Versuchter Mord mit Brennspiritus in Freudental Freispruch oder lange Haftstrafe

Von Petra Häussermann
 Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Die Differenz könnte kaum größer sein: Nach Überzeugung der Verteidigung ist die Angeklagte im Prozess um einen versuchten Mord mit Brennspiritus in Freudental freizusprechen. Die Staatsanwaltschaft beantragte dagegen am Montag vor der 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Heilbronn eine siebenjährige Haftstrafe für die 41 Jahre alte Frau. Nach der Anhörung zahlreicher Zeugen und drei Sachverständigen ist für die Anklage erwiesen, dass die gelernte Schreinerin nachts in ihrer Wohnung heimtückisch einen Bekannten mit Brennspiritus übergoss und mit einem Feuerzeug anzündete.

Die Tat geschah spontan und drogenbedingt, hielt der Vertreter der Staatsanwaltschaft der Angeklagten zugute. Daher könne der Strafrahmen für versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung von bis zu 15 Jahren Gefängnis gemildert werden. Gegen die Angeklagte sprechen jedoch ihre zahlreichen, wenn auch vergleichsweise harmlosen, Vorstrafen sowie die Gefährlichkeit der Tat und die lebenslangen Folgen für das Opfer.

Zwischen beiden Parteien ist unstrittig, dass der 52 Jahre alte Mann in der Nacht vom 27. auf den 28. Oktober 2021 in der Wohnung der Frau plötzlich in Flammen stand. Sowohl bei der polizeilichen Vernehmung als auch bei seiner Anhörung als Zeuge vor Gericht schilderte der 52-jährige, geschiedene Mann das Geschehen immer gleich: „Aus heiterem Himmel steht sie uff‘, übergießt mich, und zack, zündet mich an.“ Er erlitt schwere Verbrennungen zweiten und dritten Grades an Kopf, Hals und Oberkörper, und wird für immer Narben davontragen.

„Das war ein schicksalhafter Unfall,“ sagte Verteidigerin Amely Schweizer in ihrem Plädoyer. Danach räumte die 41-Jährige gerade auf, als der Bekannte erwachte, ihr die Flasche Spiritus abnehmen wollte und dabei etwas Flüssigkeit auf sein T-Shirt geriet. Als er sich eine Zigarette ansteckte, geriet der Brennspiritus in Brand. Wie das bei einer Flasche mit einem Sicherheitsverschluss passiert sein soll, erläuterte die Anwältin nicht. Die beiden wären wohl als Paar zusammengekommen, wenn der 52-Jährige einen Alkoholentzug gemacht hätte. Auch an diesem Abend sei der Bekannte betrunken auf dem Boden gelegen, während die 41-Jährige „hilflos hin und her lief, und nicht wusste, wie sie mit der Situation umgehen soll“. Gleichwohl habe ihre Mandantin „keinerlei Motiv gehabt, ihm etwas anzutun“, betonte die Verteidigerin. Sie beantragte einen Freispruch und eine Entschädigung für die Untersuchungshaft.

Am Ende der Verhandlung zeigte die Angeklagte erstmals seit dem Vorfall so etwas wie Mitgefühl. „Ich wollte nicht, dass so was passiert. Ich hätte einen Krankenwagen rufen müssen“, sagte sie mit zittriger Stimme in ihrem Schlusswort und weiter: „es tut mir wirklich leid, dass ich das nicht getan habe.“

Am heutigen Dienstag wird das Urteil gesprochen. 

 
 
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