FSV 08 Bietigheim-Bissingen Die höchste Pleite seit fast zehn Jahren

Von Andreas Eberle
Ein symptomatisches Bild: Der Bissinger Roman Kasiar liegt am Boden, Villingens Georgios Pintidis ist obenauf – und hebt nach seinem Foul am 08-Torjäger beschwichtigend die Hände. Foto: /Avanti/Ralf Poller

Der FSV 08 Bietigheim-Bissingen blamiert sich im Oberliga-Heimspiel gegen den FC 08 Villingen und geht mit 2:7 unter. Die Bruchwald-Elf steht völlig neben sich. Dennoch bleibt Trainer Markus Lang besonnen.

Schon vor einer Woche sprachen die Oberliga-Fußballer des FSV 08 Bietigheim-Bissingen vor dem Training ausgiebig über die 1:2-Niederlage zwei Tage zuvor gegen den FC Nöttingen und ihren schwachen Auftritt. Die Kabinensitzung an diesem Montagabend dauert nun vielleicht so lange, dass das Team gar nicht mehr zum Üben kommt. Denn Redebedarf gibt es nach der 2:7-Heimpleite am Samstag gegen den FC 08 Villingen zur Genüge. Es war die höchste Niederlage in einem Pflichtspiel seit dem 0:8 bei der Spvgg Neckarelz am 9. Mai 2013 in der Abstiegssaison 2012/13. „Das Ergebnis spricht Bände. Ich habe jetzt gegenüber der Mannschaft noch nichts groß gesagt, sondern muss mich erst mal selbst sammeln und das Spiel aufarbeiten“, konstatierte Trainer Markus Lang nach dem Debakel und bekannte: „Ich hätte einiges erwartet, aber so etwas nicht.“

Drei Neue in der Startelf

Eigentlich hatten sich die Bissinger fürs zweite Heimspiel binnen acht Tagen einiges vorgenommen. Mit der Hereinnahme der Brüder Niklas und Lukas Böhm sowie Adrian Heinle für die zuletzt enttäuschenden Johnathan Zinram, Nesreddine Kenniche und Benedikt Landwehr wollte Lang neue Impulse setzen. Doch heraus kam eine grausige Heimvorstellung. Von den Grundtugenden wie Einsatz, Laufbereitschaft und Aggressivität, die der Coach eingefordert hatte, war wenig zu sehen.

Zweikampfverhalten und Körpersprache waren sogar noch schlechter als gegen Nöttingen. So gut wie alle zweiten Bälle landeten beim Gegner, während die Nullachter nahezu teilnahmslos zuschauten. Speziell bei den Gegentoren verhielten sich die Hausherren wie Anfänger – und gar nicht wie eine etablierte Oberliga-Truppe. „Die Mannschaft will in Schönheit sterben, und das hat sie heute eindrucksvoll unter Beweis gestellt“, legte Lang den Finger in die Wunde.

Schon nach sechs Minuten lag der Tabellenvierte vom Bruchwald mit 0:2 hinten. Zunächst traf As Ibrahima Diakité ins lange Eck, nachdem Ergi Alihoxha ihm den Ball in die Gasse gespielt hatte (4.). Zwei Minuten später lief Jonas Brändle auf dem linken Flügel Andre Sirianni davon und legte quer – und Leon Albrecht schob, von Pero Mamic nur halbherzig gestört, ein. Zwei einfache Gegentore gegen eine völlig offene und sorglose Defensive.

Der 1:2-Anschlusstreffer besänftigte die Gemüter der Außenstehenden vorübergehend: Kapitän Marius Kunde sperrte Lukas Böhm mit viel Körpereinsatz den Weg frei. Der von einem grippalen Infekt wiedergenesene Mittelfeldmann, am Samstag Bissingens Bester, drang bei seinem Solo in den Sechzehner ein und jagte die Kugel platziert ins linke Eck (10.).

Ein weiterer Aussetzer in der Abwehr führte zur dritten Villinger Chance und zum dritten Tor: Keeper Moriz Welz klärte gegen Alihoxha noch, aber Gästekapitän Tevfik Ceylan staubte gedankenschnell ab. Auch hier waren die heimischen Nullachter im Strafraum nur physisch anwesend gewesen (14.). Ähnlich war’s beim 1:4. Diesmal war Heinle ausgerutscht, Alihoxha legte sich den Ball vor und vollstreckte im zweiten Versuch (26.). „Einzelne Spieler sind schon in der ersten Halbzeit ohne Körpersprache und in sich gekehrt über den Platz getrabt“, monierte Lang.

Doppelwechsel zur Pause

Zur Pause reagierte der A-Lizenz-Inhaber mit einem Doppelwechsel: Landwehr und Kenniche ersetzten Kevin Ikpide und Heinle. Doch das Bissinger Trauerspiel setzte sich ungebremst fort. Das 1:5 war in puncto Zeitpunkt und Entstehung eine Kopie des 0:1: Diakité war nach einem Steilpass ins lange Eck erfolgreich (49.). Beim 1:6 durfte der eingewechselte Mokhtar Boulachab eine Ecke unbehelligt einköpfen (61.). Und der siebte Streich der abstiegsbedrohten Südbadener resultierte aus einem 18-Meter-Schuss von Alihoxha, der vom Innenpfosten ins Netz sprang (71.).

Euphorischer Stadionsprecher

Dass Roman Kasiar nach Landwehrs Hereingabe mit einer schönen Direktabnahme noch auf 2:7 verkürzte (83.), brachte niemanden mehr groß in Wallung. Außer Daniel Hess. „Es besteht wieder ein Fünkchen Hoffnung“ und „die Hoffnung stirbt zuletzt“ teilte der 08-Stadionsprecher via Mikrofon in seiner gewohnt euphorischen Art mit. „Das war wohl Galgenhumor“, bemerkte Lang, der sich im Gespräch mit der Presse aber erstaunlich cool gab: „Nach dem Ergebnis müssen wir uns schütteln. Ich bin aber kein Freund davon, in so einer Situation draufzuhauen. Wir müssen das sachlich und nüchtern analysieren.“ Klingt nach einer langen Teamsitzung an diesem Montag vor dem Training.

 
 
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