Erfülltes Berufsleben einer Kinderärztin „Ich habe mich verwirklichen können“

Von Jürgen Kunz
Auf der Couch im heimischen Wohnzimmer erzählt Renate Mangelsdorf-Taxis von 31 Jahren als Bönnigheimer Kinderärztin. ⇥ Foto: Oliver Bürkle

Die Bönnigheimer Kinderärztin Renate Magelsdorf-Taxis geht heute in den Ruhestand. Im Gespräch mit der BZ blickt sie auf 31 erfüllte Berufsjahr zurück.

Nach mehr als 31 Jahren mit eigener Kinderarztpraxis in Bönnigheim beginnt Renate Mangelsdorf-Taxis heute einen neuen Lebensabschnitt. Viele persönliche Briefe von Eltern gingen in den letzten Wochen bei der 65-Jährigen ein. Zeugnisse, in denen ihr Engagement für die kleinen Patienten gewürdigt und geschätzt wird. „Ich habe mich verwirklichen können“, sagt die überaus beliebte Kinderärztin im BZ-Gespräch, und merkt an: „Da bin ich vielen Menschen, die mir geholfen haben, sehr dankbar.“

Die ideale Kinderärztin

„Hier war Bedarf, und es gab damals auch noch keine Niederlassungssperre“, erinnert sich Mangelsdorf-Taxis an den Beginn ihrer Kinderarztpraxis Ende der 1980er-Jahre in Bönnigheim. Zu dieser Zeit arbeitete sie an der Heilbronner Kinderklinik: „Mein Mann, der an der Bönnigheimer Schule war, hat mich überredet, dass ich die ideale Kinderärztin für Bönnigheim sei.“ Das Angebot vom damaligen Bürgermeister Gerd Kreiser, in einem eher baufälligen Haus am Köllesturm auf mehrere Stockwerke verteilt die Praxis einzurichten, war für Mangelsdorf-Taxis keine Option. In der ehemaligen Wohnung des Stadtapothekers am Marktplatz fand die Kinderärztin die passenden Räume für ihre neue Praxis. Mit Quartalsbeginn am 1. April 1989 war es dann soweit. „Es war also ein Aprilscherz“, sagt Mangeldorf-Taxis mit einem verschmitzten Lächeln. Sie hatte für ihre neue Praxis „ganz tolle Möbel entworfen“ und auch einen Möbelbauer beauftragt, der allerdings bis zur Eröffnung nicht fertig wurden. „Da hatte ich also eine Praxiseröffnung und stand ohne Möbel da. Das war ganz cool, das heißt eigentlich sehr peinlich“, lacht die die 65-Jährige. Dass die eigene Praxis die richtige Entscheidung war, zeigten dann die nackten Zahlen: 800 Patienten im ersten Quartal.

Insgesamt war 1999 ein bemerkenswertes Jahr für Renate Mangelsdorf-Taxis: „Innerhalb eines Jahres habe ich die Facharztprüfung gemacht, geheiratet und dann die eigene Praxis eröffnet, zack, zack, zack hintereinander weg.“ Innerhalb von drei Monaten, wie Ehemann Joachim Taxis ergänzt.

„Die Arbeit mit Kinder ist toll“, sagt Mangelsdorf-Taxis, die Tätigkeiten in der eigenen Praxis aber habe sich in den vergangenen 30 Jahren total verändert. „Was wir inzwischen mit Verwaltung zu tun hat, das ist unglaublich“, erklärt sie. Den Kontakt mit den kleinen Patienten, das ist es, was ihre Arbeit auszeichne. „Es ist einfach eine andere Medizin, als mit Erwachsenen“, sagt Mangelsdorf-Taxis: „Die Kinder sind ja weitgehend gesund, man kann Quatsch machen mit ihnen, man kann spielen.“ Es gebe einfach einen direkten Zugang zu den Kindern, ohne lange Vorgeschichte, nach der man forschen müsse. „Kinder sind viel klarer, viel ehrlicher und das macht Spaß“, konstatiert die gebürtige Fränkin.

Inzwischen bringen die früheren Kinder, nun als Eltern ihren Nachwuchs in die Praxis von Mangelsdorf-Taxis: „Das sind viele, das ist lustig, das ist süß.“ So ist die Praxis ständig größer geworden. Mehr als 20 Jahre, bis zum Tod von Dr. Maren Langer, hat sie bis 2014 gemeinsam mit der Kollegin die Bönnigheimer Kinderarztpraxis geleitet. Im gleichen Jahr haben die Besigheimer Kinderarztkollegen Jürgen Knirsch und Harald Riecker gefragt, ob sie nicht miteinander fusionieren sollten. „Das war meine Rettung“, so Mangelsdorf-Taxis, weil sie sonst ihre große Praxis allein hätte führen müssen. Letztendlich sei es inzwischen so, dass man Praxen nur über die Masse an Patienten wirtschaftlich führen könne, aber man müsse die Menschen auch versorgen: „Da kommt man an seine Grenzen.“ Andere Kollegen machen reihenweise ihre Praxen zu, weil sie keine Nachfolger finden, merkt sie an.

Viel geschaffen

Durchaus zufrieden ist die engagierte Kinderärztin auch mit dem, was sie über die eigene Praxis hinaus initiiert und geschaffen hat. So hat sie im Besigheimer FitKom eine Psycho-Motorik-Gruppe gegründet, für Kinder die in einer kleineren Gruppe eine qualifizierte Turnlehrerin brauchen. Da gehe es um „sehr viel Wahrnehmung“. Zwei Reha-Sportgruppen für Jugendliche im „Reha-Rondell“ in Brackenheim gehören zur Initiative von Mangelsdorf-Taxis, wo junge Menschen, die eher weniger sportlich sind, in einer Gruppentherapie unter anderem Übungen zur Rumpfmuskel- und Rückenkräftigung machen „Die gehen da inzwischen mit Begeisterung hin, und Erfolge sind erkennbar“, freut sich die Medizinerin. Darüber sei sie ein wenige stolz, dass sie dafür nach vielen Überlegungen einen Weg gefunden hat.

Sie ist beruhigt, dass sich ihre Praxis „mit einem super Mitarbeiterteam“ so etabliert hat, dass diese auch nach dem 31. Dezember im Rahmen der Kooperation weiter bestehen bleibt. Besonders freut sie sich, dass sie am heutigen Silvestertag, im Rahmen des monatlichen Notdienstes „als letzte Amtshandlung ihrer niedergelassene Tätigkeit ein Baby untersuchen wird.“

 
 
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