EU fördert Versuchsanbau im Weinberg Innovation hilft den Steillagen

Von Michael Soltys
Die Organisatoren mit einem der Plakate, auf denen sie über ihr Projekt  „Steile Weine“ informieren (von links): Götz Reustle von der Felsengartenkellerei, Dietrich Rembold von den Lauffener Weingärtnern, die württembergische Weinkönigin Tamara Elbl und Wengerter Bernd Mittenmayer.⇥ Foto: Martin Kalb

Wengerter aus der Region testen den Anbau neuer hochwertiger Sorten in Weinbergen am mittleren Neckar. Die ersten Trauben sind geerntet.

Es war nur ein Eimer voll mit Weintrauben, den Wengerter Bernd Mittenmayer am Donnerstag in den Steillagen oberhalb von Lauffen präsentieren konnte. Doch er steht stellvertretend für ein Projekt, das den Weinbau am mittleren Neckar in den kommenden Jahren stark verändern könnte: Eine Gruppe von drei Weinbau-Genossenschaften und zwei privaten Winzern, unterstützt von Forschungseinrichtungen und Behörden, pflanzte 2019 Rebsorten in den Steillagen an, die bis dahin in der Region völlig unbekannt waren. Sie wollen testen, ob Teroldo, Montepulciano, Cabernet Sauvignon und andere Sorten für das Klima und die Böden der Region geeignet sind. Bernd Mittenmayer ist einer von etwa 15 Winzern, die ihre Weinberge dafür zur Verfügung gestellt haben, insgesamt etwa ein Hektar. Sie alle haben in diesem Herbst den ersten Jahrgang der „Steilen Weine“ geerntet, wie sich das Projekt nennt.

Oft ist es nicht mehr als gerade einmal ein Eimer, den die Winzer von den Sorten wie Montepulciano, Nero d’Avola oder Tannat lesen konnten. Trotzdem werden sie jetzt von Mitarbeitern der Lehr- und Versuchsanstalt im nahen Weinsberg in der traditionellen Maischegärung zu Wein verarbeitet. Das erläuterte Dietrich Rembold von den Lauffener Weingärtnern, der an der Spitze der Gruppe steht. Dafür werden Miniatur-Bottiche angeschafft, Rembold sprach von Schnellkochtöpfen. „Wir sind sehr gespannt auf das Ergebnis“, sagte er. Parallel dazu werden Mitarbeiter der Weinbau-Hochschule in Geisenheim zu Beginn des Jahres 2021 in den großen Städten Verkostungen anbieten und Verbraucher nach ihren Eindrücken befragen.

Ziel: Einheitliche Charakteristik

Die Zielrichtung ist klar: Die Steillage soll als Marke bei den Verbrauchern bekannt gemacht werden, erläuterte Rembold. Dazu brauche es eine einheitliche „Chrakteristik“ der Weine. Es gehe darum, eine attraktive Marke zu schaffen, die Interesse an den Produkten aus den Steillagen schafft und damit langfristig die Bewirtschaftung sichert. Oder wie es die württembergische Weinkönigin Tamara Elbl ausdrückte: „Die Menschen wollen ein Produkt mit Geschichte, Herkunft und Charakter.“

Ein „landestypischer Weinstil“ soll entstehen, der stärker als bisher auf den internationalen Geschmack von Verbrauchern zielt. Ein bedeutender Teil der Weinbau-Terrassen soll langfristig auf die neuen Sorten umgestellt werden, was auf Kosten des Trollingers gehen dürfte. Das ist keine Aufgabe für einen einzelnen Betrieb, machte Rembold deutlich: „Wir wollen das gemeinsam schaffen.“ Denn es droht die Vernachlässigung der steilen Weinberge, in denen die Bewirtschaftung mühsam und teuer ist.

Es sind die Praktiker, die das Forschungsvorhaben tragen, hob Dieter Blankenhorn hervor, der Leiter der Lehr- und Versuchsanstalt in Weinsberg. Es sei ein „grundlegender Ansatz“, der mit dem Projekt verfolgt werde, weil mehr als ein einfacher Test, ob beispielsweise eine einzelne Sorte Cabernet Sauvigon in die Steillage passt. Blakenhorn hofft, dass sich aus dem Projekt ein Branchennetzwerk entwickelt. „Neue Erkenntnisse treiben die Innovation voran“, sagte er.

Hinweistafeln mit QR-Code

Mit Hinweistafeln in den Weinbergen informieren die Wengerter über die neuen Rebsorten und die Ziele des Projekts. Über einen QR-Code können weitere Hinweise über den Standort und den Bewirtschafter abgerufen werden.

 
 
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