Haushaltsverabschiedung in Besigheim Kommt Bürgerentscheid über Brücke?

Von Michael Soltys
Umstrittenes Projekt: Auf Höhe der Stadthalle Alte Kelter (Bildmitte) könnte eine weitere Fußgängerbrücke gebaut werden.&x21e5; Foto: Martin Kalb

Ob eine weitere Brücke über die Enz in Besigheim gebaut werden soll, bleibt umstritten. Die Fraktion CDU/WIR will einen Bürgerentscheid prüfen lassen. Der Haushalt wurde einstimmig verabschiedet.

Nach intensiver Diskussion in mehreren Sitzungen hat der Besigheimer Gemeinderat am Dienstag einstimmig den Haushalt für 2022 verabschiedet Umfassend nahmen die Fraktionen Stellung zu dem Etat (siehe gesonderte Berichte). Mit einem Antrag setzte die Fraktionsgemeinschaft CDU/WIR ein heikles Thema auf die Agenda: Wird die umstrittene Frage einer weiteren Brücke über die Enz etwa auf Höhe der Stadthalle Alte Kelter durch einen Bürgerentscheid entschieden? Die Voraussetzungen dafür soll die Stadtverwaltung jetzt prüfen. Dieser Antrag wurde einstimmig bei vier Enthaltungen der Freien Wähler verabschiedet.

Rund 100 000 Euro sind im Haushalt für die weiteren Planungen der Brücke für Fußgänger und Radfahrer eingestellt. Sie könnte die Altstadt mit dem Quartier rund um den Bahnhof verbinden und ist Teil des Nordparks, dessen Planungen 2022 ebenfalls vorangetrieben werden sollen. Gegen das Brücken-Projekt hat sich bereits jetzt Widerstand in der Bürgerschaft formiert, im Gemeinderat ist vor allem die BMU aus ökologischen Gründen strikt dagegen. Dem BMU wäre es am liebsten, wenn das Projekt nach einer Machbarkeitsstudie und folgender Grundsatzdiskussion noch vor weiteren Planungen beerdigt werden könnte, machte ihr Sprecher Helmut Fischer deutlich. Er sehe im Gemeinderat schon jetzt keine Mehrheit für das Projekt.

Bühler: Vorab präzisieren

Mit einem Bürgerentscheid, für den eine Zweidrittel-Mehrheit nötig ist, könnte aus Sicht von CDU/WIR die schweigende Mehrheit in der Stadt aktiviert werden, hofft Fraktionssprecher Achim Schober, die Voraussetzung für eine Entscheidung auf breiter Basis könnten geschaffen werden. Dafür müssen fundierte Grundlagen geschaffen werden, führte Bürgermeister Steffen Bühler aus, der Gemeinderat müsse sich vorab positionieren, forderte er. Nötig seien Informationen über den Verlauf und die mögliche Gestaltung, über Flora und Fauna an der Enz, über eine Gefährdung durch Hochwasser. „Wir müssen präzisieren, was zur Entscheidung vorgelegt wird“, machte Bühler deutlich.

Skeptisch bewerteten Freie Wähler und SPD einen Bürgerentscheid. Das Thema sei geeignet, einen „Keil in die Gesellschaft“ zu treiben, sagte Christian Herbst von der SPD. Walter Zeyhle von den Freien Wählern forderte die Stadträte auf, nicht zu „kneifen, weil wir uns nicht einigen können“. Für den nördlichen Enzpark gebe es ein ganzheitliches Konzept, „das wir im Gremium weiter umsetzen sollten“.

 

Generalkritik

Achim Schober, Sprecher von CDU/WIR, nutzte die Etatdebatte für eine Art Generalkritik an der Stadtverwaltung und an Bürgermeister Steffen Bühler. Er beklagte einen Mangel an Strategie. „Ziele, auf die wir hinarbeiten, muss man mit der Lupe suchen“, sagte er. Planungen würden bis auf den letzten Tag  hinaus geschoben. Fragen aus dem Gemeinderat blieben unbeantwortet. Beispiel Klima und Umwelt: Es fehlten Zielmarken für die Reduzierung von CO2 in kommunalen Gebäuden und des Fuhrparks. „Warum nicht klimaneutrale Neubaugebiete entwickeln?“ Beispiel Baulandpolitik: Es gebe „nahezu keine Vorstellungen“, was mit der Erweiterung des Baugebietes Bülzen-Schimmelfeld geschehen soll. Auch beim Ziegelei-Areal „sind wir weit entfernt von ersten Ideen und Zielvorstellungen“. Beispiel Kinderbetreuung: Das Thema sei von „kurzfristigen Interims- und Notlösungen geprägt“. Für die neuen Wohngebiete müssten schon jetzt Ideen entwickelt werden. „Wir wollen beteiligt werden, aktiv mitarbeiten und vor allem mitgestalten.“

