Die Grundschule in Gemmrigheim ist bei vielen Eltern beliebt. Das Grundschulgebäude ist leicht zu Fuß erreichbar und liegt in der Bergstraße nahe den Weinbergen. Die Klassenzimmer, Nebenräume und Flure sind für heutige Verhältnisse großzügig. In direkter Nachbarschaft gibt es Sportmöglichkeiten, ein Basketballfeld und einen Kletterplatz. Der Albverein nutzt die Schulräume als Treffpunkt.
Gemmrigheim 900 Unterschriften für die Sanierung
Die Gemmrigheimer Grundschule an der Bergstraße könnte aufgegeben werden und ein Neubau am Wasen entstehen. Dagegen regt sich Widerstand . Am Sonntag, 13. Oktober, findet darüber ein Bürgerentscheid statt.
Doch seit einem Beschluss des Gemeinderats vom März, der mit acht zu vier Stimmen fiel, ist der Bestand der Schule bedroht. Das Schulhaus aus den 60er-Jahren, „hat einen massiven Sanierungsstau“, sagte Bürgermeister Jörg Frauhammer im Gespräch mit der BZ. Nach mehrjähriger Diskussion und Planungsaufträgen an Architekturbüros hat das Gremium erhebliche Zweifel, dass eine Sanierung langfristig rentabel ist. Die zweizügige Halbtagesgrundschule mit aktuell etwa 230 Schülern könnte aufgegeben werden. Auf dem Wasen, zwischen Hauptstraße, Neckar und Lebensmittel-Discounter Aldi am Ortsausgang Richtung Kirchheim könnte ein Neubau entstehen, so die Überlegungen. Der Beschluss: Ein Architekturbüro soll die Kosten für den Neubau ermitteln, um eine Basis für eine Entscheidung zu finden.
900 Unterschriften gesammelt
Doch das wollen viele Gemmrigheimer nicht hinnehmen. „Die Kinder verlieren eine Menge“, sagt Nadine Raich. Sie und Martin Klass sind die Sprecher einer Bürgerinitiative, die 900 Unterschriften im Ort gegen den Beschluss gesammelt hat. Genug, um damit einen formellen Bürgerentscheid (siehe Info-Box) einzuleiten mit der Frage: „Sind Sie dafür, dass die Grundschule in Gemmrigheim saniert wird und somit kein Neubau geplant werden soll?“ Am Sonntag, 13. Oktober, sollen die Gemmrigheimer darüber entscheiden. Es ist der erste Bürgerentscheid in dem Ort mit knapp 5000 Einwohnern.
Nach der Übergabe der Unterschriften ist der Gemeinderat nicht von seinem Beschluss abgerückt und hat im Gemeindeblatt eine umfangreiche Begründung für sein Handeln abgegeben. Eine Sanierung der Schule würde rund 16,4 Millionen Euro kosten, geht daraus hervor. Bei Abstrichen an dem Konzept sieht Frauhammer die notwendigen Baugenehmigungen und staatliche Fördermöglichkeiten in Gefahr. Die Eingriffe durch die Sanierung seien erheblich, sie sei risikobehaftet, auch finanziell, da im Laufe der Arbeiten Probleme auftreten könnten. Und sie würde sich über Jahre hinziehen, es seien Container notwendig für den Unterricht. Es würde eine Schule entstehen, die weit mehr Grundfläche hat als notwendig. „Das wäre ein Luxus, den wir uns in Zukunft nicht mehr leisten können“, argumentiert der Gemeinderat angesichts der knappen Haushaltslage der Gemeinde. Seit mehreren Jahren könne der Haushalt nicht ausgeglichen werden, erläutert Frauhammer.
Ein Neubau biete Möglichkeiten Kosten zu sparen, er sei günstiger zu unterhalten und energetisch besser zu versorgen, geht aus der Stellungnahme des Gemeinderates hervor. Die Gemeinde hat erste Vergleichsrechnungen für Schulen mit unterschiedlichen Standards und Kosten zwischen 12,5 und 17,2 Millionen Euro veröffentlicht. Alle drei Varianten seien unter dem Strich günstiger als eine Sanierung. Dies auch, weil die Gemeinde das Grundstück der Schule nach einem Abriss erschließen und die Grundstücke verkaufen könnte. Dafür wurden nach Abzug der Kosten für Abriss und Erschließung Reinerlöse von 2,5 Millionen Euro kalkuliert.
Prominente Fürsprecher
Viele Argumente für einen Neubau halten die Gegner für fragwürdig. Das wurde am vergangenen Samstag bei der Informationsveranstaltung auf dem Schulhof deutlich. Ihr Begehren hat prominente Fürsprecher, darunter Jörg Lorenz, ehemaliger Gemeinderat und Schulleiter in Löchgau und Karl-Heinz Pfitzer, der frühere Schulleiter von Gemmrigheim, der von einem großen Fehler sprach, sollte „ein solches Juwel“ zerstört werden.
Für Nadine Raich und die Unterstützer des Bürgerbegehrens steht fest: Bei einem Neubau „bekommen wir eine viel kleinere Schule mit kleinerer Ausstattung.“ Massiv bezweifelt sie die Kostenberechnungen des Gemeinderates. Sie halten eine Sanierung auch mit Kosten von zehn Millionen Euro für möglich, „es gibt noch jede Menge Abstriche“, sagt sie. Das alte Schulgelände inklusive Bolzplatz, Sportplatz und Sporthalle müsste in ein Wohngebiet umgewandelt werden, um die errechneten Erlöse zu erwirtschaften. Der Vergleich der Betriebskosten sei verzerrt, weil eine Ausstattung der alten Schule mit Wärmepumpe und Solarmodulen nicht berechnet worden sei. Für Raich und ihre Mitstreiter steht deshalb fest: „Es ist keine Option, auf diese Weise an den Kindern zu sparen.“