Günther Pilz, Bürgermeister von Hessigheim und sein Team hatten sich eine ungewöhnliche Form des Bürgerforums zur Rettung der Steillagen ausgedacht. „Wir wollten kein Bürgergespräch sondern eine interaktive Bürgerbeteiligung, wir wollten aus Betroffenen Beteiligte machen“, so Pilz vor dem Steillagenforum in der Gemeindehalle am vergangenen Dienstagabend. Denn: „Lassen Sie uns gemeinsam an einem Strang ziehen, um unsere Steillagen zu erhalten und zu fördern.“
Hessigheim Aus Betroffenen werden beim Steillagenforum Beteiligte
120 Winzer, Weinbaufachleute, Weinbergbesitzer, Bürger und Bürgerinnen waren auf Einladung der Gemeinde gekommen, zur Rettung der Steillagen.
Aufteilung in Arbeitsgruppen
Schon beim Eingang in die Halle die erste Überraschung für die Besucher: Jeder musste ein Kärtchen ziehen. „Wofür denn das?“, fragte ein Besucher. „Damit sie wissen, in welche Arbeitsgruppe sie eingeteilt werden“, so die Verwaltungsmitarbeiterin. „Die Steillagen sind keine gemeindliche Aufgabe, sondern sie gehen jeden an, der möchte, dass diese Kulturlandschaft erhalten bleibt, deswegen haben wir diese Beteiligungsform gewählt“, sagte Pilz.
In seiner Begrüßungsrede macht Pilz noch einmal deutlich, um was es geht: „Wie Sie wissen, beschäftigen wir uns seit geraumer Zeit mit der Frage, welche zusätzlichen Möglichkeiten es gibt, um die Bewirtschafter unserer Steillagen über die bestehenden Förderungen hinaus zu unterstützen.“ Das gehe nur gemeinschaftlich, in dem der Weinbau, die Gemeinde und die Gesellschaft an einem Strang ziehen, so Pilz. Die Gemeinde habe bis heute rund 400.000 Euro für die Mauersanierung bereitgestellt und das Regionalmanagement habe ein Volumen von 800.000 Euro für zahlreiche Investitionen im Steillagenweinbau. „Darüber hinaus hat die Gemeinde Hessigheim durch Baulandumlegungen Mittel im sechsstelligen Bereich generieren können, die zur Mauerinstandsetzung als Ökoausgleich eingesetzt wurden. Das sind Schritte in die richtige Richtung, Schritte die Sie in anderen Städten und Gemeinde auch bisher nicht finden, aber wir müssen offensichtlich noch mehr tun“, so der Bürgermeister.
Die Lage sei so prekär, dass weitere Förderungen unumgänglich seien. Die Gemeinde hat Förderrichtlinien ausgearbeitet, die derzeit darauf warten, vom Bundesministerium Ländlicher Raum und der EU genehmigt zu werden. Dann können die vom Gemeinderat bereitgestellten 150.000 Euro in einem Zeitraum von fünf Jahren freigegeben werden. Zudem soll eine Personalstelle zum Management der Förderung, der Anträge sowie eventueller Flächentausche eingerichtet werden (die BZ berichtete mehrmals). Dabei soll die Möglichkeit bestehen, für Bewirtschafter, die noch weiterhin bewirtschaften können und möchten, vom Mühlberg in den Wurmberg zu wechseln und im Gegenzug Eigentümer mit Flächen im Wurmberg, die einer Bewirtschaftung oder Alternativpflanzung nicht nachkommen können, in den Mühlberg zu tauschen.
In den anschließenden sechs Arbeitsgruppen wurden dann drei zentrale Fragen bearbeitet: Welche Herausforderungen machen dem Steillagenweinbau in der Region derzeit besonders zu schaffen? Welche Formen der Unterstützung würden Sie sich von Gemeinde, Politik und Gesellschaft wünschen? Welche Vorteile bringt eine intakte Kulturlandschaft für eine Gemeinde?
Kritik an der Felsengartenkellerei
Eindeutig bekannten sich die Teilnehmer zum Erhalt der Kulturlandschaft. Kritik an der Felsengartenkellerei, bei der die meisten Mitglied sind, wurde laut. Fehlende Unterstützung der Steillagenwengerter, mangelhaftes Marketing oder keine Visionen für die Zukunft waren die Kernpunkte der Kritik an der Genossenschaft.
Tatsächlich sahen die meisten eine Lösung nur in gemeinschaftlichen Aktionen, wie der Gemeinschaftspflege von Flächen oder die Gründung eines Wengerter-Vereins, sodass Mittel aus der Vereinsförderung generiert und Aktionen geplant und realisiert werden können. Pilz versprach, alle Vorschläge zusammenzufassen und zu prüfen. „Ich bin sehr zufrieden, denn die Rettung der Steillagen wurde hier als zielführende Gemeinschaftsaufgabe angegangen.“