Fußball-Oberliga Baden-Württemberg Großer Favoritenkreis in der Oberliga

Von Claus Pfitzer
Nikolaos Dobros (rechts) stürmt jetzt für den FSV 08 Bietigheim-Bissingen. In den vergangenen drei Jahren erzielte er für den FC Nöttingen insgesamt mehr als 50 Tore. Foto: Avanti//Ralf Poller

Neben den Absteigern aus Aalen und Balingen gehören vor allem die SG Sonnenhof Großaspach und der 1. CfR Pforzheim zu den Aufstiegskandidaten.

Auch in der dritten Saison seit dem Abstieg 2022 spielt die zweimal in letzter Minute an der Rückkehr in die Fußball-Regionalliga gescheiterte SG Sonnenhof Großaspach noch immer in der Oberliga. Für den dritten Anlauf auf den Aufstieg gibt es starke Konkurrenz mit den Absteigern VfR Aalen und TSG Balingen, die zudem wie der Dorfklub über schöne und große Stadien verfügen. Zum engsten Favoritenkreis zählt auch der 1. CfR Pforzheim. Das Überraschungsteam könnte der FV Ravensburg werden. Der Meister steigt wie gehabt direkt auf, der Zweitplatzierte startet in der Aufstiegsrunde, absteigen müssen mindestens zwei Mannschaften, wobei sich die Zahl durch Nicht-Aufstieg des Vizemeisters und Abstiege von oben erhöhen könnte.

Mit 16 neuen Spielern und einem neuen Hauptsponsor macht sich der VfR Aalen daran, den Betriebsunfall Abstieg zu reparieren, geht die neue Runde aber demütig an. 16 Kicker, darunter etliche Leistungsträger, haben Aalen verlassen. Unter den Neuen sind neben Talenten aus der eigenen U19 auch gestandene Spieler mit viel Erfahrung wie der spielende Co-Trainer Luigi Campagna, Willie Till Sauerborn und das französische Talent Sadio Dembele. Geblieben sind die Stürmer Steffen Kienle und Benjamin Kindsvater, die Tore garantieren sollen. Der VfR spielt um den Aufstieg mit.

Zwei Ex-Freiberger in Backnang

Mit Flavio Santoro und Loris Hoffmann sind nur zwei Stammspieler von der TSG Backnang abgewandert. Mit Rückkehrer Sebastian Gleißner sowie den Ex-Freibergern Antonio Babic und Shaban Veselaj sind Spieler gekommen, die die Qualität der eingespielten Mannschaft erhöhen können. Ein Mittelfeldplatz ist allemal drin.

Trainer Murat Isik muss eine neu formierte Mannschaft bei der TSG Balingen bilden, allein fünf Stammkräfte sind zum SSV Reutlingen abgewandert, von dem im Gegenzug vier Spieler gekommen sind. Geblieben sind bewährte Defensivkräfte wie Matthias Schmitz, Sascha Eisele und Adrian Müller sowie Torjäger Jan Ferdinand. Unter den Neuen sind Torwart Dennis Klose (FC 08 Villingen) sowie die Mittelfeldspieler Denis Latifovic (SGV Freiberg) und Ferdinand Schmidt (FSV 08 Bietigheim-Bissingen). Findet sich das Team rasch, spielt die TSG vorne mit.

Dem neuen Trainer Haris Krak steht mit Torhüter Sven Burkhardt, den Innenverteidigern Kevin Ikpide und Steven Keklik, Kapitän Pero Mamic sowie Alexander Götz und Lukas Böhm beim FSV 08 Bietigheim-Bissingen ein Gerüst zur Verfügung, eine Topverstärkung ist Nikolaos Dobros. Die Abgänge von Nesreddinne Kenniche und Valentyn Podolsky reißen eine große Lücke, das Duo erzielte in der Vorsaison zusammen 27 Tore. Nullacht spielt eine sorgenfreiere Saison als zuletzt.

