Gemeinderat Besigheim Tourismusabgabe für die Steillagen?

Von Yannik Schuster
Immer mehr Steillagen in Besigheim werden nicht mehr bewirtschaftet, das soll eine städtische Förderung verhindern. Foto: /Martin Kalb

Die Felsengartenkellerei bringt eine städtische Förderung für Besigheimer Wengerter ins Gespräch.

Die Besigheimer Steillagen prägen seit jeher das Stadtbild des „schönsten Weinorts Deutschlands“. Doch der Weinbau in den Steillagen lasse sich in den letzten Jahren immer weniger wirtschaftlich bewältigen, sagt Walter Reuschle, Aufsichtsratsvorsitzender der Felsengartenkellerei. In der letzten Gemeinderatssitzung präsentierte er daher die Idee einer städtischen Förderung zum Erhalt der stadtbildprägenden Steillagen in Besigheim.

Die Gründe für die schwierige Situation der Wengerter seien vielfältig. Zum einen sei da die nicht vorhandene Bereitschaft der Kunden, mehr für deutsche Weine, oder auch Steillagen-Weine zu bezahlen, so Reuschle. Dann komme da noch der Faktor Klimawandel hinzu, der die in Besigheim vorherrschende Rebsorte Trollinger extrem zu schaffen mache.

Historisch niedrige Auszahlung an Wengerter

Weiter spiele der Fachkräftemangel eine große Rolle: Für die Wengerter werde es immer schwieriger, für die körperlich anstrengende Arbeit Personal zu finden. Verstärkt werde dies durch die derzeit historisch niedrige Auszahlung an die Wengerter und den gestiegenen Mindestlohn. All das führe dazu, dass immer mehr Weinberge aufgegeben werden, so etwa in Richtung Bietigheim-Bissingen im Bereich der Kammgarnspinnerei, und schließlich brach liegen, teilweise nicht gerodet werden und keine Basispflege mehr erfahren.

Von den grob 40 Hektar Steillagen in Besigheim befänden sich derzeit noch rund 80 Prozent im Ertrag, Tendenz fallend, so Reuschle. Die derzeitige Förderung des Landes decke bei Weitem nicht die Basiskosten, sodass die Steillagenbewirtschaftung ein defizitäres Geschäft sei.

Um der rechtlichen Hürde einer Doppelförderung des Weinbaus zu entgehen, schlägt die Felsengartenkellerei daher einen gesamtheitlichen Ansatz vor, bei dem die Steillagen als erhaltenswertes Kulturgut betrachtet werden. Für Weinbau, Bienenweiden, Magerwiesen, Bepflanzung und den Mauerbau sieht das Konzept Fördermittel vor. Und eine Rodungsprämie soll einen Rückzug, sofern er unvermeidbar sei, geordnet gestalten. Finanziert werden könne die Maßnahme durch die Schaffung einer Tourismusabgabe, so Reuschle.

Bürgermeister Steffen Bühler erkundigte sich nach der Wirksamkeit einer solchen Förderrichtlinie. Reuschle antwortete, dass vor allem die größeren Wengerter gerne weitermachen würden, jedoch dringend benötigtes Personal fehle. Er sei überzeugt, dass eine Förderung den Rückzug reduzieren könne. Christian Herbst (SPD) schlug die Schaffung von Solarflächen auf aufgegebenen Steillagen vor. Thomas Pulli (BMU) pflichtete ihm bei:

Solarflächen auf

gerodeten Steillagen?

Helmut Fischer (BMU) erkundigte sich nach der Bereitschaft der Wengerter, ökologischen Weinbau zu betreiben, worauf Reuschle erklärte, dass das seit zehn Jahren bestehende Förderprogramm zur Umstrukturierung bislang lediglich für 3,5 Hektar genutzt wurde. „Mit Subventionierung löst man nicht den Kern des Problems“, sagte Frank Land (FrAktions-Bündnis). Der Trollinger sei nicht mehr so gefragt, ändern könne sich die Situation nur, wenn mehr Qualität in die Flaschen komme.

Walter Zeyhle (FWV) sagte, solange der Verbraucher nicht bereit sei, mehr für den Wein zu bezahlen, werde sich nichts ändern. Eine Förderung der Stadt werde die Steillagen nicht retten. Man müsse mit mindestens 80 000 Euro rechnen, die man zur Verfügung stellen müsse.

Edgar Braune (FrAktions-Bündnis) regte an, die ganze Landschaft als Unesco-Kulturerbe zu etablieren. Reuschle sagte, die Abgeordneten des Kreises seien bereits in Kontakt mit der Unesco, eine Entscheidung könne aber noch Jahrzehnte dauern. Bürgermeister Bühler sagte schließlich, die Gemeinde sei grundsätzlich bereit, das Thema als ihres zu betrachten und es solle eine Förderrichtlinie erarbeitet werden.  Yannik Schuster

 
 
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