Energie im Landkreis Ludwigsburg Solarfelder sind noch die Ausnahme

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Bislang einzigartig im Kreis und darüber hinaus: die Solarthermie am Römerhügel in Ludwigsburg. Foto: Oliver Bürkle

Land, Kreis und Kommunen wollen die Nutzung von Solarenergie forcieren, auch auf Freiflächen. Aus Sicht der Landwirtschaft kommt dafür aber momentan kein Ackerland in Frage.

Das Land Baden-Württemberg hat sich zum Ziel gesetzt, beim Ausbau erneuerbarer Energien schneller voranzukommen. Mit Blick auf die Solarenergie setzt man nicht nur auf Solarmodule auf Dächern, sondern nimmt auch Freiflächen in den Blick. Laut Klimaschutzgesetz sollen zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie und Freiflächenphotovoltaik ausgewiesen werden. Mit der seit März 2022 gestarteten Planungsoffensive der Regionalverbände sollen die Regionalpläne bis 2025 aktualisiert werden, um dafür ausreichend Flächen zur Verfügung stellen. Wie der Blick auf den Landkreis Ludwigsburg zeigt, müsste für eine Umsetzung aber noch vieles geschehen.

Kommunen sind zuständig

Wie Markus Klohr, der Pressesprecher des Landratsamts Ludwigsburg, auf Anfrage mitteilt, ist die Nutzung des Potenzials von solaren Freiflächen eine der Maßnahmen des integrierten Klimaschutzkonzeptes des Landkreises Ludwigsburg aus dem Jahr 2015. Das betreffe die Prüfung und Förderung von Photovoltaik (PV)- und Solarwärmeanlagen. Mit Ersteren wird Strom produziert, Letztere erzeugen solare Nahwärme. Die Umsetzung erfolgte bisher jedoch hauptsächlich in der Zuständigkeit der Kreiskommunen, so Klohr.

Laut Energieatlas Baden-Württemberg gibt es im Kreis Ludwigsburg neun Photovoltaik-Freiflächenanlagen mit einer installierten Leistung von 320 KW. Die Daten stammen allerdings von 2018, könnten also veraltet sein. Ein Überblick der Solarthermieanlagen liegt dem Landratsamt laut Klohr derzeit nicht vor.

Immerhin: In Ludwigsburg auf dem Römerhügel steht laut den Stadtwerken Ludwigsburg-Kornwestheim mit rund neun Megawatt (MW) Spitzenleistung und rund 14  800 Quadratmetern Kollektorfläche die größte Anlage Deutschlands. Sie wurde im Rahmen des Modellprojekts „SolarHeatGrid“ in Kooperation der Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim und der Stadt Ludwigsburg im Jahr 2020 gebaut und in das bestehende Fernwärmenetz integriert.

Bietigheim-Bissingen prüft

Laut Klohr erwägen derzeit einzelne Kommunen im Kreis die Einrichtung von Solarthermie- oder Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Auch in Bietigheim-Bissingen würden großflächige Installationen untersucht, teilt Pressesprecherin Anette Hochmuth auf Anfrage mit. Entschieden sei derzeit aber noch nichts. Darüber hinaus prüfe die Stadt zusammen mit den Stadtwerken alle Möglichkeiten zur Installation von Solaranlagen auf Dächern städtischer Liegenschaften. Einiges sei auch bereits in der Umsetzung. „Der Ausbau von solaren Energiegewinnungsanlagen wird auch in Bietigheim-Bissingen ein wichtiges Thema bleiben“, versichert Hochmuth. Der Landkreis selbst will sein Klimaschutzkonzept im Jahr 2023 fortschreiben. „Dabei werden die Maßnahmen den neuen selbst gesteckten und vom Land vorgegebenen Klimaschutzzielen angepasst“, sagt Markus Klohr.

Hohe Flächenkonkurrenz

Dass man im Kreis – mit Ausnahme der Vorzeigeanlage auf dem Römerhügel – noch nicht weiter ist, liegt nach Aussage des Sprechers an der hohen Flächenkonkurrenz mit anderen Belangen, zum Beispiel aus der Landwirtschaft oder dem Naturschutz. Das stelle ein Problem für den Ausbau von Freiflächensolaranlagen dar. Im Landkreis gibt es zudem keine benachteiligten Gebiete (siehe Infokasten), man ist also auf Konversionsflächen und Standorte an Autobahn und Schiene angewiesen.

