Haushaltseinbringung in Bietigheim-Bissingen Steuererhöhungen stehen ins Haus

Von Uwe Mollenkopf
Das Gewerbegebiet Laiern in Bietigheim-Bissingen. Die Steuerzahlungen der Firmen in der Stadt brechen massiv ein. Foto: Martin Kalb

Oberbürgermeister Jürgen Kessing hat den Etat für 2021 im Bietigheim-Bissinger Gemeinderat vorgestellt. Im Ergebnishaushalt tut sich eine Lücke von fast 20 Millionen Euro auf.

Haushaltseinbringungen in Bietigheim-Bissingen waren in der vergangenen Zeit meist erfreuliche Angelegenheiten. Doch dieses Jahr ist coronabedingt alles anders: Der Haushaltsentwurf für 2021, den Oberbürgermeister Jürgen Kessing am Dienstagabend im Gemeinderat präsentierte, weist ein Defizit von fast 20 Millionen Euro im Ergebnishaushalt auf, und das, obwohl gleichzeitig die Steuern erhöht werden sollen.

Alle Bereiche betroffen

„Covid-19 hat den Haushalt im Griff“, sagte Kessing in einem Pressegespräch zum neuen Etat. Aufgrund der Auswirkungen der Pandemie erwartet die Stadt trotz Hilfen von Bund und Land im laufenden Jahr ein Minus von 16 bis 18 Millionen Euro, im kommenden Jahr werden es 27 Millionen sein. Durch Konsolidierungsmaßnahmen, die bei einer Gemeinderatsklausur vereinbart wurden, wurde diese Summe auf die genannten 20 Millionen verringert.

Damit das Loch nicht größer wird, ist auch eine Anhebung der Hebesätze bei der Grundsteuer (von 255 auf 375 Punkte) und der Gewerbesteuer (von 335 auf 375) vorgesehen. Es wäre für Bietigheim-Bissingen die erste Erhöhung der Gewerbesteuer seit 1990 und der Grundsteuer seit 1996. Die Stadt sei aber auch mit diesen Änderungen landesweit bei Städten vergleichbarer Größenordnung noch immer eine Kommune mit den günstigsten Hebesätzen, so der Oberbürgermeister.

Maßvolle Erhöhungen soll es auch bei der Vergnügungssteuer auf Geldspielautomaten und bei der Hundesteuer geben. Ebenso kündigte Kessing Gebührenerhöhungen an, etwa bei den Kitagebühren oder den Friedhofsgebühren. Und es stehen Einschnitte bei freiwilligen Leistungen an. Dabei habe man alle Bereiche im Blick, so Kessing, von der Kultur bis zum Sport. Nötig sei ein umfangreiches Paket zur Reduzierung der städtischen Aufgaben, das alle Bereiche des öffentlichen Lebens treffen werde.

Bad-Neubau wird verschoben

Wie bereits berichtet, wird das Altstadtfest „Bietigheimer Wunderland“, das im kommenden Jahr vorgesehen war, ausfallen. Ebenso sollen die Pläne für einen Hallenbad-Neubau im Ellental geschoben werden. Das Vorhaben, das von den Stadtwerken mithilfe eines Sechs-Millionen-Euro-Zuschusses der Stadt realisiert werden sollte, habe sich verteuert, berichtete Kessing, in der derzeitigen Lage hätten weder Stadt noch Stadtwerke das dafür nötige Geld. Man wolle daher den Betrieb des bestehenden Bades in Bissingen noch möglichst lange aufrecht erhalten, sagte Bürgermeister Joachim Kölz.

Es seien hauptsächlich die massiven Rückgänge bei der Gewerbesteuer, der für die Stadt wichtigsten Steuerart, die Bietigheim-Bissingen treffen, schilderte Kölz. Er sprach von einem drastischen, nie erwarteten Einbruch. Konnte die Stadt 2019 noch 38 Millionen Euro an Gewerbesteuer verbuchen, werden es dieses Jahr nur noch etwa 17,5 Millionen Euro sein. Und im kommenden Jahr wird trotz der vorgeschlagenen Steuererhöhungen mit knapp 20 Millionen Euro immer noch deutlich weniger als in normalen Jahren erwartet. Viele Betriebe hätten der Bietigheim-Bissinger Stadtverwaltung auch signalisiert, dass sie nicht von einem schnellen Aufschwung und einer raschen Rückkehr zur alten Ertragskraft ausgingen, so Kölz. Die Durststrecke dürfte nach Ansicht von Kölz und Kessing daher bis 2023/2024 andauern.

Liquidität schmilzt

Dass die Stadt für das kommende Jahr trotz der finanziellen Schwierigkeiten keine neuen Schulden aufnehmen muss, liegt daran, dass sie noch über liquide Mittel aus den Vorjahren verfügt. Diese werden dadurch trotz der Bemühungen um eine Konsolidierung des Haushalts aber kräftig abnehmen, prophezeit Kölz. Auch 2022 könne er keine Besserung versprechen. Wäre das Jahr 2020 ohne die eingeleiteten Sparmaßnahmen abgelaufen und hätten Bund und Länder den Kommunen in der Coronakrise keine finanzielle Unterstützung zugesagt, so „stünden wir schon in diesem Jahr am Ende unserer Liquidität“, so der Bürgermeister.

Unterstützung von Wiedeking

Als Lichtblick in Zeiten knapper Kassen bezeichnete OB Jürgen Kessing einen zusätzlichen Beitrag des früheren Porsche-Chefs Dr. Wendelin Wiedeking für die rhythmisch-musikalische Früherziehung an städtischen Kitas. Diese entstand als Idee von Wiedeking und Kessing 2008, rund 700 Kinder nehmen pro Kindergartenjahr teil. Doch die Kosten von jährlich 165 000 Euro seien in Anbetracht der schwierigen Finanzlage ein Problem, so Kessing. Wiedeking will deshalb mit seinen Stiftungen in Stuttgart und Bietigheim-Bissingen in den nächsten beiden Jahren den Zuschuss von 20 000 auf jeweils 100 000 Euro erhöhen, um den Fortbestand des Projekts zu sichern. Kessing geht davon aus, dass der Gemeinderat die Restfinanzierung genehmigen wird.

Daten und Fakten

130 Millionen Euro betragen die ordentlichen Aufwendungen im Ergebnishaushalt der Stadt.

110 Millionen Euro betragen die ordentlichen Erträge. Daraus ergibt sich das Defizit von 20 Millionen Euro. „Wir schaffen es nicht mehr, unsere laufenden Aufwendungen mit den Erträgen zu finanzieren“, so Bürgermeister Joachim Kölz zur finanziellen Lage.

20 Millionen Euro erwartet die Stadt im kommenden Jahr an Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die erhöht werden soll.

8 Millionen Euro sollen an Grundsteuer eingenommen werden, die ebenfalls steigen soll.

40 Millionen Euro sollen an Einkommens- und Umsatzsteueranteil sowie sonstigen Steuern in die Stadtkasse fließen.

40 Millionen Euro gibt die Stadt im Jahr 2021 fürs Personal aus. Hier schlagen Tarifsteigerungen und Kita-Ausbau zu Buche.

44 Millionen Euro fallen an Umlagen an. Diese würden aufgrund der Berechnungsmethodik in Krisenzeiten „leider nicht geringer“, so OB Kessing.

17 Millionen Euro sollen 2021 trotz der schlechteren Rahmenbedingungen investiert werden.

4 Millionen Euro sollen in Schulbaumaßnahmen fließen.

2 Millionen Euro fallen für den Kita-Ausbau an.

 

 
 
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