Erligheim Erste Verbindung von Ost und West

Von Jürgen Kunz
Im Juli 2015 wurde beim Erligheimer Bürgerfest bereits die 25 Jahre andauernde Gemeindefreundschaft zwischen Erligheim und Markersdorf gefeiert. Auf dem Foto von links: Gerhard Neumann (Altbürgermeister Markersdorf), Albert Leibold (Altbürgermeister Erligheim), Bürgermeister Rainer Schäuffele und der damalige Bürgermeister Thomas Knack von Markersdorf. In diesem Jahr steht nun das 25-jährige Partnerschaftsjubiläum in der Oberlausitz an.  Foto: Helmut Pangerl

Mit einer großen Delegation geht es im Oktober ins sächsische Markersdorf, um das 25-jährige Bestehen der kommunalen Partnerschaft zu feiern. Erligheim übernahm 1990 Vorreiterrolle.

Es ist ein langer gemeinsamer Weg den die Verwaltungen, Vereine, Kirchen und auch die Bürger von Erligheim und Markersdorf bisher gegangen sind. 1990, weniger als ein Jahr nach dem Mauerfall, begann zwischen Erligheim und dem sächsischen Markersdorf zunächst eine unterstützende Freundschaft und dann eine kommunale Partnerschaft. Deren 25-jähriges Bestehen wird vom 24. bis 26. Oktober mit einer großen Delegation aus der Weinbaugemeinde im Kreis in der Oberlausitz gefeiert.

Bereichernde Besuche

„Ich habe die Partnerschaft 2006 ,übernommen’“, sagt Bürgermeister Rainer Schäuffele gegenüber der BZ. Der Austausch und die gegenseitigen Besuche seien bereichernd und erweitern den Horizont. Schäuffele: „Persönlich habe ich mich mit dem früheren Kollegen Thomas Knack und seinem Nachfolger Silvio Renger immer gut verstanden. Wir beherbergen uns gegenseitig auch immer privat, das fördert einen intensiven freundschaftlichen Austausch.“

Die 25 Jahre andauernde Partnerschaft hat eine zehnjährige Vorgeschichte: Kurz nach dem Mauerfall besuchte der damalige Erligheimer Bürgermeister Albert Leibold seinen Amtskollegen Gerd Neumann in Sachsen. Mit einem Brief am 20. Juni 1990 hatte der damalige Ludwigsburger Landrat Dr. Ulrich Hartmann die Rolle des Vermittlers einer ungewöhnlichen „Brautschau“ übernommen. Sein Fahrer Manfred Neumann war ein gebürtiger Markersdorfer und der Brief des Landrats ging an vier Kreisgemeinden, die er um eine Kontaktaufnahme bat – zu einer ähnlich landwirtschaftlich strukturierten Kommune: Markersdorf, Kreis Görlitz, damals 1200 Einwohner.

Leibold reist nach Sachsen

„Der dortige Bürgermeister Gerhard Neumann interessiert sich für Orientierungen, Ratschläge zu EG-Hilfe, Landwirtschaft, Gewerbegebiete und Aufbau einer Gemeindeverwaltung?“, hieß es in dem Schreiben. Der Erligheimer Gemeinderat war bereit zu diesem Abenteuer und so reiste Bürgermeister Leibold am 1. November 1990 in die bisher hinter dem „eisernen Vorhang“ liegende Oberlausitz. Schnell entwickelte sich ein reger Austausch auf kommunaler Ebene ebenso wie durch persönliche Beziehungen.

Aus der anfänglichen Hilfestellung von West nach Ost war in rund einem Jahrzehnt eine Freundschaft zwischen den Erligheimer und Markersdorfer Bürgern gewachsen. Im Oktober 2000 machte sich eine 44-köpfigen Delegation aus Erligheim auf nach Sachsen. Nach einem herzlichen Empfang am Markersdorfer Rathaus durch Bürgermeister Gerhard Neumann wurde die Erligheimer Gemeindefahne gehisst. Im Mittelpunkt stand die Festansprache des damaligen Landrats Dieter Liebig vom neuen Kreis Görlitz – ein theologischer Vorkämpfer für die Einheitsbewegung. Er schilderte plastisch die Ereignisse unmittelbar vor und nach der Wende 1989.

