Am Mittwochabend feierten die Handballerinnen des HB Ludwigsburg einen deutlichen 41:28-Derbysieg gegen die TuS Metzingen. Doch der sportliche Alltag ist weiterhin Nebensache. Die Ereignisse rund um das hitzige Bundesliga-Auswärtsspiel zuvor beim Thüringer HC wirken noch immer nach und sorgten weit über den Handballsport hinaus für Entsetzen.
Eklat in Handball-Bundesliga „Ein solches Gebaren hat im Profisport nichts zu suchen“ – Klare Reaktion bei HB Ludwigsburg auf Wutausbruch
Bei den Handball-Frauen von HB Ludwigsburg äußern sich die Vereinsverantwortlichen zu den umstrittenen Äußerungen eines gegnerischen Trainers am Wochenende. Sie kritisieren auch die aus ihrer Sicht zu geringe Strafe der Liga.
Was war geschehen? Nach der knappen 22:23-Niederlage im Topspiel entlud sich bei THC-Trainer Herbert Müller sämtlicher Frust. Bei der anschließenden Pressekonferenz in der Halle in Bad Langensalza schrie der Coach der Gastgeber ins Mikrofon: „Ich muss aufpassen, auf jedes Wort, das ich jetzt sage. Das war heute 60 Minuten lang Sieben-gegen-Neun.“ So formulierte er die Kritik, dass sein Team vom Schiedsrichtergespann benachteiligt worden sei. Müller redete sich dann in einen Rausch und griff die Ludwigsburger unter dem lauten Jubel der eigenen Fans direkt an: „Und nicht genug, dass Ludwigsburg sowieso alle Vorteile der Welt hat, 50 000 Mal mehr Geld hat als alle anderen. Und dann kriegen sie auch noch alle Unterstützung, die sie brauchen, ständig und von allen Seiten.“
Hallensprecher Wolfgang Zilling versuchte zaghaft, den aufgebrachten Coach des Tabellendritten zu beruhigen – was nicht klappte. „Da muss man auch mal die Wahrheit sagen, da kann man nicht immer nur schweigen und schauen, was hier passiert“, schrie Müller auch in Richtung seines Medienmannes. Zum Schluss schob Müller höhnisch nach: „Ich wünsche Ludwigsburg alles Gute – oder wie sie heißen“. Der Trainer spielte damit darauf an, dass HB Ludwigsburg bis vor dieser Saison noch als SG BBM Bietigheim große Erfolge gefeiert hatte. Nach Zerwürfnissen mit der Stadt Bietigheim-Bissingen schloss sich das Frauenteam als amtierender deutscher Meister dem damaligen Bezirksligisten Ludwigsburg an.
Geldstrafe für THC-Trainer Müller
„Was am Samstag abgezogen wurde, war next Level. Absolute No Go’s auch in unserer Sportart“, sagt Ludwigsburgs Sportdirektor Gerit Winnen auf Anfrage über den für seine Eskapaden bekannten Handballtrainer. „Ein solches Gebaren hat im Profisport im Allgemeinen nichts zu suchen“, sagt Winnen, dem das Herz blute, zu sehen, wie das Image des Frauenhandballes nachhaltig lädiert wurde.
Müller bekam von der Liga wegen unsportlichen Verhaltens eine Geldstrafe im vierstelligen Bereich aufgebrummt, zudem stand die Partie der Thüringer am Mittwoch gegen HSG Blomberg-Lippe (31:36) unter Aufsicht. Eine Sperre erhielt er nicht. Zum Unverständnis des Ludwigsburger Geschäftsführers: „Solange bei derart unsportlichem Verhalten keine harten Sanktionen drohen, wird sich hieran auch nichts ändern. Diese geringe Geldstrafe zu verhängen, ist ein Nackenschlag, vor allem für die Schiedsrichter.“
Aufgebracht hatte den 62-jährigen Müller eine Szene 90 Sekunden vor Schluss. Die Ludwigsburger Kapitänin Xenia Smits wurde bei einem Wurf leicht von ihrer Gegenspielerin berührt und warf den Ball am Tor vorbei. Das Schiedsrichtergespann Steven Heine und Sascha Standke entschieden auf Siebenmeter. Müller machte daraufhin mehrere fragwürdige Gesten in Richtung der Unparteiischen. „Ich hatte eine perfekte Sicht auf das Geschehen. Die Situation war eindeutig und ließ keinerlei Zweifel zu. Die Entscheidung für den Siebenmeter ist somit absolut korrekt gefällt worden“, sagt Winnen. Antje Döll traf dadurch zur Vorentscheidung. Nach Spielschluss bewarfen die Zuschauer das Schiedsrichtergespann beim Hinauslaufen mit Papierfetzen.
Trainer hatte auch HB-Spielerin angesprochen
Auch Xenia Smits sah sich Anfeindungen ausgesetzt. Müller habe sie in der entscheidenden Phase des laufenden Spiels beiseite genommen und gefragt, wie viel Ludwigsburg den Schiedsrichtern gezahlt habe, berichtet Winnen. Bei ihrem Interview wurde die Nationalspielerin dann durchgängig ausgepfiffen. Spontan griff sie sich nach Ende des Gesprächs noch einmal das Mikrofon und wendete sich direkt an die Fans: „Ihr seid wirklich spitze Zuschauer, super für den THC. Aber wir erwarten auch ein bisschen Respekt, keine Stinkefinger. Das gehört sich im Sport so.“
Ein starkes Zeichen setzten die Ludwigsburger Fans am Mittwochabend. Beim Heimspiel gegen Metzingen hing hinter einem Tor ein Banner mit der Aufschrift: „Respekt, Fairness und Teamgeist sind unsere Werte.“ Die Schiedsrichter Nicolas Jaros und Felix Thurn wurden demonstrativ mit Applaus empfangen.