Gericht stoppt vorerst Vereinsspaltung Durch den Judo-Club geht ein tiefer Riss

Von Uwe Mollenkopf
So sahen vor der Pandemie Trainings beim Judo-Club in Bietigheim aus. Jetzt steht eine Spaltung des Vereins im Raum. Foto: Martin Kalb

Eine vom Vorstand beschlossene Auflösung der Abteilungen Judo und Ju-Jutsu ist durch eine gerichtliche Verfügung verhindert worden.

Unter Corona-Auflagen wird im Judo-Club Bietigheim derzeit wieder trainiert. Doch während auf der Matte nach strengen Regeln gekämpft wird, tobt auf Funktionärsebene ein Streit mit harten Bandagen. Auf der einen Seite stehen die Vertreter der Abteilungen Karate, Aikido, Tai Chi und einer Meditationsgruppe, auf der anderen die Abteilungen Judo und Ju-Jutsu. Vorläufiger Höhepunkt war im Januar ein mehrheitlicher Beschluss des dreiköpfigen Vorstands und des 15-köpfigen Hauptausschusses, die Abteilungen Judo und Ju-Jutsu zum 30. Juni aufzulösen und deren Sportbetrieb einzustellen. Doch diese konnten die Trennung verhindern – vorerst.

Das Heilbronner Landgericht, das in der Sache angerufen wurde, hat am 15. Juni eine Verfügung erlassen, wonach die Aufspaltung des Judo-Clubs erst nach Abhaltung einer Mitgliederversammlung möglich ist. Man habe dies mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, heißt es in einer Mitteilung des 3. Vorstands Markus Gruber (Ju-Jutsu), in der die Situation aus Sicht der Judo- und Ju-Jutsu-Vertreter geschildert wird.

Dagegen betonen der 1. und 2. Vorstand, Uwe Careni (Karate) und Hubert Kohlhepp (Aikido, Tai Chi), dass der Auflösungsbeschluss an sich rechtmäßig, seine Durchführung aber erst nach einer Versammlung möglich sei. Doch deren Abhaltung sei angesichts der derzeitigen Corona-Auflagen vermutlich erst im Herbst wieder machbar.

Rückblick: Vor fünf Jahren schien die Welt in dem aktuell 861 Mitglieder zählenden Verein noch in Ordnung. Zumindest nach außen hin. Im Ellental wurde eine neue Dojo-Trainingshalle eingeweiht, womit der 1956 gegründete Verein nun nicht mehr nur auf städtische Hallen angewiesen war, sondern ein eigenes Domizil hatte.

Doch nach Aussage von Markus Gruber, der auch Architekt für den Neubau war, begannen gerade jetzt die Unstimmigkeiten. Viele Mitglieder hätten den Eindruck gehabt, „dass jetzt, da es etwas zu verteilen gab, Gemeinsamkeit zugunsten einer Parteilichkeit auf der Strecke blieb“. So hätten die Mitglieder der Abteilungen Judo und Ju-Jutsu feststellen müssen, dass ein Schwingboden, der für die Falltechniken dieser Sportarten erforderlich ist, nicht eingebaut werden sollte. Erst eine erneute Spendenaktion habe dies ermöglicht.

Mit Blick auf den 1. Vorstand Uwe Careni spricht Gruber von einem „unglücklichen Führungsstil“, auch wenn sich dieser große organisatorische Verdienste um den Verein erworben habe. Es sei zu Auseinandersetzungen um die Ausrichtung des Vereins, die Zuständigkeit bestimmter Abteilungen für neue Sportangebote, für Kinderanfängerkurse und Selbstverteidigungsangebote für Erwachsene gekommen. Gruber: „Die Stimmung in den Gremien verschlechterte sich, es kam zu einer zunehmenden Frontenbildung und vereinzelt zu Ämterniederlegungen.“

Careni bestätigt gegenüber der BZ: „Es gibt schon seit Jahren im Verein große Differenzen.“ Dies liege jedoch weniger an Personen, sondern an der Bildung zweier Lager, die nicht mehr zusammenpassten. Er sei sich aber bewusst, dass vor allem er zur Zielscheibe seiner Gegner geworden sei, so der langjährige Vereinschef. „Es gab Anfeindungen in Richtung 1. Vorstand“, sagt auch Kohlhepp. Er habe eine externe Mediation angestrebt, so Careni, zu der es aber nicht kam. Ein interner Schlichtungsversuch durch den 2. Vorstand sei gescheitert.

Laut Gruber gab es „Fehler und missverständliche oder unangemessene Bemerkungen und Handlungen“ auf beiden Seiten. Betroffen sei aber vor allem die Funktionärsebene, die Mitglieder der verschiedenen Abteilungen hätten nichts gegeneinander. „Es geht nur um persönliche Befindlichkeiten“, so sein Vorwurf.

Für Careni und Kohlhepp war schließlich die „gütliche Trennung“ der einzige Ausweg aus der Misere. Doch die Gegenseite habe sich geweigert, an einer Tagung im Herbst 2019, in der es um Details einer solchen Aufspaltung mit Blick auf Finanzen, Räume und anderes gehen sollte, teilzunehmen. Man habe sogar mit der Stadt gesprochen, die den Abteilungen Ju-Jutsu und Judo zugesichert habe, weiterhin städtische Räume nutzen zu können. Doch die Sache sei eskaliert, am Ende habe als letzter Ausweg der Beschluss vom Januar gestanden. Eine für den 27. März vorgesehene Mitgliederversammlung, die für Klärung hätte sorgen können, fiel Corona-bedingt aus.

Die Spaltung will Markus Gruber unter allen Umständen verhindern. Zwar gebe es das Angebot der Stadt, doch die Kapazität werde nicht reichen. Das Dojo wäre den betroffenen Abteilungen dann verwehrt, es werde an Geld und an Matten fehlen. „Die finanziellen Einbußen wären gewaltig, die gesellschaftliche Reputation wäre beschädigt.“ Zudem sei es ein „schreiendes Unrecht“, unbeteiligte Mitglieder „für einen Streit von ein paar wenigen Personen büßen zu lassen“.

Wie es jetzt weitergeht, ist offen. „Wir meinen, dass eine kluge Vereinsführung, wenn nötig mit Hilfe eines externen Vermittlers, uns wieder zusammenführen kann“, sagt Gruber. Careni und Kohlhepp beklagen ihrerseits einen aggressiven Stil der Auseinandersetzung durch die Gegenseite. Beide Lager sprechen nun erst einmal über ihre Anwälte miteinander. Über eine von den Judo- und Ju-Jutsu-Vertretern angestrebte außerordentliche Mitgliederversammlung muss ein Gericht entscheiden.

Wenn irgendwann eine Mitgliederversammlung stattfindet, könnte es hoch hergehen. Rein rechnerisch sind die Abteilungen Karate, Aikido, Tai Chi und die Meditationsgruppe mit 56 Prozent der Mitglieder in der Mehrheit. Und ein seit Februar geltender Aufnahmestopp könnte dafür sorgen, dass das auch so bleibt.

 
 
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