In Bietigheim-Bissingen setzen Gastronomen auf Heizpilze Gastronomie wappnet sich für den Winter

Von Rena Weiss
Sinisa Martinovic (rechts) von „Paul und Toni“ am Bietigheimer Marktplatz kann seinen Gästen vor seinem Lokal jetzt Heizpilze bieten. Damit kann er sie auch in Corona-Zeiten trotz der kalten Jahreszeit im Freien bewirten. ⇥ Foto: Martin Kalb

Im Frühjahr geschlossen, im Sommer weniger Plätze und im Winter kann nicht draußen bewirtet werden – die Gastronomie trifft die Pandemie schwer. Jetzt ist Kreativität gefragt.

Der Herbst hat die Gastronomie im Griff. Kaum ein Gast sitzt noch draußen. Mit den kalten Jahreszeiten und der Corona-Verordnung ist die Kreativität der Gastronomen gefragt. Heizpilze wären da eine Lösung. Ganz so einfach ist es jedoch nicht, denn Terrassenstrahler sind vielerorts verboten. Die BZ hat Gastronomen gefragt, wie sie durch den Winter kommen wollen – und ihre Gäste auch.

In Bietigheim-Bissingen sind Heizpilze und Heizstrahler erlaubt. „Innerhalb von mobilen Zelten ist der Einsatz von gasbetriebenen Heizpilzen jedoch nicht gestattet“, sagt Ina Klein, Pressesprecherin der Stadt. Zudem müssen die brandschutzrechtlichen Rahmenbedingungen wie Zufahrten, Durchfahrten, Zugänge und Aufstellflächen eingehalten werden und bestimmen somit gegebenenfalls die Größe der möglichen Bewirtungsflächen.

Das stellen nun auch Michaela und Sinisa Martinovic von der „Paul und Toni Café Bar“ in der Bietigheimer Altstadt fest. Sie haben drei Heizpilze gekauft und in dieser Woche werden sie ein mobiles Zelt aufstellen. Wie viele Tische sie damit gewinnen, wissen sie noch nicht. Der Antrag auf Genehmigung sei zudem noch in Bearbeitung, teilt die Stadt mit.

„Es wäre ein Traum, wenn wir das Zelt jedes Jahr aufstellen könnten“, sagt Sinisa Martinovic. Doch vor allem in diesem Jahr sei es eine Notwendigkeit, um die Einbußen der Schließung im Frühjahr zumindest teilweise zu kompensieren. Dem Wunsch nach einer Holzhütte gab die Stadt nicht nach. Feste Bauten wie Holzhütten seien aufgrund des Brandschutzes nicht erlaubt, erklärt Klein: „Grundsätzlich ist die Stadtverwaltung bei entsprechenden Anfragen jedoch großzügig.“

Das sei auch nötig für die Gastronomen und Einzelhändler, so Martinovic. „Es ist eine schwierige Zeit für jeden Gastronomen und Einzelhändler.“ Die finanziellen Einbüßen lassen sich nicht wieder ausgleichen und große Investitionen wie Heizpilze und Zelte wollen wohl überlegt sein.

Das findet auch Regine Schork, die mit ihrem Mann Burkhard Schork das Romantik Hotel und Restaurant Friedrich von Schiller in Bietigheim-Bissingen betreibt. „Ich weiß nicht, ob sich die Kosten-Nutzenrechnung ausgleicht“, sagt sie zum Kauf von Heizpilzen und Co. sowie deren Betriebskosten. Die Gastronomin glaubt nicht daran, dass Speisegäste bei niedrigen Temperaturen draußen sitzen wollen. „Der Gast wird draußen nicht den Umsatz bringen, den er im Sommer gemacht hat, um diesen Aufbau draußen zu relativieren.“ Deswegen wird es beim Schiller zwar das hüttenähnliche Dach auf der Terrasse geben sowie eine Feuerschale, eine Außenbewirtung wie im Sommer jedoch nicht.

