Freudentaler Bürgermeisterwahl Ein besonderer Wahlkampf

Von Frank Ruppert
Im Rahmen seines Wahlkampfs hat Bürgermeister Alexander Fleig (vorne) zu einer Jogging-Runde eingeladen. Foto: Martin Kalb

Der Freudentaler Bürgermeister Alexander Fleig stellt sich am 2. Februar zur Wiederwahl. Neben ihm tritt nur ein Dauerkandidat an, der keine Ambitionen auf den Sieg hat. Fleig macht trotzdem Wahlkampf. Warum eigentlich?

Samstag, 10.30 Uhr, in Freudental. Die Sonne scheint und in der 2500-Seelen-Gemeinde ist schon einiges los. Die Menschen gehen zum Bäcker oder fahren zum Einkaufen. Und der Bürgermeister macht Wahlkampf. Alexander Fleig, 47 Jahre alt, will nach seinem Einzug ins Rathaus vor acht Jahren erneut gewählt werden am 2. Februar. Fleig macht deshalb Wahlkampf, was nicht weiter verwunderlich ist, erstaunlicher ist vielmehr die Tatsache, dass er Wahlkampf macht, ohne einen Mitbewerber zu haben. „Das stimmt so nicht“, ist Fleig um Korrektheit bemüht. Und tatsächlich gibt es offiziell einen weiteren Bewerber um das Amt des Rathauschefs in Freudental: Ein gewisser Ulrich Raisch, in der Region als Dauerkandidat bekannt. Raisch hatte allerdings zu seiner 48. Bewerbung um ein Bürgermeisteramt bereits in einem Zeitungsinterview gesagt, dass er sich keine Chance ausrechne, weil er gegen einen auch von ihm sehr geschätzten Amtsinhaber antritt.

„Ich habe auch Respekt davor, dass er sich so oft einer Wahl stellt“, sagt Fleig über den Gegenkandidaten. Wahlkampf macht Fleig aber nicht wegen Raisch. „Mir geht es darum, meine Ideen zu präsentieren und zu zeigen, was wir bislang erreicht haben“, sagt der Schultes. Ähnlich habe er es auch vor acht Jahren gehandhabt. Trotz Gegnern habe er sich damals auch nur darauf beschränkt, seine Ideen und seine Person vorzustellen.

Start am Sportplatz

An diesem Samstag besteht sein Wahlkampf aus einem Ortsrundgang zu den wichtigsten Projekten der vergangenen acht und der nächsten acht Jahre. Fleig hat Unterlagen dabei, aber die Zahlen und Fakten hat er komplett im Kopf. Acht Bürger kommen zu seiner Veranstaltung und der Amtsinhaber startet am Sportplatz. Den hat die Gemeinde saniert und nun gibt es auch ein Minispielfeld, das von jedem genutzt werden kann Auf die Frage eines Bürgers, ob man sich für das eingezäunte kleine Fußballfeld irgendwo anmelden müsse, sagt Fleig den einzigen typischen Wahlkampfsatz an diesem Vormittag: „Ich möchte, dass das Feld genau wie meine Tür im Rathaus immer allen offen steht.“

Ansonsten läuft der Wahlkampftermin eher im Plauderton ab. Man kennt sich in der kleinen Gemeinde und die Anwesenden schätzen ihren Schultes. Auch weil er offen sogar Missstände anspricht, wie bei der Kindergartenerweiterung und der fehlerhaften Belüftung, die einen teuren Rechtsstreit nach sich zieht. Heute würde er das anders regeln, gibt Fleig zu. Statt des Rechtsstreits würde er auf eine unkomplizierte Einigung mit Baufirma und Bauüberwachung drängen. Das passt zu Fleig, der sich damals die Gemeinde Freudental gerade wegen ihrer Größe ausgesucht hatte. „Ich wollte die Bürgernähe und gerne als Bürgermeister auch viel selbst machen“, sagt er. Vorher war er Kämmerer in mehreren Gemeinden gewesen, zuletzt in Großbottwar. Auch am Landratsamt im Rems-Murr-Kreis – Fleig kommt aus Backnang – hat er Erfahrungen gesammelt.

Kritik am Straßenbelag

Der Rundgang geht weiter über die Nahwärmeversorgungsanlage an der Schule bis zur Strombergstraße, die einen neuen Belag erhalten hat. Fleig muss sich Kritik wegen der Farbe anhören, davor ging es um Hundehaufen. Man merkt dem Schultes an, dass er in Freudental genau das gefunden hat, was er suchte. Entspannt diskutiert er über die Wiederbelebung des Hirsch-Areals und gibt Einblicke in die Überlegungen, wie groß das Wohngebäude dort werden sollte. Mit sieben Wohnungen sei das für den Ort verkraftbar, zur Debatte standen aber auch größere Lösungen. „Da wäre der Parkdruck noch größer geworden“, erklärt der Bürgermeister.

