Frostschäden befürchtet Frost in der Blüte macht Ostbauern zu schaffen

Von Uwe Deecke
26 Millionen Liter fasst das Becken, das an der Bönnigheimer Ziegelei liegt und die Obstbäume des Apfellandes Sartorius beregnet, um sie vor Frostschäden zu schützen. Zwölf Mal war die Beregnung im letzten Jahr im Einsatz, sieben Mal bisher in diesem Jahr, jeweils zwischen neun und elf Stunden pro Nacht.⇥ Foto: Manuel Kunz

Nach den letzten vier Nächten mit Minusgraden drohen nach dem warmen März Ernteverluste vor allem bei Birnen.

Wenn es in Zeiten des Klimawandels schon im Februar oder März warm ist, wird die Vegetation angeschoben und die Blüten werden früher als sonst sichtbar. Kommt dann ein Frost wie in den letzten Jahren zuvor, sind sie massiv gefährdet und es drohen große Ernteeinbußen. Gab es früher nur alle zehn Jahre Frost um diese Jahreszeit, so ist dies jetzt das zweite Jahr in Folge, auch schon 2017 ging die Temperaturen deutlich ins Minus. Einige Obstbauern haben daher auch hier auf Wasserbecken und Kreiselberegnung umgestellt, wie es im Bönnigheimer Apfelland inzwischen auch passiert.

„Es war eine Investition in die Zukunft“, sagt Meik Sartorius vom Apfelland, der eine Woche mit Frostnächten hinter sich hat. Zwar waren es „nur“ zwei Grad minus, doch hätte man die Frostberegnung nicht gehabt, wären die Schäden viel größer.

„Wir können etwa die Hälfte der Betriebsfläche schützen“, so der Bönnigheimer, der per SMS benachrichtigt wird, wenn die Frostgrenze erreicht wird. Dann werden die Kreiselregner eingeschaltet, die alle Pflanzen erreichen müssen und sie mit einem Eismantel vor den schlimmsten Schäden bewahren. Besonders stark seien die Birnenblüten mit 95 Prozent betroffen, bei den Äpfeln lägen die Blütenschäden je nach Lage und Sorte zwischen zehn und 90 Prozent.

26 Millionen Liter fasst das Becken, das an der Bönnigheimer Ziegelei liegt und die Flächen mit Wasser versorgt. Und es hat sich für den Familienbetrieb bewährt. Zwölf Mal war die Beregnung im letzten Jahr im Einsatz, sieben Mal bisher in diesem Jahr, jeweils zwischen neun und elf Stunden pro Nacht. Und es werden wohl noch mehr Einsätze, denn bis zu den Eisheiligen droht den Pflanzen Gefahr. Das Becken hilft aber auch in Dürresommern. Dann wird von dort Wasser in die Leitungen gepumpt, das den trockenen Boden durch Tröpfchenbewässerung feucht hält.

Kritisch sei es an Ostern gewesen, als zu den Minusgraden noch ein starker Wind hinzukam. Die Regner hätten selbst vereisen und Schaden nehmen können und nur ein Teil der Fläche wäre feucht geworden, so dass sie gar nicht eingeschaltet wurden, um den weiteren Betrieb in diesem Jahr zu gewährleisten.

„Wir haben Halbzeit“, weiß Sartorius aus Erfahrung. Bis Anfang Mai kann es Frost geben, und es wird sich zeigen, wie sehr sich die Blüteschäden zu echten Ernteausfällen entwickeln. Die betroffenen Sorten zeichnen sich aber schon ab: Topaz, Wellant und Boskop wird es in diesem Jahr weniger geben.

Im eigenen Hofladen, wo nach Coronabedingungen verkauft wird, spürt der Bönnigheimer keinen Einbruch. „Wir haben eine ganz normale Kundenfrequenz, vielleicht ein bisschen stärker als sonst“, erklärt Sartorius, regionale Produkte würden immer mehr nachgefragt.

Bei der Kirchheimer Obsthalle seien die Schäden nicht so schlimm, sagt Vorstand Michael Nollenberger. Hier können nur 20 Prozent der Fläche beregnet werden, doch man habe den Vorteil, dass viele Apfelanlagen höher liegen als in Bönnigheim. Dort ist der Frost weniger ausgeprägt, er nimmt aber mit jedem Meter zum Neckar hinzu. „Wir hatten in diesem Jahr Glück, die Temperaturen gingen nicht so weit runter wie im letzten Jahr“, so der Kirchheimer zur Zwischenbilanz. Das Wasser kommt nun im zweiten Jahr aus dem darunter fließenden Neckar, für den die Obsthalle ein Entnahmerecht bekommen hat. Fünf Mal lief die Anlage in diesem Jahr und sie hat geholfen, die Blüten vor dem Absterben zu retten. „Aber es ist noch nicht fertig“, ist Nollenberger mit Blick auf den Mai überzeugt. Auch hier läuft es im Hofladen gut, wo die Ernte aus dem letzten Jahr verkauft wird und maximal sechs Personen ins Gebäude können.

Seit einigen Jahren gibt es die Überlegungen zu erweitern, doch es kam zu Verzögerungen. Das Baugesuch ist noch nicht ganz fertig, und dafür müssen viele baurechtliche Vorgaben erfüllt werden. „Wir wären jetzt so weit“, fasst der Vorstand den Stand der Vorbereitungen zusammen, die am Ende an und in der Obsthalle ein „Einkaufserlebnis“ für die Kunden bringen sollen.

Auf ein anderes System setzt seit Jahren Albrecht Umbach aus Erligheim. Der Obstbauer hat Windmaschinen, die die wärmere Luft aus 25 Metern Höhe nach unten in die Anlage blasen und so die die Frostschäden eindämmen. Er schwört nach wie vor auf die Technik, auch der Umwelt zu Liebe, weil hier kein Grundwasser verbraucht wird. In die Anlage hat er Gasflaschen als Wärmeträger aufgestellt, die am Boden die Wärme produzieren, die durch die Windmaschinen verteilt wird. „Ohne was zu machen wäre viel nicht mehr da“, beurteilt er das laufende Jahr in seiner Obstanlage.

Von seinen acht Hektar hat der Erligheimer inzwischen nur noch zwei, den Rest hat er an Kirchheimer Kollegen abgegeben. Im Coronajahr 2020 reduzierte er den Betrieb, auch wegen der vielen Bürokratie, wie er sagt. Seine Anlagen aber laufen nach wie vor mit Erfolg. Im Jahr 2020 hatte er einen Vollertrag, und auch für dieses Jahr ist er optimistisch, dass seine Windmaschinen etwas gebracht haben. Bis zu 5,4 Grad minus hat Obstbauer Umbach in die letzten Wochen gemessen, und er hofft wie seine Berufskollegen, dass in Sachen Frost nun in diesem Jahr nicht mehr viel kommt.

 
 
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