Enersol in Sachsenheim Die Sonnenkönige aus Schwaben

Von Claudia Mocek
Tobias Rau (links) und Markus Buck wollen künftig zu den Top-3-Firmen der Solarbranche in Deutschland gehören. Foto: /Oliver Bürkle

Die Geschichte der Firma Enersol beginnt nicht in einer Garage – aber in einer Einliegerwohnung. Im Februar vor neun Monaten hat Enersol seinen Sitz in den Eichwald nach Sachsenheim verlagert, mit nun 230 Mitarbeitern und einem Umsatz von rund 45 Millionen Euro.

Die Geschichte der Firma Enersol beginnt nicht in einer Garage – aber in einer Einliegerwohnung. Von Oberriexingen aus will Markus Buck 2008 Fotovoltaikanlagen vertreiben. Tobias Rau steigt zwei Monate später zunächst als Handelsvertreter mit ein. Beide wollen einen Beruf, der nachhaltig ist. Die kleine Firma wächst moderat, trotzt den Krisenjahren 2012/2013. Im Februar, vor neun Monaten, hat Enersol seinen Sitz in den Eichwald nach Sachsenheim verlagert, mit nun 230 Mitarbeitern und einem Umsatz von rund 45 Millionen Euro.

Das Katastrophenjahr

„2008 waren Fotovoltaikanlagen (PV) vor allem noch Kapitalanlagen“, sagt der 34-jährige Rau. Aber der eigene Verbrauch sei immer stärker ein Thema geworden. Daher habe sich die Firma, die bis 2015 als Buck Solar firmierte, auf Premium-Anlagen für Einfamilienhäuser konzentriert. Interessenten wollten Referenzprojekte sehen, die fehlten dem jungen Unternehmen aber noch. „Wir haben dann Bekannte, Verwandte und Freunde angeschrieben“, sagt Buck. Nach acht Wochen verkauften sie die erste 10 Kilowatt-Peak (kWp) Anlage für 40 000 Euro.

Früh bietet die Firma auch schon Stromspeicher mit an und stößt bei Pionieren der Energiewende auf Interesse. „Vor allem am Anfang haben wir viel dazu gelernt“, sagen Industriekaufmann Rau und der 42-jährige Einzelhandelskaufmann Buck. 2009 lag der Umsatz im zweiten Halbjahr bei rund 1,9 Millionen Euro. 2010 zog das Unternehmen nach Markgröningen in ein 400 Quadratmeter großes Büro.

2012 kam dann das Katastrophenjahr für die Branche: Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) regelte die Bundesregierung den Rahmen für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien neu, rückwirkend wurde die PV-Vergütung grundlegend verändert. „Dass man etwas tun musste, war klar, aber das Wie war falsch“, ist Rau überzeugt, denn: „Über Nacht wurde den Unternehmen die Existenzgrundlage entzogen.“

Nachfrage und Umsatz eingebrochen

Die Botschaft des EEG habe gelautet: Fotovoltaik lohnt sich nicht mehr. Die Nachfrage brach ebenso ein wie der Umsatz. Da auch die Preise für die Komponenten sanken, konnten Buck und Rau ihre Aufträge zunächst noch zu den gleichen Konditionen erfüllen. Mit 20 Mitarbeitern machte das Unternehmen 2012 und 2013 trotz Krise jeweils rund fünf Millionen Euro Umsatz. „Wir haben gedacht, wir sind unsterblich“, sagt Rau rückblickend, der 2013 Geschäftsführer wurde.

„Es war nichts mehr los“

Doch von der Hochstimmung war 2014 nichts mehr zu spüren: „Es war nichts mehr los“, der Umsatz sank auf 2,5 Millionen Euro. „Damit ging es uns noch gut, bei anderen ist der Umsatz um 90 Prozent eingebrochen“, sagt Rau. Enersol setzte Mitarbeiter frei, zog in kleinere Büros nach Vaihingen und verkaufte zusätzlich neue Produkte wie LED und Infrarot-Heizungen.

Die Geschäftsführer arbeiteten 15 Stunden pro Tag und an fast jedem Wochenende, doch der Umsatz sank weiter, auf 2,2 Millionen Euro. Die Talfahrt sollte bis 2016 andauern: „Da war es fünf vor zwölf“, sagt Rau. Erst 2017 sei endlich die Wende gekommen: Bauboom und Niedrigzinsen ließen die Nachfrage nach PV-Anlagen vor allem bei jüngeren Kunden um die 40 steigen. Stromspeicher waren nun keine Nischenprodukte mehr und Enersol ein Unternehmen mit vielen Erfahrungen in diesem Bereich. Das ließ sich auch bald an den Umsätzen ablesen: 6,7 Millionen Euro in 2018, 10 Millionen Euro in 2019.

Große Ziele

„Jetzt erst recht“, beschlossen Buck und Rau. Sie wollen in den nächsten Jahren zu den Top drei PV-Vertreibern in Deutschland gehören und, so ihre Vision, mit rund 1500 Mitarbeitern an 30 Standorten rund 30 000 Anlagen pro Jahr installieren. Angesichts der ehrgeizigen Ziele dachte Enersol 2019 darüber nach, sich der Sonnen Gruppe anzuschließen, einem Anbieter von Stromspeichern und Energiedienstleistungen.

Doch kurz darauf stieg Shell in die Gruppe ein. „Das hat unsere Entscheidung noch einmal infrage gestellt“, gibt Rau zu. Die Geschäftsführer banden ihre Mitarbeiter in die Entscheidung mit ein, „alle haben mitgezogen“, die Zusammenarbeit mit dem Ölmulti wurde als Chance angesehen.

Rückblickend bereuen die Geschäftsführer die Entscheidung nicht. Die Sonnen Gruppe habe damals keine Expertise im Endkundengeschäft gehabt, „wir können unsere Unternehmerschaft ausleben und profitieren vom Austausch“, sagt Rau.

20 Elektriker in Ausbildung

Der Umsatz stieg weiter: 14 Millionen Euro 2020, 19 Millionen Euro 2021. In diesem Jahr rechnet das Unternehmen, das derzeit mit 230 Mitarbeitern an neun Standorten vertreten ist, mit rund 45 Millionen Euro.

Um in Zukunft tatsächlich unter die Top drei zu kommen, wird in der Zentrale im Sachsenheimer Eichwald vorgesorgt: Mit einem Lager, das Material für die nächsten drei Monate vorhält, und mit einem Ausbildungszentrum. Hier lernen Mitarbeiter auf, an und in einem Übungshaus, wie die PV-Module, die vor allem aus Taiwan, Südkorea und Japan stammen, auf unterschiedlichen Dachformen installiert werden müssen, wie Leitungen verlegt und Speicher angeschlossen werden. „Elektriker sind gefragt“, sagt Buck. Daher will das Unternehmen künftig mindestens 20 Nachwuchskräfte darin ausbilden, eine davon wird seine Tochter sein.

Mit Blick auf die Zukunft des Unternehmens gibt sich Tobias Rau selbstbewusst: „Wir wären gerne die Sonnenkönige aus Schwaben“, sagt er und lacht.

 
 
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