Mit der Verpflichtung des langjährigen Aalener Kapitäns Alessandro Abruscia ist dem kleinen Nachbarn des VfR ein Transfercoup gelungen. Vier Abgänge stehen beim TSV Essingen vier Zugänge gegenüber. Neben Abruscia haben auch Patrick Auracher und Patrick Funk jede Menge Erfahrung. Essingen landet im zweiten Oberliga-Jahr am Anfang der zweiten Tabellenhälfte.

Der Kader des Oberliga-Neulings SV Fellbach hat sich zu 80 Prozent verändert. Bis auf wenige Ausnahmen (Felix Dreher, Patrick Fossi) sind sämtliche Stammkräfte der Aufstiegssaison weg, ebenso Trainer Mario Marinic. Sein Nachfolger Tomislav Zoric kommt aus dem Nachwuchsbereich des VfB Stuttgart. Der SVF ist mit der bunt zusammengewürfelten Truppe aus wenig Erfahrung und viel Talent erster Abstiegskandidat.

Trainer Zlatko Blaskic steht der Kern der Vorsaison beim 1. FC Normannia Gmünd zur Verfügung, Verstärkungen sind Offensivkraft Victor Silveira Schick und Abwehrmann Nils Staiger. Mit Alexander Aschauer verfügt Gmünd über einen der besten Stürmer der Liga. Die Normannia belegt einen Mittelfeldplatz.

Auch der FSV Hollenbach hat einen neuen Coach: Reinhard Schenker kennt die Liga aus seiner Zeit als Spieler und Trainer beim FC Nöttingen. Mit Thomas Bromma, Marius Uhl, Noah Krieger und Matthias Hahn haben vier Stammspieler den FSV in Richtung Regionalliga verlassen. Gekommen sind vorwiegend U19-Spieler, darunter Niklas Dörr vom FC Schalke 04. Das Hohenloher Kollektiv spielt um einen niedrigen zweistelligen Tabellenplatz.

Umbruch nach dem Aufstieg

Groß war der Jubel bei Calcio Leinfelden-Echterdingen nach dem erstmaligen Aufstieg in die Oberliga, dem ein größerer personeller Umbruch folgte. Fehlen werden Regisseur Adin Kajan und Torjäger Luan Kukic, der Calcio mit 27 Treffern hochschoss. Der Neuling hat sich klug verstärkt mit Torhüter Maximilian Otto, den drei Ex-Fellbachern Claudio Paterna, Riccardo Scarcelli und Ali Ferati sowie den Angreifern Salvatore Varese und Emilio Amenta. Das Team um die Leitfiguren Denis Zagaria, Markus Obernosterer und Charalambos Parharidis schafft den Klassenerhalt.

Die SG Sonnenhof Großaspach verlassen hat mit Dominik Salz die Identifikationsfigur und der Torjäger der vergangenen Jahre, auch Bastian Frölich und Luca Wöhrle waren Stammspieler beim unglücklich gescheiterten Tabellendritten der abgelaufenen Saison. Mit Niklas Pollex, Fabian Eisele und auch Valentyn Podolsky hat die SG ihre Offensive aufgerüstet. Behalten die Großaspacher ihre Heimstärke mit nur einer Niederlage in 17 Partien bei, spielen sie um den Aufstieg mit.

Es gibt Oberliga-Kenner, die dem VfR Mannheim eine Außenseiterrolle im Kampf um den Aufstieg zutrauen. Weg sind ehemalige Profis, gekommen sind jüngere Spieler aus höheren Ligen, darunter Gianluca Korte und Alexandru Paraschiv. Neu ist Trainer Marcel Abele, der in der Vorsaison die TSG Weinheim zur Vizemeisterschaft in der Verbandsliga geführt hat. Die TSG verzichtete aber auf die Aufstiegsrunde. Der VfR spielt um die Plätze acht bis zehn. Trainer Dirk Rohde hat in seiner ersten Saison den FC Nöttingen nach einer holprigen Hinrunde auf Platz zwei der Rückrundentabelle geführt. Auf den Weggang von acht Stammkräften reagierte der Verein mit der Verpflichtung von drei Leistungsträgern des Nachbarn ATSV Mutschelbach sowie von Albin Sahiti und David Stojak. Trotz des Umbruchs gehört der FCN zu den Anwärtern auf einen vorderen Tabellenplatz. Trotz Angebote anderer Vereine ist Torjäger Nico Huber beim SV Oberachern geblieben, ebenso wie ein Großteil der Stammformation. Verstärkt hat sich er SVO in allen Mannschaftsteilen. Zurückgekehrt ins familiäre Umfeld sind Demarveay Sheron und Mehmet Güzelcoban, eine Verstärkung ist Robin Mörmann. Der SVO landet auf einem Rang zwischen neun und zwölf.