Weiter geht es zur Bushaltestelle am Ortseingang, die noch barrierefrei werden muss. Dahinter wird gerade gebaut und Fleig verrät, dass Freudental dort bald einen Dönerladen bekommen soll. Das stößt bei den Teilnehmern des Rundgangs auf große Freude: „Wenn er gut ist“, lacht eine Frau. Dann geht es in Richtung Ortsrand, wo ein neues Wohngebiet entstehen soll und ein Penny-Markt. Fleig ist mit der geplanten Ansiedlung des Supermarkts ein großer Erfolg gelungen. „Ich habe zwischendurch selbst nicht mehr daran geglaubt“, gibt er offen zu. Zuerst schien kein Unternehmen interessiert, am Ende hatte die Gemeinde die Wahl zwischen drei Firmen. Während Fleig einen Plan des Neubaugebiets auspackt, fängt es an zu regnen. Der Bürgermeister macht unbeirrt weiter. „Der Plan kann nass werden, das ist eh nur eine Kopie“, sagt er und beantwortet geduldig weitere Fragen.

Dann kommt er zum Ende und erzählt eine Anekdote, die den Anwesenden eine kleine Lehre sein sollte. Ein Ehepaar habe ihm gesagt, er werde ohnehin gewinnen, deshalb hätte es seine Wahlbenachrichtigungen schon zerrissen. „Gehen Sie bitte wählen, das geht auch nur mit dem Personalausweis“, bittet er alle. Fleig ist wichtig, dass die Menschen ihm ihre Unterstützung erneut zeigen. Auch deshalb macht er Wahlkampf.

Keine Hauptversammlung verpasst

Darum hat er am Tag darauf zu einer Laufrunde eingeladen. Als ein paar schnelle Läufer nach dem Rundgang seinen Weg passieren, sagt er auf die Frage, ob das seine Mitläufer seien, nur: „Hoffentlich nicht, deren Tempo könnte ich kaum halten.“ Von der Geschwindigkeit bei der Umsetzung einiger Vorhaben scheint er fast selbst überrascht. Der Rundgang dauert auch deshalb mehr als zwei Stunden, weil sich in dem Ort einiges getan hat, seit Fleig sein Amt angetreten hat. Dabei war vor acht Jahren keineswegs sofort klar, dass er im ersten Wahlgang schon die erforderliche Mehrheit holen würde. Es gab zwei Mitbewerber aus dem Ort und Fleig sagt selbst: „Ich kannte niemanden im Ort“. Damals habe er zwei Flyer verteilt, heute nur noch einen. Was damals den Ausschlag für ihn gegeben hat? „Ich glaube, dass ich vor der Wahl im Dorf präsent war. Ich bin zwischen den zwei Bäckereien hin und hergelaufen und habe mit den Menschen gesprochen.“

Fleig bezeichnet sich selbst als gesellig und hat deshalb auch an den zwei bis drei Abendterminen pro Woche große Freude. „Es gibt kaum eine Hauptversammlung, die ich verpasst habe“. Wenn sich die aktiven Senioren im Bürgerhaus treffen, geht er auf einen Kaffee vorbei, weil es inklusive ihm nur drei Vollzeitkräfte im Rathaus gibt, bekomme er auch alle Sorgen und Nöte der Bürger recht schnell mit. „Vor der Wahl vor acht Jahren dachte ich, dass das mit Freudental für mich passen könnte. Jetzt weiß ich, dass es passt“, sagt Fleig. Es passt auch privat: Fleigs sechsjährige Tochter sei „durch und durch“ eine Freudentalerin lacht der Schultes. Nach der Wahl 2012 haben er und seine Frau in Freudental gebaut, die Familie hat Wurzeln geschlagen. Da überrascht es nicht, dass Fleig vor der erneuten Kandidatur mit seiner Familie darüber gesprochen hat. Anders könne das gar nicht funktionieren, sagt Alexander Fleig.

Die Zahl zur Wahl

2022 Wahlberechtigte sind am 2. Februar aufgerufen, den Bürgermeister in Freudental zu wählen. Vor acht Jahren waren es laut Gemeindeverwaltung nur 1810 Wahlberechtigte. Ein Grund für die Steigerung sei, dass man seit 2014 bereits ab 16 Jahren bei Wahlen auf kommunaler Ebene mitmachen dürfe. ⇥fr

 
 
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