Filmakademie Ludwigsburg Der Traum von der eigenen Netflix-Serie

Von Gabriele Szczegulski
Dozent Michael Rösel entwickelte mit seinen Studierenden an der Filmakademie Ludwigsburg im Studiengang „Serien Producing“ neue Serienformate. Foto: /Martin Kalb

Im Studiengang „Serien Producing“ der Filmakademie Baden-Württemberg werden Serien entwickelt und produziert, die international auf Streamingdiensten punkten sollen. Pro Studienjahr werden bis zu vier Serienpilotfilme sowie Trailer oder Teaser produziert

Der Zuschauertrend, so zeigen Statistiken, geht hin zur TV-Serie und weg vom abendfüllenden Spielfilm – und Deutschland schneidet im internationalen Vergleich mit seinen Serien nicht ganz so gut ab. Nur selten gelingt es deutschen Serien wie „Babylon Berlin“, „Dark“ oder „Unorthodox“ auf der ganzen Welt für Aufmerksamkeit zu sorgen. Das weiß Michael Rösel, Dozent an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg und dort auch Studienkoordinator für Serien Producing ganz genau. „,Lindenstraße‘, ,Marienhof‘ und Co. waren mal sehr erfolgreich und haben unsere Sehgewohnheiten weitergebracht, aber mittlerweile sind sie abgesetzt “, sagt Rösel.

Konkurrenz aus Südkorea

Vor allem die Streamingdienste setzen mit neuen Formaten und epischen Serien – wie „Game Of Thrones“ , „Breaking Bad“ oder „The Walking Dead“ – Trends. Da können deutsche Serien kaum mithalten. Zudem kommt derzeit große Konkurrenz aus Südostasien: Südkorea produziert derzeit so viele Serien wie kein anderes Land der Welt. „Das überraschte schon, die Südkoreaner als Underdogs haben da in den letzten beiden Jahren einen Riesensprung gemacht, da schauen wir schon hin“, so Rösel.

Auf Netflix gibt es mittlerweile eine eigene Südkorea-Sparte, der Streamingdienst produziert viele südkoreanische Serien inzwischen selbst. Weltweit führten „Squid Game“, „Itaewon Class“ oder „Vincenzo“ zeitweise die weltweiten Rankings an.

Und Deutschland? „Langsam werden wir auch international mehr wahrgenommen“, so Rösel. Inzwischen haben auch deutsche Serien wie „Dark“ schon die internationalen Netflix-Charts angeführt. Ein deutscher Netflix-Erfolg war auch die Sisi-Serie „Die Kaiserin“, die von Jochen Laube aus Ludwigsburg produziert wurde. Die deutsche Netflix-Serie „1899“ war ein Riesenerfolg, vor allem in den USA.

„Netflix klingt halt sexier“

„Unsere Studierenden träumen alle davon, internationale Serien für Netflix zu entwickeln, keiner träumt von einer ARD-Serie, aber das ist halt die Realität“, sagt Rösel. „Netflix klingt halt sexier“, sagt er. Die Serie „Deutschland 83“ (2015) sei „der weltweite Urknall für die neue deutsche Serienproduktion“ gewesen, so Rösel. In der Filmakademie Ludwigsburg sei ein „Experimentierlabor“ für die Serienentwicklung entstanden. Man habe bemerkt, um konkurrenzfähig zu bleiben, muss eine andere Art von Serie her. „Deutschland steckte aber leider in der Schublade Nationalsozialismus oder DDR fest“, so Rösel. Deshalb gebe es im Studiengang „Serien Producing“ der Filmakademie Ludwigsburg viel Raum für neue Ideen und kreative Formate. Beispielsweise das Modell des „Writers Room“, in dem sich mehrere Drehbuchautoren gemeinsam über die Serieninhalte austauschen, soll an der Filmakademie künftig eingeführt werden. Demnächst werden internationale Autoren, so Rösel, den Studierenden diese Art der Serienproduktion nahe bringen.

Ein Experiment von Studierenden war die Serie „All in“. Die ARD habe sie gestreamt und schon eine zweite Staffel bestellt. In der minimalistischen Kurzfilmserie, die mit dem Handy gefilmt wurde, fliehen zwei untalentierte Versehentlich-Kriminelle vor der Polizei. Michael Rösel ist ganz begeistert von der ungewöhnlichen Filmidee. „Aber der Markt, auch der internationale, schreit nach Krimis, hiermit konnten wir in der Vergangenheit mit ‚Derrick’ als erfolgreichstem deutschen Exportschlager oder mit ‚Alarm für Cobra 11’ punkten“, sagt Rösel.

Sich international beweisen

„Serienformate sind mittlerweile an fast jeder Filmhochschule Inhalt des Studiums, aber wir sind die einzige deutsche Hochschule, die nicht nur Serienformate entwickelt, sondern Pilotfilme, Teaser oder Trailer produziert“, sagt Rösel. Pro Studienjahr werden an der Filmakademie bis zu vier Serienpilotfilme sowie Trailer oder Teaser produziert und Fernsehsendern und Streamingdiensten angeboten.

Biografie Michael Rösel

Michael Rösel,
Jahrgang 1971, studierte von 1993 bis 1998 an der Universität Hildesheim Angewandte Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Film und Medien. Während seines Studiums absolvierte er Praktika bei der Volksbühne Berlin und bei der Roman-Kuhn-Filmproduktion in München. In seiner Diplomarbeit setzte er sich mit Schnitt & Montage im Musikvideo auseinander. Direkt im Anschluss begann er das Studium der Regie an der Filmakademie Baden-Württemberg, das er 2003 mit Diplom abschloss. Er drehte diverse Werbe- und Imagefilme für verschiedene Produktionsfirmen, Agenturen und Kunden.

 
 
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