Während andernorts wegen der Bundestagswahl Umzüge zur Fasnet ins Wasser fallen, zeigte sich die Ingersheimer Fasnetszunft Holma’le unerschrocken und feierte ihr elfjähriges Bestehen mit allem was dazu gehört. Für den Umzug am Samstag waren rund 50 Zünfte und über 1500 Hästräger aus ganz Süddeutschland eingeladen worden, sagt Zunftmeister Jochen Zoller.
Fasnet Ingersheim im absoluten Ausnahmezustand
Zum Jubiläum der Fasnetszunft Holma’le bevölkerten Hunderte Narren und Schaulustige die Straßen der Gemeinde Ingersheim.
Startschuss fällt am Freitag
Der Startschuss fiel bereits am Freitag, wo zum Rathaussturm geblasen wurde. An der früheren Aussegnungshalle war ein kleiner Teil des Narrendorfes aufgebaut, welches am Samstag auf den Hindenburgplatz erweitert wurde. Rund ums Rathaus hatten sich etwas über 100 Schaulustige eingefunden, die der Erstürmung des Rathauses beiwohnten.
„Im letzten Jahr haben wir das Rathaus gestürmt und die Verwaltung ist getürmt“, tönte der Zunftmeister vollmundig. Dies war allerdings nur möglich, weil Bürgermeisterin Simone Lehnert von den Holma’le zur Hexe verwandelt wurde und mit der Hexenbrut gemeinsame Sache machte. Am Freitag war es etwas anders. „Am 23. Februar wird es Neuwahlen geben, deshalb werde ich das Rathaus nicht übergeben“, proklamierte die Bürgermeisterin unerschütterlich aus einem Fester des Ratssaales. Zur Verstärkung hatte sie einen Teil des Ratsgremiums zur Seite, das sich aufmachte, das Rathaus und den guten Ruf von Ingersheim zu verteidigen.
Dazu musste die kleine Truppe in fünf Wettkämpfen gegen die Hexen antreten. Es galt, Apfelringe auf Makkaroni weiterzugeben, Nägel in Holzbalken zu schlagen und Quietscheenten aus dem Rathausbrunnen zu fischen. Während sich die Gästeschar stimmungsmäßig doch etwas zurückhielt, waren die Kinder begeistert dabei und wurden dafür mit den Enten belohnt. Am Ende obsiegten die Holma’le und Zunftmeister Zoller hatte sich inzwischen zur Verwaltungschefin in den Ratssaal verdrückt. Die zeigte sich am Fenster und gestand dem verblüffen Publikum, sie habe niemals daran gedacht, ihren Stand als Hexe aufzugeben. Deshalb werde sie zusammen mit „Zunfti“ regieren und die Macht bis zum Aschermittwoch teilen.
Der Samstag stand dann ganz im Zeichen eines großen Umzuges, Ingersheim geriet in den Ausnahmezustand. Die Narrenschar reiste in Pkw und Bussen an, die beim Holderfriedhof abgestellt werden konnten. Die rund drei Kilometer lange Strecke führte bei strahlendem Sonnenschein und stahlblauem Himmel von der Schöllgasse und Raiffeisenstraße, hier fand die Aufstellung der Gruppen statt, über die Seestraße und Neckarstraße im Richtung Staffelrain zum Riedberghof sowie Kehrsbachstraße und Neckarstraße wieder zurück. Halte- und Parkverbotsschilder wurden schon Tage vorher aufgebaut, von 13 bis 18 Uhr waren Ein- und Ausfahrten für die Anwohner nicht möglich. Dazu hatte man persönlich Zettel verteilt, es gab wenig Beschwerden, so Zunftsmeister Zoller.
Es geht Schlag auf Schlag
Punkt 14.11 Uhr kündigte sich der Zug mit lauten Hupen eines vorausfahrenden E-Autos an. An der Spitze die Gastgeber Holma’le, gefolgt von den Zunftsmeistern der einzelnen Gruppen. Darunter war auch Bürgermeisterin Lehnert, stilecht als Hexe der Holma’le verkleidet. Dann ging es Schlag auf Schlag.
Den Rems-Hexen folgten die Kannibalen Fürfeld und die Narrenzunft Nibelgau, die mit einer großen Gruppe aus Leutkirch angereist war. Dazwischen die Neugründung der Säcklesfetzer Hexen. Die Zünfte aus Cannstatt, aus Friedrichshall, Murr und auch die Stadtnarren aus Bietigheim-Bissingen mit ihrem Fleckenhäs machten viel Eindruck. Ebenso die Gruppen, die mit ihren Narren eine Pyramide bauten und dafür viel Applaus erhielten.
Zahlreiche Zuschauer säumten dicht an dicht die Straßen des Umzugs, wobei die verkleideten Narren viel Unterhaltung boten. Für die Kinder gab es süße Bonbons und Schlotzer, und wenn vor einem plötzlich eine grausige Maske auftauchte, konnte man es mit der Angst zu tun bekommen. Dann entpuppte sich die Gestalt dann doch als gutmütig, streichelte einen mit einer Feder übers Gesicht – und zog schnell weiter. Andere hatten weniger Glück. Allein weil sie ein VfB-Shirt anhatten, wurde ihr Gesicht mit schwarzer Farbe bemalt.
Nach gut einer Stunde war der Zug mit Guggenmusik, Leiterwagen, Tanzmariechen, Hexen und den Teufeln mit ihren bunten Rauchfahnen durch. Am Ende kam es zu einem Stau des Umzugs an der Ecke Neckarstraße/Seestraße. Während das Ende noch in Richtung Staffelrain unterwegs war, kam der Anfang schon wieder an der Seestraße an.
Der Grund: Im Umzug selbst gab es immer wieder größere Lücken, vielleicht war auch die Strecke für über 50 Zünfte zu kurz angesteckt. Den Zuschauern war es egal, so konnte man noch eine Zeit lang kräftig weiterfeiern. Danach waren die Straßen mit allerlei Umzugsmüll, vor allem Konfetti bedeckt. Eine Kehrmaschine sorgte für Sauberkeit.
Am Sonntag fand das Jubiläum mit einem Weißwurstfrühstück ab 10 Uhr im Narrendorf seinen Abschluss. Da gleichzeitig bis 11 Uhr Gottesdienst in der evangelischen Martinskirche stattfand, verzichteten die Holma’le in dieser Stunde auf das Abspielen von Musik.