Fahrradkurs in Sachsenheim Mit dem Rad Gemeinschaft erleben

Von Helga Spannhake
Fünf Frauen lernten in Sachsenheim bei einem Fahrradkurs des Integrationsbeauftragten auf dem Schulhof der Eichwald-Realschule, sich auf dem Drahtesel wohl zu fühlen. Foto: /Martin Kalb

 Zusammen mit dem Kreisdiakonieverband Ludwigsburg hat der Sachsenheimer Integrationsbeauftragte Dr. Abdoul Issaka einen Fahrradkurs für Frauen organisiert.

In der Gruppe soll das verkehrssichere Radfahren von der Pike auf gelernt werden. Auf dem Schulhof der Eichwald-Realschule schwangen sich fünf Frauen in den Sattel.

Die Sonne lacht vom Himmel, während gleichzeitig ein kalter Wind über den Übungsplatz weht. Die Frauen im Alter von 23 bis 45 Jahre lassen sich davon nicht schrecken. In dicke Jacken gepackt, führen sie ihre Fahrräder korrekt auf der rechten Seite neben sich. Die Blicke von Helen, Jordanus, Natsnet, Qumri und Fatema richten sich auf Gabriele Fröhlich.

Die Fachbereichsleiterin für Gesundheit und Fitness der VHS Esslingen leitet den Radlernkurs gemeinsam mit Halil Demirtas und fragt zuerst nach, wer schon einmal Fahrrad gefahren ist. Seit acht Jahren gibt es die Kurse, die nachholen wollen, was in der Kindheit nicht erlernt wurde: „Meistens sind alle Kurse voll“, weiß Fröhlich und die Gründe für das Nichtkönnen sind vielfältig: Die Angst der Eltern übertrug sich auf das Kind. In der Familie wurde diese Fähigkeit nicht gefördert. Es gab schlicht kein Fahrrad oder es ist kein fester Bestandteil der Kultur eines Landes.

Ein Stück Freiheit

Aus Afghanistan, Eritrea und Äthiopien kommen die fünf Kursteilnehmerinnen und sie wohnen nicht unbedingt zentral im Landkreis. Sich in den Fahrradsattel schwingen zu können, bedeutet daher für sie auch ein Stück Freiheit, erklärt der Sachsenheimer Integrationsbeauftragte Dr. Abdoul Issaka: „Unsere Zielgruppe sind Frauen ohne Erfahrung“.

Zwölf Zeitstunden umfasst ein Radlernkurs, der sich über zwei Wochenenden erstreckt. Die Fahrräder sind Spenden und werden den Teilnehmenden gestellt: „Es gibt auch Ellenbogen- und Knieschützer für die Frauen, wenn sie das möchten“, sagt Kursleiter Halil Demirtas und schiebt einen Sattel hoch. Nun passt der von der Höhe genau für Helen, die vorher noch nie auf einem Drahtesel gesessen hat. Bei ihrem Fahrrad fehlen die Pedale, denn zuerst soll sie ein Gefühl für ihr rollendes Gefährt entwickeln. Wie bei einem Laufrad stößt sie sich mit ihren Füßen vom Boden ab, sucht ihr Gleichgewicht – Grundvoraussetzung für erfolgreiches Radeln: „Keine Bodenhaftung zu haben, macht vielen erst einmal Angst“, erläutert Halil Demirtas. Schritt für Schritt wird daher der Bewegungsablauf erlernt.

Ein Stück weiter steht Natsnet, übt das Anfahren und kämpft mit dem widerspenstigen Fahrradpedal. Es will einfach nicht unter ihrem Fuß bleiben. Immer wieder rutscht sie ab, aber sie gibt nicht auf und kurz danach absolviert sie schon gekonnt den aufgebauten Slalom-Parcours. Da gilt es acht neon-gelbe kleine Kegel zu umkreisen. Die Fortgeschrittenen fahren bereits einhändig und schaffen so die Voraussetzung für das Geben von Handzeichen im Straßenverkehr.

Bewegungsabläufe trainieren

Alle Übungen bauen aufeinander auf und sobald das Geradeausfahren gut funktioniert, kommt der Slalom sowie das aneinander Vorbeifahren. Besonders wichtig in Gefahrensituationen ist zudem das harte Bremsen, bei dem man lernen muss, unbedingt lang genug auf dem Rad sitzen zu bleiben: „Die meisten wollen gleich mit dem Fuß auf den Boden“, sagt Demirtas. Das würde einen Sturz nach sich ziehen und so wird viel geübt, dass der Fuß erst den Boden berührt, wenn das Fahrrad fast vollständig steht. Die fünf Frauen haben jedenfalls ihren Spaß im Radlernkurs: Sie lachen, schwätzen auch ein bisserl miteinander und werden dabei immer sicherer auf ihren Stahlrössern.

 
 
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