Für eine Genehmigung seien meist ausgewiesene Flächen im Bebauungsplan notwendig. Klohr: „Die eher zögerliche Flächenausweisung für derartige Anlagen war mit einer der Gründe für den geringen Anteil an Zuschlägen von PV-Ausschreibungen in Baden-Württemberg.“ Zudem habe es bis Mai 2022 durch die Freiflächenöffnungsverordnung (FFÖ-VO) eine landesspezifische Zuschlagsgrenze von 100 Megawatt gegeben. Inzwischen wurde diese auf 500 Megawatt angehoben.

Korridore erhöht

„Auch manche Rahmenbedingungen des Erneuerbaren Energien-Gesetzes haben den Ausbau bis zur aktuellen Novelle 2022 eingeschränkt. Dies waren zum Beispiel zu enge Abstandskorridore für Anlagen entlang von Autobahnen oder Schienenwegen“, weiß man im Landratsamt. Hier sei der Korridor nun von 200 auf 500 Meter erhöht worden. Auch könnten jetzt Anlagenklassen wie zum Beispiel„Agri-PV-Anlagen“ am Ausschreibungsverfahren teilnehmen. Zahlen, wie hoch das Potenzial für Freiflächen aus PV und Solarthermie im Kreis ist, liegen laut Klohr derzeit nicht vor. Für Stefan Kerner, den Vorsitzenden des Bauernverbands Heilbronn-Ludwigsburg, ist bei der Frage, warum man im Kreis Ludwigsburg bislang nicht mehr Solarfelder sieht, ein entscheidender Faktor, „dass wir im Raum Ludwigsburg weitestgehend hochwertige und fruchtbare Böden vorfinden“.

Zudem stehe die landwirtschaftliche Nutzfläche ständig in Konkurrenz mit Infrastruktur, etwa für Gewerbegebiete. Und: „Der Ursprungsgedanke eines Landwirtes, die um ihn liegende Gesellschaft zu ernähren, kommt wieder in den Vordergrund.“

Eine Rolle spiele zudem der Sachverhalt, dass der Kreis Ludwigsburg ein Realteilungsgebiet sei. Das habe zur Folge, „dass wir sehr kleine Strukturen haben und der Landwirt oft nicht der Eigentümer seiner Flächen ist“.

Agrivoltaik als Zukunftsmodell?

Solaranlagen auf der freien Fläche sieht Kerner für Landwirte im Kreis daher kritisch. Vielleicht sei die sogenannte Agrivoltaik eine Chance, ein Verfahren zur gleichzeitigen Nutzung von Flächen für die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion und die PV-Stromproduktion. Diese sei jedoch erst im Aufbau und noch nicht marktreif. „Und natürlich ist der Wirtschaftlichkeitsfaktor eine wichtige Koordinate“, so Kerner.

„Wir sollten uns jedoch alle an der Nase fassen und zuerst sämtliche Industrie-, Park- und Privat-Dächer mit Photovoltaik belegen, bevor wir kostbares Ackerland in Angriff nehmen“, meint der Chef des Bauernverbands im Kreis Ludwigsburg.

Vergütung wird angehoben

Seit Ende Juli 2022
gilt das novellierte Erneuerbare Energien-Gesetz (EG) des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Laut einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie soll damit die Photovoltaik massiv ausgebaut werden. Der Bau regenerativer Anlagen werden zum „öffentlichen Interesse“ erklärt.

Die Vergütungssätze
wurden in dem neuen Gesetz angehoben. Volleinspeiseanlagen erhalten noch deutlich höhere Vergütungssätze.

Bis 2017
sah das Erneuerbare-Energien-Gesetz Solarparks im Wesentlichen auf Konversionsflächen und Seitenrandstreifen entlang von Autobahnen und Schienenwegen vor. Seit 7. März 2017 hat das Land Baden-Württemberg die Flächenkulisse für Solarparks um sogenannte „benachteiligte Gebiete“ auf Acker- und Grünlandflächen erweitert. Die bislang festgelegte Grenze von jährlich 100 Megawatt für Ausschreibungsanlagen in benachteiligten Gebieten wurde jüngst auf 500 Megawatt erhöht.

 
 
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