Ein Unglück kommt selten allein, bestätigte sich am vergangenen Freitag mal wieder: mitten im Feierabendverkehr ereigneten sich bei der Obstanlage neben der L 1115, kurz vor dem Autobahnzubringer Mundelsheim gleich drei gravierende Unfälle mit zum Teil schwer verletzten Personen.
Großübung der Feuerwehren im Kreis Apokalypse auf der Autobahn
Bei einer Großübung bereitete sich die Mundelsheimer Feuerwehr mit anderen auf gleich mehrere Ernstfälle vor: Von Autobrand bis Chemieunfall.
Es war eine Großübung mit mehreren beteiligten Feuerwehren und über 100 Einsatzkräften, wie sie auf Kreisebene nur ein bis zwei Mal pro Jahr stattfindet. Das Ziel, so Alexander Link, der stellvertretende Kommandant der Feuerwehr Mundelsheim: spezifische Autobahnunfälle üben, denn zum Einsatzgebiet seiner Feuerwehr gehört eben auch ein Abschnitt der A 81.
Der Notruf geht ein
Um 18.30 Uhr ging also der Notruf ein und eine Kolonne von Einsatzfahrzeugen näherte sich mit Blaulicht und Sirene der Obstanlage. Das erste Szenario von den dreien, die parallel und von unterschiedlichen Gruppen erledigt wurden: ein klassischer Verkehrsunfall, das Auto lag auf der Seite und hatte gebrannt. Eine Person war im Fahrzeug eingeklemmt. Das Fahrzeug wurde deshalb zuerst auf der Seite abgestützt, dann das Dach abgenommen und die Person geborgen.
Das zweite Szenario: Auto hinten unter einem LKW-Anhänger eingeklemmt. Zwei Personen befanden sich darin – eine konnte schnell geborgen werden, die andere war auf dem Fahrersitz eingeklemmt. Der Anhänger wurde stabilisiert, damit er nicht weiter abrutschen konnte und das Auto dann mit der Seilwinde des Rüstwagens aus Marbach darunter hervorgezogen, damit der Patient gerettet werden konnte.
Der war zu Beginn noch ansprechbar, verlor dann aber das Bewusstsein – eine besondere Herausforderung für die Retter.
Am dritten Unfallort strömte giftgrüner Rauch auf: Ein Gefahrguttransporter wurde von einem Fahrzeug gerammt, dessen Fahrer wiederum einen Herzinfarkt hatte.
Salzsäure und Styrol geladen
Entgegen der Vorschrift war er bei der Übung zudem mit Materialien beladen, die miteinander reagierten: Salzsäure und Styrol. Zwei Personen bekamen durch den Rauch gesundheitsschädliche Gase ab und mussten von Einsatzkräften mit Atemschutz und Sauerstoffflasche aus der giftgrünen Wolke gerettet werden. Zudem wurde die eine Person aus dem Auto gerettet. Die Feuerwehrleute arbeiteten schnell und zogen sich mit den Verletzten zügig aus dem Gefahrenbereich zurück, legten sofort ihre Einsatzkleidung ab, die dann von den Chemikalien gereinigt wurde.
Dann kam der Asperger Gefahrgutzug zum Einsatz: die Chemikalien mussten abgedichtet und abgesaugt werden. Zuerst verstreuten die in gelbe Ganzkörperanzüge gehüllten Spezialeinsatzkräfte dafür Ölbindemittel, damit die Chemikalien sich nicht ausbreiten, versickern oder in die Kanalisation laufen konnten. Dann wurde der aufgerissene Tank stellenweise abgedichtet und die austretende Flüssigkeit in einem Behältnis aufgefangen.
Neben dem Marbacher Rüstwagen mit der Winde waren noch ein Lösch- und ein Logistikfahrzeug aus Großbottwar beteiligt, ebenso die Führungsgruppe Oberstenfeld mit Einsatzleitwagen, die Mundelsheimer selbst mit zwei Löschfahrzeugen und der Gefahrgutzug Asperg mit fünf Fahrzeugen – ein Großaufgebot.
Die Menschenrettung war eine halbe Stunde nach Alarmierung abgeschlossen, eine Stunde danach waren nur noch die Asperger Spezialkräfte am Werk.
Zwölf Übungsbeobachter vor Ort
„Sehr zufrieden“, zeigte sich der stellvertretende Kommandant Link, „jeder hat seinen Job gemacht.“ Das überwachten auch die insgesamt zwölf Übungsbeobachter: „Von der großen Planungslage bis zur kleinen Handwerkslage wird hier alles abgeprüft“, erklärte Link. „Hat der Einsatzauftrag gepasst? Wussten die Leute, was sie zu tun hatten? Wurde der Einsatzauftrag erfüllt, die Person gerettet? Wurde auf die Sicherheit der Kollegen geachtet?“, das seien klassische Fragen, die sich die Übungsbeobachter stellten.
Gefahrguteinsätze sind eher selten auf der Autobahn, weiß der stellvertretende Kommandant – Verkehrsunfälle häufiger. „Aber die Autos sind mittlerweile technisch so gut, dass die Personen meistens schon aus dem Auto draußen sind, bis die Feuerwehr kommt. Das ist eine Entwicklung der letzten zehn Jahre, wo man wirklich merkt, dass die Autos sicherer sind.“