Gebürtiger Haitianer im Vorstand von „Haiti wir helfen“ Guter Freund aus und für Haiti

Von Mathias Schmid
Jean-Frantz Bien-Aime (links) ist ein neues Vorstandsmitglied bei „Haiti wir helfen“. Er will mit Matthias Eigel, 1. Vorsitzender des Bietigheim-Bissinger Vereins, viel erreichen.⇥ Foto: Helmut Pangerl

Mit Jean-Frantz Bien-Aime übernimmt beim Verein „Haiti wir helfen“ ein gebürtiger Haitianer Verantwortung – und hat Großes vor.

Guter Freund – das bedeutet der Nachname von Jean-Frantz Bien-Aime. Und genau als ein solcher will sich der 29-Jährige Bietigheim-Bissinger zuküftig für seine Heimat stark machen: Der gebürtige Haitianer unterstützt den Verein „Haiti wir Helfen“ als neues Vorstandsmitglied. Und er hat viel vor.

Matthias Eigel, 1. Vorsitzender von „Haiti wir helfen“, gerät ins Schwärmen, wenn er von seinem neuen Mitstreiter erzählt: „Jean-Frantz ist ein echter Glücksfall für uns.“ Als „Liebe auf den ersten Blick“ bezeichnet Bien-Aime gar – mit einem Augenzwinkern – das Kennenlernen mit Eigel. Der junge Mann hatte sich gerade mit ein paar Kumpels zusammengetan, um ein Hilfsangebot für seine Heimat auf die Beine zu stellen. Da fädelte ein Freund, der in Eigels Firma „Kaleidoskop“ arbeitet, ein Treffen ein. Für beide war schnell klar: Gemeinsam können sie viel mehr erreichen. Eigel schwärmt: „Das war immer mein Traum, dass wir einen Haitianer als direkten Draht in unserem Verein haben.“

„Ich hatte großes Glück“

Bien-Aime kam mit acht Jahren nach Deutschland. Und das kam so: Seine Mutter arbeitete in der Dominikanischen Republik, also auf der wohlhabenderen Hälfte der Insel Hispaniola. Dort verliebte sie sich in einen Touristen, der sie und ihren Sohn mit nach Deutschland nahm. „Ich hatte das große Glück, einen normalen deutschen Werdegang zu durchlaufen“, ist Bien-Aime dankbar. Er machte den Realschulabschluss, absolvierte dann eine Ausbildung bei einem Edelstahlunternehmen in Sersheim. „Dort bin ich noch heute, bin auch im Betriebsrat tätig. Schwäbische Mentalität eben, a bissle schaffa“, grinst er.

Das Glück, das er im Leben hatte, will er nun für seine Heimat einsetzen. „Mein wichtigstes Ziel: Wir brauchen Brunnen, egal wie, dass möglichst alle Zugang zu sauberem Trinkwasser haben“, sagt er, „Was wir dann noch mehr erreichen, ist alles ein bisschen wie die Kirsche auf der Sahnetorte.“ An Ideen und Ansatzpunkten mangelt es nicht: Unternehmen gründen und die Wirtschaft stärken, auch dazu beizutragen, das Land politisch auf sicherere Füße zu stellen, würde er gerne. „Am liebsten würde ich Präsident werden und dafür sorgen, dass es den Leuten besser geht“, unterstreicht er mit einer Übertreibung seinen Eifer.

Kritischer Blick aufs Heimatland

Bien-Aime beschäftigt sich intensiv mit seinem Heimatland: Er schaut mit kritischem Blick auf den womöglich hemmenden Einfluss der USA auf den Inselstaat. Sein Wissen, aber auch seine haitianische Muttersprache und Kontakte will er nun einbringen. „Bisher mussten wir irgendwie immer darauf vertrauen, dass alles funktioniert. Jetzt haben wir einen Onkel oder ein anderes Familienmitglied vor Ort, das auch mal auf der Baustelle der Schule in Dano vorbeischauen kann“, freut sich Eigel. Der Vorsitzende verspricht sich aber auch einen neuen Anschub für den Verein. „Dass wir jetzt einen Haitianer im Team haben, ist eine extrem positive und wertvolle Botschaft.“

Bien-Aime bezeichnet sich als Schwabe, seine Heimat bleibe aber Haiti. Behalten hat er sich sein Familiengefühl und seine Bescheidenheit. „Ich müsste wirklich überlegen, wann ich mal schlecht gelaunt war“, sagt er. Ehefrau Sina nickt: „Er könnte morgen seinen Job verlieren, das würde ihn nicht aus der Fassung bringen.“ Bien-Aime fügt an: „Das, was wir hier haben, ist alles Luxus. Deshalb ist mein Kopf immer cool, und ich habe keine wirklichen Existenzängste.“

Die kennt er aber nur zu gut aus der Kindheit: Nichts zu essen. Stundenlange Märsche mit dem Onkel zur Schule, wenn er Glück hatte, auf dem Rücken des Esels seines Opas. Kilometerlange Fußwege für einen Krug sauberes Wasser. „Das sind Erfahrungen, die dich fürs Leben prägen.“ Dass es den Menschen in Haiti irgendwann besser geht, dafür will er jetzt mit Eigel und den anderen Vereinsmitgliedern kämpfen.

Am Anfang nannten ihn alle nur „Gut“

Drei Monate lang nannten ihn die Kinder zu Beginn seiner Schulzeit in Deutschland „Gut“, berichtet Jean-Frantz Bien-Aime, neues Vorstandsmitglied im Verein „Haiti wir helfen“. „Das war das Einzige, was ich am Anfang konnte: ‚Wie geht’s?’ ‚Gut.’ Als der gebürtige Haitianer, der mit acht Jahren nach Deutschland kam, gefragt wurde, wie er heißt, antwortete er ebenfalls mit „Gut.“ „Erst als die anderen merkten, dass ich auf alles mit ‚Gut’ antworte, haben sie begriffen, dass ich gar nicht so heiße.“ Aber die Sprachprobleme waren schnell beseitigt. „Als Kind lernt man easy“, erinnert sich der heute 29-Jährige.

„Haiti wir helfen“ - Im Zentrum steht die Schule in Dano

2010, direkt nach dem verheerenden Erdbeben haben Matthias Eigel und Uwe Sindlinger Haiti für einen privaten Hilfseinsatz besucht. Doch sie wollten nachhaltiger helfen. So entstand der Verein „Haiti wir helfen“. Genügend zu essen und die Chance auf Bildung – dafür setzt sich der Verein ein. Das Schwerpunktprojekt ist der Schulbau in der Stadt Dano. Von der bestehenden Schule war nach dem Erdbeben 2010 nur noch ein Trümmerhaufen übrig. 2017 wurde die Schule eröffnet. Noch immer wird gebaut: Aktuell entstehen Küche, Depot und Toiletten.

Aktuell ist ein Besuch in Dano aber nach wie vor gefährlich. Die Reise führt die Delegation immer über Port au Prince. „Da herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände“, sagt Eigel. „Aber das wird sich beruhigen. Wir werden öfter da sein, sobald sich die Lage beruhigt, schaut Jean Frantz- Bien-Aime positiv voraus. (www.haiti-wir-helfen.de)

 
 
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