Baustellen, Staus, Umleitungen. Das sind wohl die drei Schlagworte, die vielen Autofahrern und Autofahrerinnen aktuell zu Bietigheim-Bissingen einfallen. Seit Mai wird die B 27, die sich durch Bietigheim-Bissingen schlängelt, in mehreren Etappen vom Regierungspräsidium Stuttgart (RPS), der Stadt Bietigheim-Bissingen und den Stadtwerken Bietigheim-Bissingen (SWBB) gemeinsam erneuert (die BZ berichtete mehrfach). Seit Montag ist nun auch eine Vollsperrung zwischen Bietigheim-Bissingen und Sachsenheim auf der L 1125 eingerichtet worden. In den Sozialen Medien lassen viele Bürgerinnen und Bürger ihrem Unmut freien Lauf. Was haben sich die Zuständigen dabei denn gedacht? Die BZ hat bei Andreas Klein, dem Leiter des Baureferats West im Regierungspräsidium Stuttgart, der auch für die B 27-Mammutbaustelle zuständig ist, nachgefragt.
Großbaustelle B 27 Unmut über die Verkehrsführung
Seit Montag ist die L1125 zwischen Sachsenheim und Bietigheim-Bissingen zusätzlich zu den Arbeiten auf der B 27 gesperrt. Muss denn alles gleichzeitig sein, fragen sich viele Bürger.
Eine erste Einschätzung
Für eine grundsätzliche Einschätzung der Lage auf den Straßen Bietigheim-Bissingens sei es noch etwas früh, sagt Klein im Gespräch mit der BZ am Dienstag. „Die großräumigen Verkehre müssen sich neu finden“, sagt er. Denn durch die Umleitungen versuche man zwar den Verkehr so gut wie möglich zu lenken, jedoch versuche auch jeder Autofahrer, den für sich persönlich geschicktesten Weg zu wählen.
Am Montag führte dieser für viele durch die Stadtteile Untermberg und Metterzimmern. „Die Pkw-Fahrer suchen sich Schleichwege“, sagt Klein, bei dem sich unter anderem eine Untermbergerin telefonisch gemeldet hatte. Sie wünschte sich, dass doch zumindest das wechselseitige Parken in der Großsachsenheimer Straße aufgehoben wird. Außerdem seien, so beobachteten es auch andere Bewohner, die sich bei der BZ gemeldet haben, Lkw durch die Teilorte gefahren. Das ist derzeit untersagt. Der Schwerverkehr, zum Beispiel aus dem Gewerbegebiet Eichwald, wird eigentlich über den Grotztunnel auf die Autobahn gelenkt.
„Man muss den Leuten die Chance geben, die Baustelle zu verstehen“, sagt Klein dazu. Am ersten Tag des neuen Baustellenabschnitts sei die Polizei noch kulant gewesen und habe beispielsweise die Lkw-Fahrer nicht gleich abgemahnt. Zu verschiedenen Maßnahmen, etwa das Parken in Untermberg sagt Klein: „Wenn man jetzt schon an den Stellschrauben dreht und dies und jenes verändert, kann sich der Verkehr nicht finden.“ Das RPS stehe im ständigen Austausch mit der Stadtverwaltung. Und ja, es werde sicherlich im Laufe der Baustellenzeit die eine oder andere Ampelschaltung verändert, hier und da mehr Schilder aufgestellt und andere Maßnahmen ergriffen. Aber in der ersten Woche des neuen Baustellenabschnitts sei vor allem eines wichtig: abwarten und beobachten.
Andreas Klein hat bereits am Dienstag beobachtet, dass die Staus in Sachsenheim an den Knotenpunkten weniger geworden seien, und es würde in den nächsten Tagen noch besser werden. Sein Tipp: Vor dem Losfahren den Verkehr anschauen, beispielsweise über Google Maps. Dabei dürfe man aber nicht vergessen, dass das Internet auch nicht immer Recht habe. Auch am Montag habe es einige Verwirrungen gegeben.
