Seit 31 Jahren ist Eberhard Wolf eng mit der Weinbranche in der Region verbunden. Im August 1993 übernahm er die Geschäftsführung der Weingärtner Mittleres Schozachtal in Ilsfeld. Nach der Fusion mit der Felsengartenkellerei war der heute 56-Jährige seit 2010 weiter für den Standort Ilsfeld verantwortlich. Im April 2024 folgte ein entscheidender Karriereschritt: Seitdem ist Wolf Vorstandschef der Felsengartenkellerei und damit verantwortlich für die Geschicke der Genossenschaft, der 1362 Mitglieder angehören, von denen rund 750 Trauben anliefern.
Hessigheim In schwieriger Branche gut positioniert
Seit April ist Eberhard Wolf Vorstandschef der Felsengartenkellerei Besigheim. Ein Gespräch über Chancen, Strategien und Preise im Weinbau.
Wolf ist damit gewissermaßen das genaue Gegenteil seines Vorgängers Joachim Kölz: Der frühere erste Bürgermeister von Bietigheim-Bissingen kam im Februar 2021 als Branchenfremdling zur Felsengartenkellerei und verließ sie wieder nach nur zweieinhalb Jahren. Kölz und der Aufsichtsrat der Kellerei hatten unterschiedliche Vorstellungen über die weitere Strategie, hieß es damals.
Insider mit langer Erfahrung
Wolf selbst sieht es als großen Vorteil, den Betrieb und sein Umfeld aus langjähriger Erfahrung zu kennen. „Das Team hier ist richtig stark“, sagt er, er spüre die Wertschätzung seiner Person. Den Mitgliedern hat er mittlerweile seinen 30-Punkte-Plan vorgestellt, wie er die Genossenschaft intern in die Zukunft führen möchte. Zuständigkeiten, Controlling, Öffnungszeiten, Arbeitspläne – das sind nur einige Aspekte, denen sich Wolf darin widmet.
Die Situation, in der Wolf an die Spitze der Felsengartenkellerei gerückt ist, stellt sich für die gesamte Branche schwierig dar. Nach den starken Corona-Jahren, in denen die Felsengartenkellerei einen Umsatzzuwachs verbuchen konnte, spüren die Weinbaubetriebe eine gewisse Kaufzurückhaltung. Der Weinkonsum sinkt. Junge Leute ziehen andere alkoholische Getränke vor. Die Kosten für Energie und Material sind gestiegen, der erhöhte Mindestlohn muss verkraftet werden. Inflation und Ukraine-Krieg sorgen für Verunsicherung.
Umsatzrückgang bei Discounter
Vor allem im Discount halten sich die Käufer württembergischer Weine zurück. Ihn bedient die Felsengartenkellerei über den „Felsenkeller“, ein Gemeinschaftsunternehmen, an dem die Württembergische Zentralgenossenschaft WZG und die Lauffener Weingärtner beteiligt sind. „Dort haben wir deutliche Rückgänge“, so Wolf, möglicherweise auch verursacht durch Preiserhöhungen der Discounter. Wie will Wolf dem entgegensteuern? Für den Vorstandschef gilt es vor allem die Eigenmarken der Kellerei weiter zu stärken. Weine wie der Secco, Glühwein oder die Reihe „TerraS“ werden stark nachgefragt, sagt er. Sie und andere Marken sollen noch stärker profiliert werden. „Das gelingt uns bisher ganz gut“, sagt Wolf. „Diese Markenphilosophie macht Spaß.“
Seit der Fusion mit der Cannstatter Kellerei Mitte 2019 werden deren Premium-Weine unter dem Namen Weinfactum in Hessigheim ausgebaut. Auch dort läuft es gut. Allein in den Jahren 2021 und 2022 sei der Umsatz kumuliert um rund 50 Prozent gestiegen. Trotz aller Probleme steht die Felsengartenkellerei in Summe stabil im Umsatz, im laufenden Jahr verzeichnet sie eine kleine Steigerung. „Wir haben die Hoffnung, dass wir unsere gute Position am Markt langfristig auf die Strecke bringen.“
Womit Wolf wie alle seine Vorgänger zurechtkommen muss, ist die Problematik der Steillagen, sichtbar an den größer werdenden Lücken der Weinberg-Schrannen am Wurmberg zwischen Besigheim und Hessigheim. Die Felsengartenkellerei unterstützt die Wengerter, die dort doppelt und dreifach soviel arbeiten müssen wie ihre Kollegen, schon lange mit Zuschlägen in verschiedener Form. Doch für Wolf steht fest: „Wir werden nicht alle Steillagen erhalten können.“ Es sei notwendig sich auf bestimmte Flächen zu konzentrieren. „Alleine ist das nicht zu schaffen“, fährt er fort und spielt damit auf eine notwendige Förderung auf kommunaler, nationaler und EU-Ebene an. Hilfreich sei, dass die EU ihren Zuschlag für Handarbeit kürzlich von 3000 auf 5000 Euro pro Hektar erhöht habe.
In unmittelbarem Zusammenhang damit stehe die „Veränderung in der Rebfläche“, sprich die Förderung renommierter internationaler oder pilzresistenter Rebsorten, die sich besser vermarkten lassen als beispielsweise Trollinger oder Schwarzriesling. Doch dieser Wandel sei schwierig und teuer. Neuanpflanzungen fordern hohe Investitionen und bringen den Wengertern über mehrere Jahre kein Einkommen. Nicht jeder sei dazu bereit, wenn beispielsweise der Nachfolger fehlt.
Die Höhe des Traubengelds, das die Genossenschaft ihren Mitgliedern zahlt, dürfte ebenfalls eine Rolle spielen. Auch wenn Kellereien in der Region noch deutlich weniger zahlten, reichten die im Durchschnitt 80 Cent pro Kilo manchem Wengerter der Felsengartenkellerei betriebswirtschaftlich nicht aus, schildert Wolf die Problematik. „Das Traubengeld muss eine Höhe haben, dass Betriebe weiterhin bestehen können“, sagt er. Und dennoch: „Mancher Wengerter hat zu lange mit der Umstellung auf andere Rebsorten gewartet. Aus Vermarktungssicht könnte es schneller gehen.“ In den nächsten Monaten, verspricht er, werde die Felsengartenkellerei neue Produkte aus den Steillagen auf den Markt bringen.
Veränderungen wird es auch im direkten Umfeld des Kellerei-Gebäudes geben, welche, das will Wolf so genau noch nicht sagen. Es geht darum, den Verkauf ab Hof zu stärken, die gut zahlenden Endverbraucher als Kunden zu binden und den Tourismus-Aspekt zu stärken. Das soll nach und nach geschehen.