Erster Coronafall im Südsee-Königreich Tonga Trauminsel setzt auf Isolation

Von Adrian Hoffmann
Julia Lambacher im tongaischen Hochzeitskleid mit ihrem Mann Sione Latuselu Hala‘api‘api. ⇥ Foto: Julia Lambacher

Julia Hala’api’api aus Bietigheim-Bissingen lebt im Südsee-Königreich Tonga. Die Pandemie ist erst vor Kurzem dort angekommen, da die Grenzen seit März 2020 geschlossen sind.

Julia Hala’api’api aus Bietigheim-Bissingen lebt seit einigen Jahren im Südsee-Königreich Tonga (die BZ berichtete). Die 37-jährige gebürtige Lambacher traf dort ihren Mann Sione mit dem sie eine Familie gründete. Lange blieb das Paradies von Corona verschont, Ende Oktober hat der tongaische Premierminister aber den ersten positiven Coronafall bekanntgegeben.

Frau Hala’api’api, wie fühlte sich das an, in einem Königreich zu leben, dass bis vor Kurzem null Infizierte hatte?

Julia Hala’api’api: Eigentlich hat sich für uns seit Bestehen der Pandemie nicht viel verändert. Tonga war lange eins der letzten drei Länder weltweit ohne Corona. Die Regierung hat die Grenzen geschlossen im März 2020. Darauf folgte eine Ausgangssperre, die wir auf der kleinen Insel Fafa Island verbracht haben, unser damaliger Arbeitsplatz und Zuhause. Wir hatten eine tolle Zeit mit Gemeinschaftsspielen am Strand, Aktivitäten für alle Angestellten.

Ihre Mutter ist 2020 mit nach Tonga geflogen und lebt jetzt dort seit fast zwei Jahren. Wollte sie anfangs nicht wieder zurück nach Bietigheim?

Ja, wollte sie. Meine Mutter Margit ist quasi zwangsgestrandet. Sie kam mit uns aus Deutschland nach Tonga – eigentlich für ein paar Wochen Urlaub. Und jetzt ist sie immernoch hier. Es ist aktuell unmöglich für sie, nach Hause zu fliegen. Sie hat sich damit abgefunden und wartet, bis das Reisen wieder möglich ist.

Sie waren ursprünglich als Managerin für ein Inselresort nach Tonga gegangen, doch Touristen gibt es jetzt wohl keine mehr?

Von 2017 bis 2020 habe ich das Inselresort Fafa Island gemanagt. Mit der Schließung der Grenzen sind aber natürlich seither keine Touristen mehr da. Schlimmer hat uns aber der gleich nach Grenzschließung wütende Zyklon TC Harold getroffen. Teile des Resorts sind komplett zerstört worden, und wir hatten keine Einnahmen durch Gäste. Das war sehr kritisch. Wir haben den Wiederaufbau mit den Angestellten toll gemeistert und das Resort ist fast komplett wiederaufgebaut. Aktuell leben wir von lokalen Touristen. Das ist auf Dauer nicht ausreichend.

Wie halten Sie sich über Wasser?

Um der Pandemie zu trotzen und unsere Familie finanziell zu sichern, habe ich Ende 2020 eine Consultant Firma gegründet und eine Pause vom Job als Inselmanagerin genommen. Meine Firma läuft gut und ist spezialisiert auf Management Consulting. Somit bin ich finanziell unabhängig vom Tourismus. Das Management der Resortinsel habe ich Mitte 2021 auch wieder übernommen.

Und was machen die tongaischen Tourismus-Angestellten jetzt?

Zyklone und Corona haben vielen Menschen das Einkommen oder die Existenz gekostet. Manche finden Arbeit in anderen Branchen, gehen in die Landwirtschaft oder gehen als Saisonarbeiter nach Neuseeland oder Australien. Viele sind arbeitslos.

Wie sieht Ihr Alltag aus?

Der ist sehr vielfältig und jeden Tag anders. Nach dem Aufstehen erstmal Hühner, Hunde und Schweine füttern. Dann bringe ich unsere älteste Tochter in den Kindergarten, die kleine Tochter bleibt mit meiner Mutter und ihrer Pflegekraft zuhause. Im Büro kümmere ich mich um die Ausarbeitung von Unterlagen für meine Klienten. Mails, Small Talk und Networking. In die Stadt Einkäufe erledigen und wieder nach Hause in den Busch. Am Wochenende sind wir immer auf der Insel Fafa.

Schwer vorzustellen, dass Menschen im Inselparadies Mund- und Nasenschutzmasken tragen.

Hier trägt keiner eine Maske. Warum auch?

Ist die Isolation für Tonga auch irgendwie positiv?

Da bin ich im Zwiespalt. Ich denke, dass die Isolation für den Familienzusammenhalt und das Eingrenzen der Kriminalität wie auch für die Natur einen Vorteil hat. Für die Wirtschaft jedoch ist es eine Katastrophe.

Bis mindestens März 2022 sollen die Grenzen geschlossen bleiben. Haben Sie Pläne für die Zeit danach?

Wir möchten gerne Familie und Freunde in Deutschland besuchen oder in Tonga empfangen.

Vielen Dank für das Gespräch.

 
 
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