Mobilität in Sachsenheim Gemeinderat tritt bei Radweg auf die Bremse

Von Martin Hein
Die Radfahrer werden sich weiterhin gedulden müsse Foto: /Martin Kalb

Der Sachsenheimer Gemeinderat sollte einem Gestattungsvertrag zustimmen, damit der Radweg vom Kirbachhof nach Häfnerhaslach umgesetzt werden kann. Nach hitziger Diskussion wurde das schließlich Thema vertagt.

Wir freuen uns und sind guter Dinge und hoffen auf Zustimmung für die Radwegverbindung.“ Der Häfnerhaslacher Holger Springer meldete sich zu Beginn der Gemeinderatsitzung in der Bürgerfragestunde zu Wort und äußerte sich zum Tagesordnungspunkt Radwegeverbindung zwischen dem Kirbachhof und Häfnerhaslach sowie dem Abschluss eines so genannten Gestattungsvertrages. Der Weg – wie geplant – gehe in die richtige Richtung und er hoffe, dass es ein guter Radweg wird. Holger Springers Hoffnungen erfüllten sich jedoch nicht – noch nicht.

Eigentlich geht es nur um ein etwa drei Kilometer langes Stück Radweg, das vom Kirbachhof nach Häfnerhaslach führen soll (die BZ berichtete). Die Stadt und der Kreis wollen diese Radachse verkehrssicher und für Radfahrer ertüchtigen, heißt es in der Beschlussvorlage. Die Stadt bearbeitete die Umsetzung des Radweges federführend. Vorwiegend vorhandene Feld- und Waldwege sollen dafür genutzt werden.

Kreis bezahlt den Radweg

Das Landratsamt erklärte sich 2019 bereit, als Straßenbaulastträger die notwendigen Kosten für das Einschottern des künftigen Radweges zu übernehmen, einschließlich Planungs- und Nebenkosten. In der Summe immerhin 336 000 Euro. Knackpunkt ist, dass der Radweg ein gutes Stück auf einem Grundstück der Gräflich Nesselrodeschen Verwaltung verläuft. Um dieses Stück ringt die Stadt mit der Gräflichen Verwaltung schon seit Jahren.

Seit Herbst 2019 ist die Stadtverwaltung im Gespräch mit dem Grundstückseigentümer. Die Verhandlungen gestalteten sich offenbar schwierig. Der Eigentümer wollte vor allem Fragen der Haftung und Verkehrssicherungspflicht mit Blick auf die erhöhte Nutzung des Waldweges als Radweg, die Abgrenzung der Verantwortlichkeiten sowie die Sicherstellung des Forstbetriebes und dergleichen geklärt wissen. Nun schien eine Lösung in Form eines Gestattungsvertrages greifbar. Michael Ilk, Leitung Stadtentwicklung und Nachhaltigkeit, wies darauf hin, dass das Thema bereits im Technischen Ausschuss diskutiert wurde, und präsentierte dem Gremium den Plan und die mutmaßlichen Kosten, die für die Stadt anfallen.

Demnach sollte der Nesselrodeschen Verwaltung eine jährliche Verwaltungspauschale in Höhe von 1000 Euro überwiesen werden. Für die Stadt kämen zudem geschätzte Kosten in Höhe von 5000 bis 15 000 Euro pro Jahr für den Unterhalt des Radweges hinzu. Ilk bat den Gemeinderat der Beschlussempfehlung zu folgen, „Ich halte den Radweg für sehr wichtig“, unterstrich er.

Dann entwickelte sich eine teils sehr emotional geführte Diskussion. Gemeinderat Hugo Ulmer (CDU) betonte, dass er den Radweg für wichtig und dringend notwendig halte. Er kritisierte jedoch massiv die Streckenführung, die am letzten Teilstück vor Häfnerhaslach eine starke Steigung und dann ein starkes Gefälle aufweise. Auch dass mit rund 250 000 Euro der Kreis einen privaten Radweg finanziert, verstehe er nicht. Hugo Ulmer: „Der Vertrag ist zu unserem Nachteil eklatant einseitig.“ Der Forstbetrieb habe nach dem Gestattungsvertrag immer Priorität, der städtische Bauhof müsse dann immer absperren, die Stadt müsse beispielsweise Bewuchs beseitigen und die Kosten dafür übernehmen. „Das kann ich so nicht akzeptieren“, so Ulmer.

