Frührere Bietigheimerin erlebte die Naturkatastrophe auf Tonga Erst regnete es Steine und danach Asche

Von Adrian Hoffmann
Nach dem Vulkanausbruch bedeckt Asche die Insel, „alles ist schwarz und stinkt“.⇥ Foto: Julia Hala’api’api

Die aus Bietigheim stammende Julia Hala’api’api, die jetzt auf Tonga lebt, hatte Angst um das Leben ihrer Familie. Sie hat jetzt einen Spendenaufruf im Internet gestartet.

„Ich hatte Angst um unsere Kinder, um unser Leben“, sagt die aus Bietigheim stammende Julia Hala’api’api, geborene Lambacher.

Die deutsche Auswanderin berichtet erstmals, wie sie den Ausbruch eines Unterwasser-Vulkans im Südseekönigreich Tonga erlebt hat. Erst jetzt – eineinhalb Wochen später – gibt es für sie unregelmäßig die Möglichkeit, Internet zu nutzen und mit dem Rest der Welt in Verbindung zu treten. In der Familie hätten sie sich bereits mit dem Gedanken auseinandergesetzt, nun gemeinsam zu sterben.

„Unfassbar lauter Schlag“

„Es war so schrecklich“, sagt die 37-Jährige über die Minuten nach dem Ausbruch von Hunga Tonga, rund 70 Kilometer entfernt von ihnen. „Aus dem Nichts war einfach die Luft weg“, berichtet Julia Hala’api’api weiter. Es sei schwer gewesen, atmen zu können. Auf ihren Ohren spürten sie einen riesigen Druck. „Dann hat es einen unfassbar lauten Schlag gelassen und noch einen und noch einen.“ Jedes Mal hätten die Ohren geschmerzt und es sei so gewesen, als ob die Luft wegbleibe. Ihr Mann habe aus dem Haus wollen, um die Tiere zu retten und das Haus zu sichern, „aber er ist mit einem Schlag ins Haus zurückgeflogen“. Das müsse man sich mal vorstellen, was für eine Gewalt der Vulkan habe.

Gebete und Ungewissheit

Nachdem es geheißen hatte, die Hauptstadt Nukualofa sei überflutet, seien sie ins Auto gestiegen, um im Inselinneren Schutz zu suchen. Die Straßen seien überfüllt gewesen mit Flüchtenden. „Dann hat es Steine und danach Asche geregnet. Wir steckten fest und alles war schwarz“, berichtet Hala’api’api. Ihr Mann habe dann entschieden, dass sie zurück zum Haus fahren – weil es sicher und stabil ist. „Wir saßen dann zu Hause und haben gebetet, dass alles vorbei ist und dass uns keine Welle schluckt.“ Diese Ungewissheit, nicht zu wissen, wann kommt das Wasser, sei sehr belastend für sie gewesen.

Am Tag danach: „Alles ist schwarz und stinkt. Aschepartikelchen sitzen in der Lunge und man hustet, die Haut juckt.“ Ihre Töchter Ayana (3) und Alayna (2) hätten Hautausschläge bekommen, obwohl sie nur drinnen bei geschlossenen Fenstern gewesen seien. „Der Vulkan dampft noch und hat um 10 Uhr nochmal gespuckt, dieses Mal jedoch sehr geringe Mengen.“

Freundin kam ums Leben

Eines der drei Todesopfer in Tonga infolge des Tsunamis nach dem Vulkansausbruch ist eine Britin. „Eine gute Freundin von mir“, sagt Julia Hala’api’api. Sie sei im Westen der Hauptinsel von den Wellen mitgerissen worden, ihr Mann habe sich an einer Palme festklammern können. „Es zerreißt uns das Herz, das hätten wir sein können“, so Hala’api’api.

Über Kontakte habe sie kurz die Möglichkeit gehabt, ein Satellitentelefon zu benutzen. „Es war nur eine sehr kurze Verbindung möglich. Mein Vater hat mich erkannt.“

Es sei alles wie nach einer Apokalypse. „Ein Alptraum, aus dem man nicht aufwacht oder ein schlechter Film, der Realität geworden ist.“ Sie verließen das Haus nur, wenn sie es müssten und dann komplett bedeckt. „Pflanzen und Tiere sterben. Essen und frisches Wasser wird knapp.“ Erste Nothilfe aus Neuseeland, Australien und Japan ist eingetroffen – doch monetäre Hilfe zum Wiederaufbau sei für viele tongaische Familien nötig. Hierfür hat Julia Hala’api’api jetzt ein Spendenaufruf auf der Internetplattform Gofundme gestartet. Der Spendenstand lag am Mittwoch, 10 Uhr, bereits bei 2700 Euro.

 
 
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