Mehrere Zeitzeugen – auch der frühere Ludwigsburger Landrat Dr. Ulrich Hartmann war als Gast anwesend – sprachen aus ihrer Sicht über die Entwicklung von damals bis zum Jahr 2000. Einen glanzvollen Schlusspunkt setzten die Bürgermeister Gerhard Neumann und Albert Leibold: Beide unterzeichneten die Partnerschaftsurkunde. Ein Jahr später, am 14. Juli 2001, wurde in einer „Verschwisterungsfeier“ in Erligheim die Partnerschaftsurkunde gegengezeichnet. Eine 70-köpfige Gruppe aus Markersdorf war nach Erligheim gereist.

Es gebe zwar keinen Grenzzaun mehr zwischen Ost- und Westdeutschen, aber – so stellte Landrat Dr. Rainer Haas bei der Partnerschaftsfeier in Erligheim fest – in den Köpfen und Herzen der Menschen sei noch manches Hindernis wegzuräumen. „Hier im schwäbischen Erligheim und im sächsischen Markersdorf ist man damit offensichtlich ein gutes Stück weiter vorangekommen, als in manchen anderen Teilen unseres Landes.“ „Bedeutsam ist die Begegnung der Menschen“, so würdigte damalige Kultusministerin Dr. Annette Schavan die kommunale Partnerschaft in ihrem Grußwort an die Festgemeinde.

Wie hat sich die Partnerschaft in insgesamt 30 Jahren entwickelt? „Die Freiwillige Feuerwehr hat regelmäßige Kontakte, beim SKV war es früher zum LSV Friedersdorf intensiver, die evangelische Kirchengemeinde hatte bisher über Pfarrer Zuberer und Pfarrerin Döbler einen engen Kontakt, der nun von Privaten, wie dem Ehepaar Kientsch weiter besteht. Die Schwarzen Jäger 1799 gehen dieses Jahr mit einer großen Delegation mit. Hier besteht ein Kontakt zu den Bergschützen aus Jauernick“, erklärt Bürgermeister Schäuffele auf Nachfrage: „Wir Bürgermeister telefonieren mehrmals im Jahr zu verschieden Anlässen, tauschen uns auch über WhatsApp aus. Mein früherer Stellvertreter Joachim Obert hat einen sehr engen Kontakt nach Markersdorf, auch Axel Homma, zweiter stellvertretender Bürgermeister. Die meisten haben keinen oder kaum Kontakt. Von der aktuellen Verwaltung kennen nur Stefanie Bach und Renate Stahl Markersdorf. Sie waren auch schon mehrfach dort. Dieses Jahr möchten aber mehrere Neue mitfahren.“

Die Gemeindepartnerschaft sei wichtig für das gegenseitige Verständnis und das verbindende Miteinander von Ost und West, „insbesondere in der aktuellen Lage, denn die Wahlergebnisse in Erligheim und Markersdorf waren bei der Bundestagswahl am 23. Februar ja sehr unterschiedlich“, so Schäuffele. Im Wahlkreis Görlitz wurde mit 46,7 Prozent die AFD der Wahlgewinner, es folgten CDU (19,8 Prozent), BSW (9), Die Linke (7,7), SPD (6,4), und Grüne (3,4). Daher sei der Austausch teils verschiedener Betrachtungsweisen wichtig, meint der Erligheimer Bürgermeister.

Schäuffele: „Für die Erligheimerinnen und Erligheimer, die bereits in Markersdorf zu Besuch waren, hat die Partnerschaft einen höheren Stellenwert. Die anderen haben halt Kenntnis, dass es diese gibt. Es sind in den 25 Jahren viele Freundschaften mit vielen privaten Besuchen zustande gekommen.“ Auch in Erligheim werde das Jubiläum gefeiert, der Termin werde im Rahmen des Sport- und Kulturkreises mit den Vereinen und Organisationen im Herbst festgelegt.

 
 
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