Nach der Winterpause ist der 1. CfR Pforzheim unter Trainer Thomas Herbst durchgestartet und spielte bis zum vorletzten Spieltag um den Aufstieg mit. Die Form scheint Bestand zu haben: In drei Pokalspielen gegen unterklassige Teams feierten die Pforzheimer drei Siege bei 27:0 Toren. Trotz der Abgänge der drei Angreifer Willie Till Sauerborn, Salvatore Varese und Stanley Ratifo ist die Mannschaft offensiv um Top-Torjäger Konstantinos Markopoulos gut aufgestellt und hat mit Walter Vegelin und Yve Borie noch zwei starke Stürmer dazubekommen. Eine Verstärkung für das Mittelfeld ist Luca Wöhrle, eine spannende Personalie Sven Mende vom FC St. Pauli II. Pforzheim spielt mit Aalen und Großaspach um die Aufstiegsplätze.

Neuzugänge mit viel Erfahrung

Mit dem Ex-Bundesligaspieler Martin Braun als Trainer und hochkarätigen Neuzugängen sowie der modernen Infrastruktur im und rund um das Stadion stellt der FV Ravensburg das wohl spannendste Projekt der neuen Saison. Nach 300 Erstligaspielen in Österreich soll Jan Zwischenbrugger die Abwehr stabilisieren, Daniele Cardinale vom Regionalligisten FV Illertissen steht für Kreativität in der Offensive, und Kukic von Calcio Leinfelden-Echterdingen kann mit Daniel Schachtschneider ein treffsicheres Duo im Sturm bilden. Geblieben ist zudem der bislang von den Stuttgarter Kickers ausgeliehene Torwart Ramon Castellucci. Gelingt es Braun, alle zu einem homogenen Team zusammenzuschweißen, landet der FVR auf den ersten vier Plätzen.

Nur durch den Aufstieg des 1. Göppinger SV blieb der SSV Reutlingen in der Liga. Die vor der Entscheidung bereits verpflichteten fünf Kicker der TSG Balingen wären auch bei einem Abstieg gekommen. So aber sind sie herausragende Akteure in der Oberliga – allen voran Moritz Kuhn. Schwer wiegen die Abgänge der Defensivspieler Denis Lübke, Marvin Jäger und Nils Staiger dennoch. Nach zwei Jahren in den USA hat sich Yannick Toth, einst beim FSV 08 Bissingen am Ball, Reutlingen angeschlossen. Dem SSV ist ein Platz zwischen vier und acht zuzutrauen.

Durch den Aufstieg der ersten Mannschaft in die Regionalliga durfte der FC 08 Villingen II nachrücken. Drei erfahrene Akteure mit Gabriel Cristilli, Frederick Bruno und – zumindest vorübergehend – Tefvik Ceylan verstärken das junge Team, das einzig um den Klassenerhalt spielen wird.

Ein völlig neues Gesicht taucht mit dem Badischen Verbandsligameister FC Zuzenhausen in der Liga auf, der auch als Hoffenheim IV bezeichnet wird, zumal er seine Sportstätten in unmittelbarer Nähe des Trainingszentrums der TSG 1899 hat. Hoffenheimer Talente und vom SV Sandhausen und FC Astoria Walldorf kicken in Zuzenhausen, für das es ebenfalls einzig um den Klassenerhalt geht.

 
 
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