Es gibt Stellen, deren baustellenbedingte Verkehrsführung auf den ersten Blick keinen Sinn ergibt. Beispielsweise hat man sich in den Sozialen Medien gefragt, warum von der Schwarzwaldstraße kommend, stadteinwärts, das Abbiegen nach links in Richtung Metterzimmern sowie das Geradeausfahren in Richtung Parkplatz Japangarten nicht möglich ist. Der Bereich sei doch nicht betroffen von den Bauarbeiten.
„Je mehr Abbiegemöglichkeiten es gibt, desto länger ist auch die Ampelphase“, erklärt Klein. Ziel sei, die Hauptachsen so flüssig wie möglich zu halten. Durch die beschriebenen Sperrungen soll die Attraktivität der Westumfahrung gesteigert werden.
„Mit der Kirch’ ums Dorf“
Der Verkehr soll über die Auwiesenbrücke zur Schwarzwaldstraße und weiter zum Grotztunnel und der B 27 so schnell wie möglich geleitet werden. Das schränke diejenigen, die nach Metterzimmern wollen, ein. Ein Facebook-User schrieb dazu, man müsse mit der „Kirch’ ums Dorf“, nämlich über die Auwiesenbrücke zur Karl-Mai-Allee und an der Hillerschule vorbei.
Dafür entstehe jedoch weniger Stau auf der B 27 – zumindest erhoffen sich das die Baustellenbetreiber. Es werde nun beobachtet, eventuell müsse mit der Ampelschaltung nachgesteuert werden. Eine Frage, die häufig in den Sozialen Medien auftauchte, ist, warum das eigentlich alles gleichzeitig sein muss? Hätten die Bauabschnitte nicht entzerrt werden können?
Muss denn alles zeitgleich sein?
„Man kann natürlich auch kleinteiliger bauen“, sagt Andreas Klein dazu. Nur sinnvoll wäre das im Fall der B 27 nicht. Betrachtet man den ersten Bauabschnitt von der Avia-Tankstelle an der Ortseinfahrt Bietigheim-Bissingen bis zum Bahnhof: Das RPS wollte eigentlich nur den Fahrbahnbelag sanieren. Das wäre in drei Wochen machbar gewesen. Die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen wollten jedoch Kanäle und Fernwärme in die Straße legen, das hätte fünf Monate gedauert. Sinnigerweise habe man die Arbeiten zusammengelegt und so nur eine anstatt zwei Baustellen an dieser Stelle gehabt.
Selbiges gilt für den zweiten Bauabschnitt vom Bahnhof bis zur Geisinger Straße. Und letztendlich auch für den dritten Bauabschnitt, der Mitte 2026 folgen soll und die Auwiesenbrücke betrifft. „Das wird ein ganz großes Thema“, prophezeit Klein.
Warum die Sperrung der L1125 zwischen Sachsenheim und Bietigheim-Bissingen außerhalb der Ferienzeit beginnt, haben sich auch viele gefragt. „Die Großbaustelle ist ja nicht in wenigen Wochen erledigt“, sagt Klein dazu. Man habe mit der ganzen Mammutbaustelle zeitig im Jahr angefangen, um die größten Arbeiten vor Schulbeginn im Herbst erledigt zu haben. Im Sommer fahren viele Schülerinnen und Schüler mit dem Rad, im Winter seien deutlich mehr auf die Schulbusse angewiesen, die müssen dann gut durch den Verkehr kommen. Deshalb sei etwa die Brücke in Freiberg so früh dran gewesen. An der L 1125 wiederum stünden viele Tiefbauarbeiten an und die Bauzeit wird rund vier Monate betragen. Daher sei es derzeit eine gute Jahreszeit dafür, da es wenig regne. Und die gesamte Großbaustelle B 27 dauere ohnehin sechs Monate bis in den Dezember hinein, da habe man schon so viele Schulferien wie möglich in die Bauzeit integriert.
Insgesamt zeigt sich das RPS zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Mammutbaustelle. Natürlich fließe der Verkehr langsamer. Aber er fließe stetig, auch wenn es länger dauere, so Klein.