Dennoch blickt Regine Schork mit Interesse auf ihren Nachbarn „Paul und Toni“ und hofft, dass dessen Idee funktioniert. So auch die Gondeln von Markus Koppe in dessen Restaurant Koppe’s Tafelhaus (die BZ berichtete) – Konkurrenzdenken Fehlanzeige. „Ein Einzelner bringt nichts“, fasst es Martinovic zusammen und hofft darauf, dass sich die Stadtverwaltung mit den Gastronomen und Einzelhändlern zusammensetzt und ein Konzept erarbeitet, wie die Tischanzahl erhöht, aber auch, wie mehr Kunden in die Stadt gelockt werden können.

Für Letzteres hoffen Einzelhandel und Gastronomie auf den Sternlesmarkt. Wenn kein Weihnachtsmarkt stattfindet, bleibe es abzuwarten, ob viele Gäste über den Winter kommen werden, sagt die Schiller-Inhaberin. „Die vergangene Woche war ernüchternd“, sie habe gemerkt, wie die steigenden Infektionszahlen für Verunsicherung und in Kombination mit kalten Temperaturen für wenige Gäste sorgten.

Sowohl in Bietigheim-Bissingen als auch in Ludwigsburg steht die Entscheidung, ob der Weihnachtsmarkt stattfinden soll oder nicht, noch aus. „Die Gastronomen und Einzelhändler haben Angst, dass sich die Stadt im Stillstand befindet“, sagt Francesco Moro über eine mögliche Absage des Weihnachtsmarktes. Der Inhaber des Ludwigsburger Restaurants La Signora Moro ergänzt, dass seine Winterplanungen von dieser Entscheidung abhängen. Wenn der Weihnachtsmarkt ausfallen sollte, bleiben die großen Außenschirme des Italieners stehen und werden mit einer seitlichen Plane versehen, „damit wir die Wärme darin so gut wie möglich speichern können.“ Heizstrahler unter den Schirmen würden zudem für Wärme sorgen. „Das ist zwar ein kostspieliger Aufwand, aber wenn es erfolgreich ist, können wir sie auch für die nächsten Jahre nutzen.“ Doch rechnet sich das? „Wir haben drinnen 30 Plätze verloren“, sagt Moro über die Corona-Verordnung. Zudem gebe es gerade im Herbst und Winter weniger Auslastung durch die Pandemie. „Wir kämpfen um jeden Euro, den wir zusätzlich verdienen können, da ist uns jeder Aufwand recht.“

Hoffnung auf Weihnachtsmarkt

Allerdings steht in Ludwigsburg nicht nur die Entscheidung über den Weihnachtsmarkt aus, sondern auch über eine Erlaubnis von Heizpilzen (siehe Infokasten). Seit 2015 sind Heizstrahler und -pilze in der Stadt wegen ihrer verheerenden Klimabilanz verboten. Francesco Moro habe, so sagt er, noch einen Restbestand Heizstrahler von vor 2015 im Lager. Sollten diese wieder erlaubt werden, werde er sie benutzen. Auch wenn sie im Lager bleiben, ist er zuversichtlich, dass sein Restaurant es über den Winter schafft. „Wir sind seit 26 Jahren an dem Platz. So leicht geben wir nicht auf“, sagt Moro, der das La Signora Moro in zweiter Generation leitet.

Auch Felix Sommerrock, Hoteldirektor des Schlosshotels Monrepos, ist positiv gestimmt: „Wir haben großzügige Innenflächen und das Glück, im Restaurant die Abstände halten zu können.“ Daher spiele die Außenbewirtung für das Schlosshotel im Winter eine untergeordnete Rolle. Dennoch gibt es im Schlosshotel draußen eine Hütte, in der Essen serviert wird. In dieser Hütte sei ein Filter von Mann + Hummel angebracht, der auch Aerosole herausfiltern könne. „Heizpilze haben wir uns auch überlegt, aber aus ökologischer Sicht ist es nicht ganz das Wahre.“ Decken seien ebenfalls keine Option für das Schlosshotel, denn die müssten nach jedem Gast gereinigt werden. Doch, so ergänzt Sommerrock, sei die derzeitige Nachfrage danach, draußen Speisen einzunehmen, sowieso sehr gering.

 
 
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