Ilk wies darauf hin, dass der Vertrag ein großes Entgegenkommen des Grafen sei. „Wir möchten diesen Radweg“ betonte Bürgermeister Holger Albrich und wies darauf hin, dass die Stadt schon seit Jahren an dieser Verbindung dran sei. „Entweder möchten wir diesen Radweg oder nicht. Ich bitte sie, diesem Vertrag zuzustimmen“, so Albrich.

„Ich kann der Sache nicht zustimmen“ sagte Sabine Schülke (CDU), der Vertrag sei zu einseitig und so nicht akzeptabel. Albrich erwiderte, dass ein anderer Vertag nicht möglich gewesen sei. Ralf Nägele (FWV) bemerkte: „Wir alle wollen ein möglichst gutes Radwegenetz.“ Die Bedingungen seien schlecht, aber den Vertrag abzulehnen wäre ein Schildbürgerstreich und der Bevölkerung nicht zu vermitteln. Dafür bekam Nägele Applaus von anwesenden Bürgern.

Sicherheit der Radfahrer wichtig

Dr. Wolfgang Renz (GLS) äußerte Verständnis für die Haltung der CDU-Fraktion. Die Sicherheit der Radfahrer sei das Wichtigste. „Ein straßenbegleitender Radweg wäre mir lieber“, so Renz.

Dirk Reiber (SPD) bezeichnete den Vertrag inhaltlich als Katastrophe und wollte wissen, ob man aus dem Vertrag (Laufzeit 15 Jahre) herauskomme, falls er zu teuer werde. Bürgermeister Albrich räumte ein, dass man sich seitens der Verwaltung keine Gedanken gemacht habe, den Vertrag vorzeitig aufzukündigen. Mit Blick auf die Kosten, regte Peter Brosi (GLS) an, eine Ausstiegsklausel in den Vertrag aufzunehmen: „Ich glaube, wir sollten dem heute zustimmen.“

„Der Vertrag ist nicht optimal“ stellte Karl Willig (FDP) fest. Die maximal eingeplanten 15 000 Euro pro Jahr seien seiner Ansicht nach ausreichend. Hans-Günther Neumann (CDU) sprach sich für den Radweg aus und regte eine andere Streckenführung an. „Ich glaube, wir sind im wahrsten Sinne des Wortes auf dem falschen Weg.“ Das letzte Stück in Richtung Häfnerhaslach sollte anders geführt werden, so Neumann: „Ich sage, der Plan stimmt nicht.“

Günter Dick (GLS) sprang Neumann zur Seite. Die Wegführung müsse mit den Beteiligten abgestimmt werden. „Nehmen sie die Leute mit ins Boot, dann stimmen wir ab“, mahnte Dick an. Er könne heute nicht zustimmen. „Verhandeln sie neu und legen sie uns einen neuen Vertrag vor“, forderte Dick.

„Wir schweifen vom Thema ab“

Gert-Wilhelm Bechtle (SPD) stellte fest, „wir schweifen ständig vom Thema ab“, und verlangte, dass dem Gremium ein ordentlicher Vertrag vorgelegt wird: „Dann stimmen wir zu.“ Dr. Michael Lohmann (FWV) konstatierte: „Wir führen eine närrische Diskussion, die sich im Kreis dreht und bei der nix rum kommt.“ Der Vertrag werde sich nicht ändern. „Wir müssen uns als Gemeinderat fragen, ob wir den Radweg wollen“, erklärt er.

Günter Dick stellte schließlich den Antrag auf Vertagung. Helga Niehues (SPD) unterstützte diesen. „Hier ist eine Trasse eingezeichnet, die keiner fährt“, kritisierte sie den Plan. So einen Vertrag könne sie nicht durchwinken, bekräftigte Sabine Schülke .

Wolfgang Renz stellte fest, dass Hans-Günther Neumann einen neuen Aspekt in die Diskussion gebracht habe – dass man nur ein Teilstück brauche. Mit 18 Ja- und zwei Nein-Stimmen sowie einer Enthaltung wurde beschlossen, das Thema zu vertagen.

 
 
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