FSV 08 Bietigheim-Bissingen „Nessi“ wird zur tragischen Figur

Von Andreas Eberle
Nesreddine Kenniche (links) hatte gegen Hollenbach kein Fortune im Abschluss. In dieser Szene scheitert der 08-Angreifer gleich zweimal an FSV-Schlussmann Philipp Hörner. Foto: Avanti/Herbert Schmerbeck

Der Fußball-Oberligist FSV 08 Bietigheim-Bissingen belohnt sich beim 0:0 gegen Hollenbach nicht für eine starke Leistung. Die Lang-Elf vergibt beste Chancen, allen voran Nesreddine Keniche, der einen Elfmeter verschießt.

Nesreddine Kenniche wollte nur schnell weg vom Ort des Schreckens. Nach dem Abpfiff verließ der Stürmer des FSV 08 Bietigheim-Bissingen sofort den Kunstrasenplatz und zog sich an der Seitenlinie enttäuscht das Trikot übers Gesicht. Die verletzten Mitspieler Andre Sirianni und Wissem Aouadi holten Kenniche schließlich zum obligatorischen Mannschaftskreis aufs Feld zurück. Dort fühlte jeder mit dem Unglücksraben mit und versuchte ihn aufzumuntern – Kapitän Marius Kunde etwa mit einer Umarmung, Pero Mamic mit einem Tätscheln am Nacken.

Die Lockerheit fehlt

Kenniche war am Samstag beim 0:0 zwischen den Nullachtern und dem FSV Hollenbach die tragische Figur. Gleich drei hundertprozentige Chancen versemmelte er, darunter einen Strafstoß. In der Vorrunde hatte der 27-jährige Wirbelwind solche Dinger noch reihenweise reingemacht. Doch seit der Winterpause und einem Probetraining bei Regionalligist Kickers Offenbach läuft bei „Nessi“ nichts mehr rund. „Er macht sich vielleicht selbst zu viel Druck. Man sieht auch im Training, dass bei ihm die Lockerheit nicht mehr so vorhanden ist wie in der Hinserie. Da muss er an sich arbeiten und sich selbst aus der Misere rausziehen“, sagte Trainer Markus Lang über den Senkrechtstarter der Hinrunde.

Trotz der vielen Ausfälle, einiger Umstellungen und ihrer Sieglosserie seit dem 11. März traten die Nullachter keineswegs verunsichert auf. Im Gegenteil. Der FSV 08 suchte mutig sein Heil im Angriff und attackierte mit drei Spitzen sowie dem ebenfalls offensiv orientierten Kunde dahinter. Und in der Abwehr ließ die Elf vom Bruchwald keine einzige zwingende Chance zu und spielte erstmals seit zwölf Punktspielen wieder zu null – und das gegen einen Widersacher, der im Aufwind ist und mit vier Siegen am Stück angereist war.

Der taktische Clou der Bietigheim-Bissinger, bei Standards auf Raum- statt auf Manndeckung zu setzen, ging gegen die Standardspezialisten aus Hohenlohe voll auf. Dies hatten die Gastgeber unter der Woche fleißig trainiert. „Die Mannschaft hat eine starke Leistung und Engagement gezeigt, aber im Endeffekt geht es auch darum, sich dafür zu belohnen. Es fehlen halt immer noch zwei, drei Prozent“, meinte Lang, dessen Truppe zum achten Mal hintereinander ohne Dreier blieb.

Vier, fünf glasklare Chancen hatte der A-Lizenz-Inhaber gezählt. Die mangelnden Vollstreckerqualitäten waren der eine Grund, warum Hollenbach zum bereits fünften Mal in Folge kein Gegentor kassierte. Der andere stand beim FSV zwischen den Pfosten: Philipp Hörner. „Wir haben gegen eine Mannschaft gespielt, die jedes Jahr zu den Topteams der Liga gehört. Da braucht man auch mal einen herausragenden Keeper, der einen Punkt sichert“, sagte Gästecoach Dirk Prediger später.

In der 13. Minute vereitelte Hörner gar eine Dreifachchance der Heimelf. Nachdem Hollenbachs Abseitsfalle versagt hatte, parierte der Schlussmann erst gegen 08-Linksverteidiger Niklas Mahler und wehrte dann auch die beiden Nachschüsse von Kenniche ab. Ähnlich spektakulär war seine Rettungstat bei einem Kopfball von Roman Kasiar, den Hörner irgendwie noch aus dem Winkel fischte, was wohl so manchem Erstliga-Torhüter nicht mehr gelungen wäre (36.). Einen weiteren Hochkaräter vergab kurz vor der Pause Kenniche, der nach einem Patzer von FSV-Abwehrchef Arne Schülke allein vor Hörner kläglich am Gehäuse vorbeischoss.

In der Endphase kam es für „Nessi“ aber noch dicker: Nachdem Hörner ihn im Strafraum von den Beinen geholt hatte, schritt der Gefoulte selbst zur Tat – und scheiterte mit seinem Elfmeter an Hollenbachs Nummer eins (83.). „Das wäre der Lucky Punch gewesen. Ein 1:0 war unser Wunschergebnis“, bedauerte Lang, der aber das Positive hervorhob: „Wir hatten die Mannschaft der Stunde am Rand einer Niederlage.“

Gelb-Rot wegen Meckerns

Für die kurioseste Szene des Nachmittags sorgte allerdings ein Hollenbacher Kicker: Sebastian Schiek. Nach einem nicht gepfiffenen Handspiel wollte der eingewechselte Flügelspieler mit Meckern gar nicht mehr aufhören – und Schiedsrichterin Selina Menzel zückte erst Gelb und dann gleich Gelb-Rot hinterher. „Das darf einem so erfahrenen Spieler nicht passieren. Die Mannschafts- und Mallorca-Kasse freut sich“, sagte Prediger mit Blick auf die interne Geldstrafe, die den Ex-Großaspacher nun erwartet.

 
 
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