Der Prozess um einen 45-jährigen Mann, der einen 58 Jahre alten Nachbarn am 24. Februar mit einer Grabegabel erschlug, endete am Montag mit der Einweisung des Täters in die Psychiatrie. Die 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Heilbronn begründete ihre Entscheidung damit, dass der Mann seine Tat im Wahn verübt habe.
Heilbronn/Häfnerhaslach Angeklagter muss in Psychiatrie
Das Gericht befindet den Täter von Häfnerhaslach für schuldunfähig und weist ihn in die Psychiatrie ein. Dafür hatten auch Staatsanwaltschaft, Opferanwalt und Verteidigung plädiert.
Gefahr für die Allgemeinheit
Die Entscheidung basiert auf der richterlichen Feststellung, dass der Angeklagte nicht erst zur Tatzeit an einer schweren schizophrenen Psychose litt, sondern dass diese Krankheit bei ihm bereits seit gut 20 Jahren aktenkundig ist. Er stelle in diesem Zustand eine sehr große Gefahr für die Allgemeinheit dar, die vor ihm geschützt werden müsse.
Nachdem der 45-Jährige bereits in zahlreichen früheren Verurteilungen wegen Beleidigungen, Körperverletzungen und Bedrohungen auffällig war und auch mehrfach schon in psychiatrischer Intensivbehandlung war, gäbe es jetzt keinen Zweifel mehr an diesem schweren krankhaften Zustand.
Daher war er auch vom Vorwurf des Totschlags freizusprechen. Er habe wegen der Wahnkrankheit das Unrechte dieser schrecklichen Tat weder einsehen können, noch seine Steuerungsfähigkeit kontrollieren können.
Was die Tat selbst betrifft, mussten die Zuhörer beim Vortrag der rechtsmedizinischen Sachverständigen und den Feststellungen der Spurensicherungen im großen Verhandlungssaal des Heilbronner Landgerichts gut Nerven haben; Mit insgesamt 18 Schlägen, ausgeführt mit dieser Grabegabel mit vier spitz zulaufenden Zinken und einem kräftigen Hartholzstiel versehen, habe der Angeklagte an jenem Februarabend auf sein Opfer eingeschlagen.
Brutale Gewalttat
Der 58-Jährige war gerade von einer Radtour zurückgekehrt, als der Angeklagte ihn vor seinem Wohncontainer zuerst mit wüsten Beschimpfungen empfing und dann plötzlich attackierte. Die Gesichtsverletzungen, dargestellt in Bildern auf dem großen Monitor im Gerichtssaal, waren multipel. Nase und Augenhöhlen wurden durch die Schläge nach innen in Richtung Gehirn gedrückt.
Die Schläge auf das Opfer wurden in erster Linie in Richtung Kopf ausgeführt, aber auch auf den gesamten Körper – und zwar von allen Seiten, mit einem absoluten Vernichtungswillen. Mehrere Rippenbrüche, Arm- und Beinverletzungen durch Abwehrhandlungen, innere multiple Frakturen bis hin zum Herzen, so lautet die Diagnose. Selbst im Magen des Getöteten fanden die Gerichtsmediziner Knochensplitter. Eine derartige Attacke überlebt kein Mensch. Selbst der stabile Fahrradhelm des Opfers wurde durch die Schläge in seine Einzelteile zertrümmert.
Im jetzt verkündeten Urteil schließen sich die Richter dieser medizinischen Feststellung vollumfänglich an. Gleichzeitig stellt das Gericht auch fest, dass es eine Notwehrsituation bei dem Angeklagten nicht gab. Der 45-Jährige hatte nämlich angegeben, er habe sich nur gegen die Angriffe seines Nachbarn gewehrt. Dieser hätte versucht, ihn mit einem Messer zu töten.
Dass der Angeklagte aufgrund seiner Schizophrenie als Schuldunfähig gilt und daher freigesprochen werden muss, zeichnete sich schon in der Beweisaufnahme des Prozesses vor der Heilbronner Schwurgerichtskammer ab, nachdem Zeugen, Polizeibeamte und Nachbarn ein aktuelles Abbild des Angeklagten abgegeben hatten.
Der psychiatrische Sachverständige hatte daraufhin die klare Diagnose gestellt: „paranoide Psychose der schwersten Art“. Im Plädoyer weist der Staatsanwalt deutlich darauf hin und beantragt die Unterbringung in der Psychiatrie. Auch der Nebenkläger-Anwalt, der die Familie des Opfers vertritt, schloss sich diesem Antrag an, während der Verteidiger gleichfalls für die Einweisung seines Mandanten in einer geschlossenen Klinik plädierte.
Verteidiger: zu spät reagiert
Gleichwohl aber deutlich darauf hinweist, dass die Justiz viel früher hätte reagieren müssen, um diese Tat zu verhindern. Man hätte bereits vor Jahren erkennen müssen, dass der Mann, der am Rande von Häfnerhaslach in einem Wohncontainer untergebracht war, psychisch schwer krank ist und damit die Möglichkeit einer gravierenderer Straftat bestehen könnte.
Auch Nachbarn hatten immer wieder darauf hingewiesen, dass der 45-Jährige äußerst aggressiv sei und man fürchte, dass etwas „Schlimmes passiert“. Dies ist nun tatsächlich geschehen. Der Verteidiger stellt in seinen Schlussausführungen auch fest, dass sein Mandant mit der Tat eine regelrechte „Hinrichtung“ praktiziert habe. Er müsse jetzt behandelt werden, sodass ihm irgendwann die Möglichkeit einer Eingliederung in die Gesellschaft offen steht.
Auch an den freigesprochenen Angeklagten richtet der Strafkammervorsitzende nach der Urteilsverkündung noch den Appell, sich jetzt auf die Behandlung in der Klinik einzulassen und sich keine falschen Hoffnungen hinzugeben, „Denn das wird sehr lange dauern. Denken sie daran, dass von Ihnen derzeit eine hohe Gefahr ausgeht“.