishockey-Zweitligisten Bietigheim Steelers verantwortlich. Doch eigentlich überlässt er es hauptsächlich den Spielern, richtig zu trainieren. „Es ist wichtig, den Spielern Vertrauen zu schenken. Sie brauchen auch oft eine gewisse Routine, um sich wohlzufühlen Wenn man ihnen da vertraut, zahlen sie einem das ebenfalls mit Vertrauen zurück“, so Wolbert.

Die körperliche Leistungsfähigkeit ist das höchste Gut eines Sportlers, besonders in einer Kontaktsportart wie Eishockey. Da kann durch den Gegenspieler schon so viel passieren, dass man selbst verursachte Muskel-, Sehnen- oder Bänderverletzungen möglichst durch gutes Training zu vermeiden versucht. „Die Spieler wissen am besten, was für sie gut ist. Manch einer, der weiß, dass er wenig Eiszeit bekommen wird macht sogar am Tag vor dem Spiel noch ein komplettes Kraft-Workout“, berichtet der Fitnesstrainer. Er schaut nur dass die Werte stimmen und gibt dann Anregungen, wo noch etwas getan werden muss. „Ich habe einen kompletten Überblick bei jedem Spieler über die muskulären und hormonellen Werte und das zentrale Nervensystem“, verrät Wolbert. Dazu kommt im laufenden Trainings- und Spielbetrieb ein Pulsmonitoring, sodass einer Überlastung vorgebeugt werden kann.

Besuch vom Geschäftsführer

Mitten beim Warm-Up im Fitnessraum schaut auch Steelers- Geschäftsführer Volker Schoch herein. Die Begrüßung ist herzlich. Der eine oder andere Spieler umarmt ihn sogar. Ein Verhältnis, wie man es üblicherweise nicht zwischen Angestellten und dem obersten Boss kennt. „Wenn irgendwo der Schuh drückt, sitzt aber auch mal ein Spieler am Samstagnachmittag bei mir in Ochsenbach auf der Couch zum Kaffee. Wir wollen, dass es den Spielern gut geht und versuchen deshalb Probleme möglichst auf dem kleinen Dienstweg aus dem Weg zu räumen“, erzählt Schoch. So war die Mannschaft auch in den Trainerwechsel von Hugo Boisvert zu Marc St. Jean eingebunden. „Ich rede heute noch täglich mit Hugo. Wir sind Freunde. Wir wollten alle nicht, dass es so läuft“, verrät St. Jean.

Er hat Powerplay-Besprechung, während sich das Team fürs Eistraining warmmacht, ist also einerseits auch darauf angewiesen, dass die Spieler selbständig arbeiten und andererseits Spezialisten da sind, die ihnen da unter die Arme greifen. „Wir haben Fabian zu den besten Schulungen geschickt. Und wir sind auch froh, dass wir mit Andrew Hare einen Spezialisten für unsere Torhüter haben. Wir sind der einzige Klub in der DEL2, der so komplett aufgestellt ist“, verrät Schoch. „Nur wer einmal selbst zwischen den Pfosten gestanden hat, weiß was es heißt, Torhüter zu sein“, ergänzt St. Jean.

Wie wichtig Hare für die Torhüter Stephon Williams und Cody Brenner ist, zeigt sich dann beim Eistraining. Vor allem Williams bespricht sich immer wieder mit dem Mann, der 2018 mit dem SC Riessersee das Finale gegen die Steelers verlor. Er spielt immer wieder Szenen durch, lässt sich Ratschläge geben. Überhaupt basiert hier viel auf Eigeninitiative. St. Jean muss nur ganz wenige Anweisungen geben. An diesem Tag wird hauptsächlich Powerplay trainiert. Und obwohl manche Spieler weit über eine Minute auf dem Eis stehen, steigt kaum ein Wert auf dem Pulsmonitor auf über 95. Bei 90 beginnt der rote Bereich. Schon nach wenigen Sekunden Ruhe sind aber auch schon wieder alle unter 90. Das liegt nicht daran, dass sie sich nicht anstrengen, sondern dass sie extrem fit sind. Trotzdem wird hier und da gescherzt, wenn einer so gar nicht in den roten Bereich kommt, dass er es etwas locker angehen würde.

Überhaupt ist die Stimmung gut. „Nur dadurch haben wir es über die schwere Zeit geschafft“, verrät Kapitän Nikolai Goc. Obwohl er bereits eine erfolgreiche Karriere hinter sich hat, hat er einen solchen Zusammenhalt noch nicht erlebt und geht deshalb gerne mit dem „C“ auf der Brust voran. Am Anfang musste er sich allerdings erst daran gewöhnen, war in Mannheim als siebter Verteidiger kaum noch zum Zuge gekommen, und kannte ja auch noch niemanden im Team. Inzwischen ist aber eine verschworene Gemeinschaft aus den Steelers geworden, die, wenn es in der kommenden Saison um den Aufstieg in die DEL geht, möglichst nur noch punktuell verändert werden soll. „Vielleicht müssen wir bei den Ausländern aktiv werden, falls Matt McKnight aufhört, um seine Tochter in Kanada einzuschulen. Oder vielleicht will es doch der eine oder andere junge Spieler in der DEL versuchen“, sagt Schoch.

Mit Feuereifer dabei

Genau das war von Anfang an das Ziel: Diese Mannschaft so weiterzuentwickeln, dass sie im nächsten Jahr um den Titel mitspielen kann. Dazu versucht man, im Hintergrund die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen, und man ist auch stolz darauf, dass der Fitnesszustand so gut ist, „dass wir noch keine einzige Verletzung ohne Fremdeinwirkung hatten“, so Fitnesstrainer Wolbert. Und auch spielerisch hat sich einiges getan, auch wenn es beim 1:5 in Kaufbeuren zuletzt wieder einen Rückschlag gab. Die Mannschaft ist aber mit Feuereifer dabei, was sich beispielsweise auch bei der Abschlussübung zeigt, in der es darum geht, wer am Ende öfter getroffen hat. Der Sieger, das Team Weiß, freut sich diebisch, es Team Schwarz gezeigt zu haben.

 
 
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