 

Vorrang für Klima

Helmut Fischer, BMU, rückte einmal mehr das Thema Klimaschutz in den Vordergrund. Im Haushalt 2022 spiele es „eine bestenfalls unauffällige Rolle“, sagte er. „Wie und wann definiert, und zwar mit Zeitschiene, die Stadtverwaltung ihre Klimaschutzziele?“, fragte er. Für Fischer drängt sich eine Mitgliedschaft in der Ludwigsburger Energieagentur Lea auf. Freudental und Kirchheim mit ihren Nahwärmekonzepten haben für den BMU-Sprecher Vorbildcharakter. Ein erweitertes Nahwärmenetz könnte beispielsweise für die denkmalgeschützten Häuser der Innenstadt sinnvoll sein.

Statt Pläne für eine neue Brücke über die Enz zu verfolgen, sollte sich die Stadt um ein Projekt kümmern, das Jahr für Jahr nach hinten geschoben werde: eine Aufzugsanlage vom Kies hoch zur Altstadt beim Oberamteigebäude. Kostenpunkt: Rund 500 000 Euro. Davon hätten alle etwas, so Fischer: Bewohner, Kunden, Ladeninhaber, Touristen. Immerhin seien im Haushalt 15 000 Euro für eine Machbarkeitsstudie eingestellt.

 

Positiv gestimmt

Walter Zeyhle, Sprecher der Freien Wähler, FWV, ist positiv gestimmt: Nach wirtschaftlich unsicheren Zeiten „starten wir nun sogar mit Reserven in eine erfolgreiche Zukunft“, sagte er. Die „Megaprojekte mit Megakosten“, gemeint ist vor allem der Schul-Neubau, seien „notwendige Ausgaben für die positive Entwicklung“, auch wenn sich der Schuldenstand in einem Jahrzehnt vervielfachen werde. Besigheim sei durch seine Freizeiteinrichtungen attraktiv: Der Südpark werde trotz anfänglicher Skepsis „hervorragend angenommen“, stellte Zeyhle fest. Vom Gremium forderte er Mut und Gelassenheit die ursprünglichen Planungen für den Nordpark „ideologiefrei“ zu diskutieren. Mit der Verabschiedung der städtebaulichen Richtlinien sei der erste Schritt zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum eingeleitet worden, die Richtlinien erlaubten klare Vorgaben und Ziele. Jetzt gelte es zeitnah in die Entwicklung eines Wohngebietes einzusteigen. Die Personalkosten sollten auf unter 30 Prozent des Ergebnishaushalts gedrückt werden.

 

Altstadt autofrei

Christian Herbst, SPD, findet, dass Besigheim in einigen Punkten durchaus noch besser werden könnte. Herbst sprach verpasste Chancen beim Klimaschutz an: die fehlende Umwelt-Relevanz in Beschlussvorschlägen, den Einsatz von Baumaterial auf den Baustellen und die Heizpilze in der Altstadt. Für ein anderes, in der Stadt sehr kontrovers und hitzig diskutiertes Thema kündigte der SPD-Sprecher einen Antrag an: für die autofreie Altstadt. Nach der Schaffung von genügend Parkraum entlang der Altstadt sei es Zeit für diesen „mutigen Schritt“. Umweltverträglichkeit und Inklusion müssen zentrale Bestandteile von Neubau und Sanierung der Schulen sein. Nach der Fertigstellung des Südparks sei es jetzt „dringend Zeit“, den Raum für die Jugend unter der nahen Brücke der B 27 anzugehen. Beim Kindergartenbau hinke die Stadt wieder einmal hinterher. Um gutes Personal zu gewinnen, müssten zusätzliche Anreize geschaffen werden. Der Standort für die Schulcontainer sei ein „Schnellschuss“, Herbst erwartet große praktische Probleme.

 
 
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