Es war ein wirklicher Schock für Daniel Zmpitas. Der Trainer, der in der abgelaufenen Saison für NK Croatia Bietigheim an der Seitenlinie stand und sich nun dem FV Löchgau anschließt traute seinen Ohren beim Bezirkspokal-Finale nicht. Beim Endspiel gegen den SV Leonberg/Eltingen wurde der Coach und sein Team rassistisch beleidigt. „Die liegen rum wie die scheiß Italiener. Aber die sind noch schlimmer, die scheiß Ausländer“, sagte damals ein Zuschauer zum späteren Pokalsieger. „Das habe ich zum ersten Mal so zu spüren bekommen. Ich wurde schon oft von Zuschauern beleidigt. Aber das war ein persönlicher Angriff von meinem alten Jugendtrainer, gezielt auf meine Person“, erzählt Zmpitas.
Fußball Verband sieht kein Rassismusproblem
In der abgelaufenen Saison kam es zu zehn diskriminierenden Vorfällen in den Ligen im Bezirk Enz/Murr. Betroffen sind häufig die mehrheitlich ausländischen Vereine.
Immer wieder provozierten beide Seiten im Finale die Gegner, so auch die Spieler der Männer von der Enz nach dem 1:0, die in Richtung Leonberger Fans jubelten. „Das ist immer wie ein Pulverfass“, sagt Zmpitas. „Provokationen gibt es immer. Vielleicht gibt es auch von mir mal eine Reaktion, von mir aus jubeln wir kurz da hin, aber das gehört sich einfach nicht.“
Ausschreitung in Lomersheim
Doch das war nicht der einzige Zwischenfall in der vergangenen Saison bei NK. Im Ligaspiel in Lomersheim fielen erneut abfällige Kommentare: „Da wurden wir beleidigt und es wurde gesagt, ‚Seid froh, dass ihr hier in Deutschland sein dürft’.“ Nach diesem Spiel ließen die Aufsteiger das Geschehen nicht unkommentiert und sprachen das Thema unter anderem auf Social Media an. Dabei ist der Trainer solche üblen Sprüche bereits gewohnt: „Als Trainer ist man meist der, der am lautesten ist und meistens auch der, der angegangen wird. Das kann ich ab, es kommt darauf an, wie persönlich es wird.“ Auch für seine Spieler sei es nichts neues, aber „es gibt gewisse Grenzen. Wenn es zu einer Rudelbildung kommt und es fallen Worte auf beiden Seiten, dann ist das im Affekt so.“
Bei der Fairness ein gutes Zeichen
Der Coach zeigte mit NK immer wieder, dass die ausländischen Teams ganz normal Fußball spielen wollen. In der Fairnesstabelle der Bezirksliga stand Croatia in der abgelaufenen Spielzeit auf Platz zwei mit lediglich zwei Roten Karten und nur 56 gelben. Doch er kritisiert andere Vereine klar. „Es gibt Teams in den unteren Ligen, die diese Vorurteile befeuern“, erklärt er und spielt damit auf Klubs in den Kreisligen an, die sich immer wieder daneben benehmen.
Nach dem Vorfall im Pokalfinale gab es harte Konsequenzen für den SVL. „Es stand jemand vom Sportgericht direkt dahinter, der hat das live mitbekommen und es gab eine empfindliche Strafe“, berichtet Zmpitas. Der Verein musste Geld zahlen, der Württembergische Fußballverband (wfv) griff durch. „Alle Diskriminierungsvorfälle werden aufgenommen, bearbeitet und verfolgt entweder über die Sportrechtsprechung oder über die wfv-Mitarbeitenden“ heißt es in einem Statement des Verbands.
Seit 2013 werden Diskriminierungsvorfälle gesondert verfolgt, teilt der wfv unserer Zeitung mit. „Seither sind die Zahlen vor Corona tendenziell gestiegen und steigen nach Corona wieder“, schreibt Philipp Martens, der für Gewaltprävention und Anti-Diskriminierung zuständig ist. Er vermutet, dass durch die Sensibilisierungsmaßnahmen des DFB und der Landesverbände die Schiedsrichter eher unterscheiden zwischen Diskriminierung und Beleidigung. „Dadurch steigen die Zahlen tendenziell, vermutlich auch weil die Dunkelziffer hoch ist.“
In der abgelaufenen Spielzeit gab es laut den Daten im Bezirk Enz/Murr zehn rassistische Vorfälle, die allerdings nicht alle bei den sogenannten monoethnischen Vereinen stattfanden.
Unterschiedliche Umstände
„Die Vorfälle gibt es in unterschiedlichsten Umständen“, bestätigt der wfv. Teils seien die Ausschreitungen sportlicher Natur, teils aber auch ethnischer. So hätten etwa Partien zwischen Klubs aus hauptsächlich albanischen Spielern, gegen Mannschaften aus Serbien allein wegen der politischen und geografischen Lage besondere Würze. Ein Sprecher macht aber klar: „Wir haben hier kein flächendeckendes Rassismusproblem.“